Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
dich nicht liebe und niemals lieben werde. Aber ich werde dich respektieren und dir Kinder schenken. Darüber hinaus jedoch habe ich für Affären nichts übrig, weshalb ich von vornherein auf getrennten Schlafzimmern bestehe. Was deine diesbezüglichen Bedürfnisse anbelangt, bitte ich dich nur, sie diskret zu handhaben und mich weder zu demütigen noch in Verlegenheit zu bringen.«
    Eine Verbindung, die nach Meinung Houstoner Spötter im Himmel geschlossen worden war.
    Die Ehe war so gewesen, wie beide sich das gewünscht hatten, und als bei Sandrine Krebs diagnostiziert wurde, war abzusehen, dass das Ende bevorstand. Deshalb sah Philo, als er unter dem Vorwand, seine Frau zu Hause pflegen zu wollen, Sandrine aus der Klinik abholte und die Ärzte ihn über Chemotherapie, Dosierung der Medikamente und die Art ihrer Verabreichung aufklärten, von der Durchführung dieser Chemotherapie ab und injizierte der Kranken stattdessen lediglich mit Traubenzucker versetztes Leitungswasser und Schmerzmittel. Zu ihrem eigenen Besten. Denn wenn Lenore wieder in sein Leben trat, war darin für Sandrine kein Platz.
    Als vor siebzehn Jahren, ein Jahr bevor er Sandrine kennen lernte und heiratete, die gläserne Kapelle fertig gestellt worden war, hatte Philo die Bauarbeiter, seine Assistenten und seine Leibwächter fortgeschickt und war ehrfürchtig unter die funkelnde Kuppel getreten, um die ewige Flamme zu entzünden, auf dass sie niemals erlösche. Und wie sie so in der goldenen Schale tanzte und flackerte und abwechselnd Lichtreflexe und Schatten auf Marmoraltäre und Säulen warf, hatte sie Philos Blick auf ihre gelbe, heiße Mitte gelenkt. Er hatte in ihre brennende, glühende Seele geschaut, ihre Hitze gespürt, den Duft des Öls, der sie nährte, gerochen. Und eine Stimme war an sein Ohr gedrungen:
»Die Toten sind nicht tot. Wie konntest du das vergessen?
«
    Philo hatte einen Schrei ausgestoßen, damals vor siebzehn Jahren, einen Schrei, der von der Kapellendecke aus Glas und Gold widerhallte. Die Stimme seiner Mutter! Sie hatte ihn daran erinnert, dass das Leben nach dem Tod ein Eckpfeiler des Glaubens der Alexandrier war.
    Er war auf die Knie gesunken, ungeachtet der Kälte, die vom Marmorfußboden abstrahlte. Ein Zittern hatte sich seiner bemächtigt. Tränen brannten ihm in den Augen, als er durch die gläserne Kuppel zur gleißenden Sonne emporschaute. Wie nur konnte er vergessen, dass er eines Tages wieder mit Lenore vereint sein würde?
    Wann denn?, begehrte sein Herz auf. Philo war mittlerweile fünfzig Jahre alt. Sollte er sich nochmals vierzig Jahre allein herumquälen?
    Wie ein Priester, der sein Gelübde ablegt, hatte er sich der Länge nach und mit seitlich ausgestreckten Armen auf den polierten Marmor geworfen und geweint, bis der Boden von seinen Tränen nass war.
    Lenore, Lenore. Was für ein leeres und sinnloses Erdendasein ohne sie.
    Und dann fiel ihm ein Vers aus Edgar Allen Poes Gedicht »Der Rabe« ein, raunte ihm wie ein Gespenst mit dunstigem Atem höhnend und spöttisch zu:
     
    »Sag mir: wird es denn geschehen,
    dass ich einst in Edens Höhen
    Darf ein Mädchen wieder sehen, selig in der Engel Heer –
    Darf ich Lenor’, die ich verloren
    sehen in der Engel Heer?«
    Sprach der Rabe: »Nimmermehr.«
     
    Nein!, entrang es sich Philos Seele.
Nicht
nimmermehr!
    Aber wie? Wie nur? Er schlug mit den Fäusten auf den Marmor, bis sie bluteten. Und dann:
Weine nicht, wenn geliebte Menschen sterben, denn sie werden wieder bei dir sein. Sie wandeln in den Wolken, bis zu dem Tag, da sie wieder auf Erden wandeln, wenn sich Großvater Schöpfer zu seinen Kindern gesellt.«
    Philo meinte einen Chor zu hören, den Gesang der Topaa-Indianer Südkaliforniens, die zwar längst ausgestorben waren, deren religiöse Überzeugungen jedoch in Philos persönlichem Archiv erhalten und bewahrt wurden.
    Der vermeintliche Chor wurde lauter.
»Im Buch Daniel steht geschrieben, dass viele, so unter der Erde schlafen liegen, aufwachen werden, zum ewigen Leben.«
    Jetzt erhoben Soprane und Baritone ihre Stimmen, und ein hundertfacher Chor sang:
»Und Jesus sprach: ›Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gleich stürbe.‹«
    In Philos Kopf stach und zischte es wie Feuer, als die Stimmen aufeinander prallten, übereinander zusammenschlugen und wieder zu Harmonie fanden. Aufhören!, rief er, aber die Stimmen wurden nur noch lauter. Er hörte Worte von Konfuzius:
»Behandle die

Weitere Kostenlose Bücher