Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spritztour - Roman

Spritztour - Roman

Titel: Spritztour - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Behrens
Vom Netzwerk:
Gefühl, auffälliger denn je zu sein. Natürlich hatte er noch nie Kondome gekauft.
    Erst mal musste er rausfinden, wo sich die Dinger überhaupt befanden, ohne jemanden fragen zu müssen: »’tschuldigung, Ma’am, ich wollte Sie fragen, ob Sie mir sagen könnten, wo ich Kondome finde? Sie wissen schon, ähm … die Hilfsmittel zur Verhinderung der Übertragung von Spermien und Krankheiten beim Sex.« Nein, so nicht.
    Er schnappte sich einen Einkaufskorb aus Plastik. Einfach schnell in den Laden rennen, ein paar Lappen aus der Tasche ziehen und mal eben eine Schachtel Kondome kaufen, dann atemlos wieder hinausstürmen … puh, nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Er würde noch was anderes kaufen müssen als Kondome. Was für die Fahrt. Eine Zeitschrift vielleicht. Was zu knabbern. Eine Karte.
    Er schlenderte durch die Reihen und warf dies und das in seinen Korb. Eine Sonnenbrille. Mundwasser. Eine Wegwerfkamera. Eine Tüte Gummifischchen. Vier Erdnussriegel. Einen selbstklebenden Kompass fürs Armaturenbrett. Eine Reisepackung Shampoo. Die Septemberausgabe von PC Spiele . Ein Glas grobe Erdnussbutter. Plastikbesteck. Ein Sixpack Mountain Dew. Eine Packung Lakritzstangen. Sechs Früchtetörtchen – zwei Kirsch, zwei Pfirsich, einmal Blaubeere, einmal Apfel. Papierservietten mit Blümchenmuster. Einen großen Autoatlas. Zwei Riesentüten Doritos. Eine Packung Twinkies. Eine Dose Kartoffelchips.
    Aber einige Minuten später hatte er immer noch keine Kondome.
    Ian fing an zu schwitzen, und nicht nur ein bisschen. Auf seiner Stirn und seiner Brust bildeten sich dicke Tropfen. Er hatte gehofft, es wäre leicht, sich das Verhütungsmittel im Vorbeigehen zu schnappen, aber langsam kroch die Furcht in ihm hoch, dass dem nicht so sein würde. Er sah Regale mit Vitaminen, Tabletten gegen Erkältungen, Schmerzmitteln, Rasenpflegeprodukten, Windspielen, Grußkarten, eine Riesentonne Gummibälle.
    Aber keine Kondome, nirgends.
    Dann stieß er auf diverse Hygieneartikel für Frauen und Briefchen für Schwangerschaftstests. Babyzeugs , dachte er, jetzt muss ich nahe dran sein.
    Und das war er auch. In der Nähe der Apothekenabteilung fand Ian die Lösung für sein Verhütungsproblem. Jede Menge Lösungen. Er starrte auf die Kondom-Auswahl wie auf eine riesige Wand voller Hieroglyphen, die er entziffern musste. Die Fülle der Formen und Ausstattungen war umwerfend.
    Ultradünn?
    L? XL? XXL?
    Gerippt? »Für ihre Lust!«, versprach die Packung. Das war umsichtig.
    Prickelnoppen? Das klingt ein bisschen sadistisch.
    Leuchtkondom »Glow in the dark«? Werden Frauen durch radioaktive Erektionen erregt? Wohl kaum.
    Eine alte, großmütterliche Frau mit einer Riesenhandtasche schlurfte vorbei. Als sie Ian die Kondom-Auswahl studieren sah, warf sie ihm einen äußerst indignierten Blick zu. Er wurde rot. Hinter der Frau zockelten zwei junge Mädchen her – keine älter als vierzehn. Zunächst blickten sie schweigend auf ihre Flip-Flops. Aber sobald sie in der nächsten Reihe waren, fingen sie an zu kichern. Ihr Glucksen löste in Ian eine Welle von Angst aus, so als würde er auf einmal ohne Hosen in der Schul-Cafeteria stehen.
    Er stürzte sich auf die Auswahl, packte die nächstbeste Packung, ohne darauf zu achten, was für eine Sorte das sein mochte. Er legte die Kondome ganz unten in seinen Korb, unter die Zeitschrift, wo sie ihm keine weiteren Peinlichkeiten bescheren konnten.
    Das war’s. So gut wie geschafft.
    Ein Teil von ihm wollte schnurstracks zur Kasse stürzen, aber Ian fand es vernünftiger, seinen behäbigen Schritt beizubehalten.
    Keine Aufmerksamkeit erregen. Bleib cool. Entspann dich. Als würdest du Socken einkaufen.
    Er ging weiter in die Richtung der Apothekenabteilung, an der er ganz unbekümmert vorbeischlendern wollte, bevor er sich zur vorderen Kasse und dann, endlich, zum Ausgang begab.
    Eine Verkäuferin, die sich über eine Plastikwanne mit Medikamenten gebeugt hatte, blickte auf, als er näher kam. Sie war blond, etwas über zwanzig, tief gebräunt – sah fast unnatürlich gut aus für eine, die im Gesundheitsbereich tätig war, fand Ian. Und viiiiel zu gut aussehend, um bei ihr Kondome zu kaufen. Sie lächelte ihn an. Ian zuckte zusammen. Sie kam ihm irgendwie bekannt vor. Er wandte sich abrupt ab, machte fast auf dem Absatz kehrt. Das war wahrscheinlich nicht so richtig cool, dachte er. Aber umblicken konnte er sich einfach nicht. Tu einfach so, als hättest du was vergessen.
    »Ach …«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher