Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spritztour - Roman

Spritztour - Roman

Titel: Spritztour - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Behrens
Vom Netzwerk:
01 Das wird ein Scheißtag , dachte Ian Lafferty.
    Er lenkte seinen Wagen auf seinen Stammplatz unter der Weide nahe dem am wenigsten genutzten Eingang des Fox Valley Einkaufszentrums. Es war Ende August an einem Donnerstagmorgen um kurz nach halb sieben. Ian war müde, ungeduscht und würde gerade so auf den letzten Drücker an seinem Arbeitsplatz erscheinen, dass sein Chef sich ärgern musste.
    Er stieg aus seinem lächerlich großen Auto – einem alten gelben Oldsmobil, das er sehr gerne mochte und das seine Freunde »Die Kreatur« getauft hatten – und die morgendliche Schwüle umfing ihn. Er seufzte, dann schleppte er sich über den Parkplatz, stolperte über ein Beet voller Farne und schloss eine Tür mit der Aufschrift »Nur für Personal« auf. Unter einem Baldachin aus Deko-Blättern trottete er Richtung Imbiss-Bereich. Er zog seine Dunkin’-Donuts-Kappe tiefer ins Gesicht. Er betrachtete sein Spiegelbild in den noch dunklen Schaufenstern von Hot Topic, Abercombie und Origins und registrierte, dass die Angestellten jener Läden nicht gezwungen waren, zu einer so unchristlichen Zeit anzutanzen, wie er es musste. Nur damit er den Senioren nach ihrem morgendlichen Walking Eclairs servieren konnte. Dabei hatte er gar nichts gegen die Alten im Einkaufszentrum. Nein, sie zählten sogar zu seinen liebsten Kunden. Was ihm absolut gegen den Strich ging, war halb sieben Uhr morgens.
    Dieser ganze Sommer war beschissen , dachte er.
    Die galaktischen Ausmaße der Beschissenheit dieses Sommers wurden besonders augenscheinlich durch die Tatsache, dass Ians beste Freunde, Felicia Alpine und Lance Nesbitt, fantastische Ferien sehr weit weg von Naperville, Illinois, verlebten. Felicia war mit ihrer Familie am Mittelmeer unterwegs und Lance half seinem Onkel, in einem kleinen idyllischen Urlaubsort in Michigan Häuser zu renovieren (Leistungsanforderung: Malochen-im-eigenen-Schnecken-Tempo, vermutete Ian). Die Abwesenheit seiner beiden Freunde hatte Ians Leben zu einer äußerst langweiligen Angelegenheit degradiert. Und damit er nicht den ganzen Sommer im Hobbykeller des Hauses der Laffertys zubrachte, hatte sein Vater darauf bestanden, dass sein siebzehnjähriger Sohn sich einen Job suchte. Deswegen war Ian bei Dunkin’ Donuts gelandet.
    Allerdings hatte sein Vater ihn nicht gezwungen, ausgerechnet im Einkaufszentrum zu arbeiten, nein, das war Ians Wahl gewesen. Aus irgendeinem Grund hatte er gedacht, der Job bei Dunkin’ Donuts würde ihm helfen – oder ihn zwingen –, neue Leute zu treffen. Exotische Mädchen aus anderen Läden zum Beispiel. Mit denen er dann im Rahmen seiner Tätigkeit ins Gespräch kommen könnte: »Was darf’s denn sein, Miss? Boah, das ist ja ein cooler Zehenring. Ist der von Claire? Möchtest du was Süßes?« Oder so was in der Art. Leider schienen exotische Mädchen nicht Stammkundinnen bei Dunkin’ Donuts zu sein. Die einzige Ausnahme war ein kleines, dunkelhaariges Mädchen namens Laila, die das Karussell im Einkaufszentrum bediente. ( Bedienen ist vielleicht nicht das richtige Verb für das, was Laila tat. Sie stellte einen Schalter an oder aus und läutete eine Glocke.) Seit Anfang Juni kam Laila regelmäßig jeden Nachmittag in ihrer Pause und bestellte zwei Donuts mit Himbeerfüllung und einen DunkaLatta Caramel Swirl. Da Ian es nun mal auf ein Mädchen aus dem Einkaufszentrum abgesehen hatte, verknallte er sich auch ziemlich bald in sie. Und dann lief es genauso wie immer, wenn Ian sich verknallt hatte: Er freundete sich schnell mit dem betreffenden Mädchen an, und es dauerte nicht lange, da erzählte sie ihm, wie sehr sie irgendeinen anderen Typen mochte. In Lailas Fall war der andere Typ ein gefühlloser, widerlicher Kollege von ihr, der Flynn hieß. Anfang Juli erweiterte Laila ihre tägliche Bestellung um zwei Puderzucker-Donuts und einen Iced Espresso. Für Flynn. Dann gingen die beiden miteinander aus. Anfang August ersetzte Laila ihre tägliche Portion Donuts und Latte durch eine Banane und eine Pepsi light. Flynn hatte sie offenbar »Pummelchen« genannt und zudem machte er einem dürren Wesen bei Food Locker schöne Augen. Laila war völlig auf ihr Gewicht fixiert. Ian sagte ihr immer wieder, dass sie super aussehe, worauf sie zum Beispiel erwiderte: »Nein, Flynn hat recht. Ich bin ein Haus. Ein dickes, fettes Haus mit einer Terrasse und einer Garage für drei Autos.« Auf Donuts verzichten zu müssen fand Ian total traurig. Für jeden. Laila sah mit einem breiten

Weitere Kostenlose Bücher