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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Tarneke
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Sprachstörungen sind das eine Problem, Aggressivität das andere. Zum Glück habe ich tolle Kollegen, und wir haben immer ein Auge auf den anderen, wenn einer von uns einen volltrunkenen Patienten versorgen muss. Und doch kommt es manchmal zu fiesen Zwischenfällen.
    Eine weitere Herausforderung ist es, den Zustand des Patienten richtig einzuschätzen. Gerade junge Leute machen heute Sachen, von denen wir vorher nie gehört hatten.
    Als ich 17 war und nichts wichtiger nahm als die nächste Party, nannte man es »Vorglühen«. Und wie immer man es heute nennen mag, das Prinzip ist noch das gleiche: Um bloß nicht nüchtern und womöglich schlecht gelaunt auf einer Party zu erscheinen, wird schon zu Hause munter einer weggepichelt.
    Diese Art der Partyvorbereitung hat seit Generationen Tradition – indes in unterschiedlicher Art und Weise. Wurden früher ein paar Bierchen oder Sektkelche getrunken, sind es heute Alkopops für die Einsteiger und deftige Mixgetränke für die Fortgeschrittenen – gerne durch einen Strohhalm eingeflößt, damit es auch schön schnell ins Blut geht.
    Schnell ins Blut – das wollte auch Jakob B., als er sich an einem herbstlichen Samstagabend für die Semesterabschlussparty fertig machte. Wie fast alle Studenten, so war auch Jakob B. chronisch pleite. Sein Zimmer im Wohnheim war nur mit dem Nötigsten eingerichtet, und Jakob musste sparen, wo er konnte. Zwar sollte das Kölsch auf der Party nur einen Euro kosten, aber selbst das war eigentlich zu teuer. Er wollte so wenig Geld ausgeben wie möglich.
    Der billigste Rotwein beim Discounter um die Ecke kostete 1,99 Euro der Liter. Jakob B. wusste, dass sein Magen einen so billigen Fusel nur schwer vertragen würde. Wenn er vor der Party die komplette Flasche trank, würde ihm garantiert schlecht werden.
    Aber musste er den Rotwein wirklich trinken, um berauscht zu werden? Nicht unbedingt, fand Jakob.
    Schon häufiger hatten Jakob und seine Freunde einen simplen Trick angewandt, um möglichst günstig auf Touren zu kommen: In Wodka getränkte, anal eingeführte Tampons sorgten innerhalb von Sekunden für ein herrlich duseliges Gefühl. So wie ein Zäpfchen schneller wirkt als eine Tablette, so gelangt eben auch der Alkohol über die Enddarmschleimhaut schneller in die Blutbahn, weil er nicht den Umweg über den Magen nehmen muss. Und man braucht eine weitaus geringere Menge, was nicht nur kostengünstiger ist, sondern auch den Kater einigermaßen im Zaum hält.
    Leider hatte Jakob B. an diesem Abend weder Wodka noch Tampons im Haus. Nur der billige Rotwein lachte ihn von seinem Schreibtisch an.
    Also schnitt Jakob ein Stück aus einem alten Gartenschlauch heraus, band das eine Ende an seine Türklinke und steckte das andere in seinen Allerwertesten. In das obere Ende des Schlauchs drückte er die Öffnung der Rotweinflasche, klemmte das Ganze zwischen Türblatt und Klinke, und positionierte sich im Vierfüßlerstand vor seinen selbst gebauten Einlauf.
    Relativ zügig floss der Liter Rotwein in seinen Darm, und schon nach wenigen Augenblicken musste Jakob grinsen. Das funktioniert ja ganz gut, dachte er beschwipst.
    Es war das Letzte, was er an diesem Abend dachte.
    Die Flasche war noch nicht ganz leer, als Jakob B. das Bewusstsein verlor und unter seinem Einlauf zusammenbrach.
    Eine Stunde später klopfte Peter K. vergeblich an Jakobs Zimmertür. Die beiden waren Kommilitonen und wollten gemeinsam auf die Party gehen.
    Â»Ist Jakob schon weg?«, fragte er einen Studenten, der gerade aus dem Nebenzimmer kam.
    Â»Nö. Der müsste noch da sein.«
    Gemeinsam versuchten sie es noch einmal, aber niemand öffnete ihnen.
    Â»Ach sch***«, ärgerte sich Peter im Glauben, dass Jakob doch schon weg war. »Der hat noch meine Lederjacke. Jetzt frier ich mir heute Abend einen ab.«
    Â»Ich hab ’nen Ersatzschlüssel. Für Notfälle.«
    Â»Das ist ein Notfall. Ohne Jacke hol ich mir den Tod.«
    Der Kommilitone schaffte den Ersatzschlüssel aus seinem Zimmer heran. Als sie die Tür aufschlossen, blieben sie perplex im Eingang stehen.
    Â»Was is’n da passiert???«
    Innerhalb kürzester Zeit bildete sich eine Traube von Wohnheimbewohnern um die Tür, die alle fassungslos auf Jakob starrten, der bewusstlos auf dem Bauch lag und dem ein Gartenschlauch samt Rotweinflasche aus dem Hintern ragte. Jakob

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