St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
Gespräch zu beginnen. Vielleicht lag das auch in dem Umstand begründet, dass Fitzleger heute Abend nicht erschienen war, um mit ihm über den Kirchenzehnten zu diskutieren oder Hilfe für die Armen im Dorf zu erbitten.
Der Reverend war in seiner viel älteren Eigenschaft als Brautsucher gekommen, und Anatole sah sich ihm gegenüber in der Rolle des Bittstellers, was ihm überhaupt nicht behagte.
Während der Burgherr noch nach einem passenden Gesprächsbeginn suchte, räusperte sich der Alte schließlich.
»Ich bitte um Vergebung, Mylord, erst so spät Eurem Ruf Folge geleistet zu haben, aber ich wurde leider nach dem Abendbrot aufgehalten. Die junge Bess Kennack suchte mich auf, um die Taufe ihrer Schwester zu bereden.« Anatole erstarrte, als er diesen Namen hörte, und wollte eigentlich nicht nachfragen, doch konnte er sich nicht dagegen wehren.
»Und wie geht es den Kennack-Kindern?«
»Nun, sie haben gerade ihre Mutter verloren, tragen das aber mit bewundernswerter Fassung. Nur Bess ist immer noch verbittert.«
»Und zürnt mir? Nun, das ist... verständlich.«
»Verständlich möglicherweise, aber nicht richtig.«
»Wie könnt Ihr so etwas sagen?« Anatole starrte trübsinnig ins Feuer. »Marie Kennack hatte all ihre Ängste überwunden und den schrecklichen Herrn von Castle Leger aufgesucht, weil sie sich um die Zukunft des Kindes sorgte, das sie in ihrem Bauch trug. Ich konnte ihr nur den bitteren Trost gewähren, dass ihre Tochter gesund und wohlauf das Licht der Welt erblicken, die Mutter das aber nicht überleben würde.«
Fitzleger beugte sich vor und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Visionen von einer Tragödie zu bekommen, bedeutet aber nicht, sie auch zu verursachen, Mylord.« Das war Anatole natürlich bewusst, tröstete ihn dennoch wenig. Ungeduldig riss er seinen Arm von der Hand des Alten fort.
»Ihr habt alles in Eurer Macht Stehende unternommen, Mylord. Habt sogar Euren Vetter zu ihr geschickt. Und Marisu ist sicher der beste Arzt in ganz Cornwall, wenn nicht in ganz England -«
»Aber das war nicht genug! Wie es überhaupt nie reicht... Welchen verdammten Nutzen sollen diese Visionen haben, wenn ich doch nie -« Der Burgherr spürte, wie der Zorn in ihm immer stärker wurde, und versuchte, ihn zu unterdrücken, zusammen mit der Hilflosigkeit und der Enttäuschung.
Nach einem Moment erklärte er deutlich ruhiger: »Aber deswegen habe ich Euch nicht rufen lassen.«
»Das ist mir klar, Mylord.«
»Natürlich. Schließlich teilt Ihr ja mit mir die eigentümliche Abstammung.« Er sah dem Alten direkt ins Gesicht. »Beantwortet mir bitte eine Frage, die mich schon seit langem beschäftigt: Wie vereinbart Ihr unsere teuflischen Talente mit der Berufung zum Geistlichen?«
»Mylord, ich glaube, dass alle Gaben, die ein Mensch mit auf den Weg bekommt, von Gott stammen. Nur wenn man sie falsch einsetzt, verwandeln sie sich in ein Geschenk des Satans.«
Anatole schnaubte leise. Fitzleger hatte gut reden, besaß er doch nur einen Bruchteil der Talente, die den Burgherrn nun schon sein Leben lang plagten. Eigentlich verfügte der Geistliche nur über eine einzige Gabe, die untrügliche Gabe nämlich, für einen St.-Leger-Mann die einzig richtige Braut zu finden.
Der Burgherr bezweifelte stark, dass für ihn eine solche Frau überhaupt existierte, aber er brachte nicht den Mut auf, der Familientradition zu trotzen. Sein Vater hatte das getan, und der Sohn wusste nur zu gut, zu welcher Tragödie das geführt hatte. Und falls Anatole das je vergessen sollte, brauchte er nur die Narbe an seiner Schläfe zu berühren. Unruhig, als wolle er vor diesen Erinnerungen flüchten, lief er vor dem Feuer auf und ab. »Gut, dann wissen wir ja beide, aus welchem Grund Ihr gekommen seid. Wollen wir also keine weiteren Worte verlieren. Ich habe nur wenige Anforderungen, die meine Zukünftige erfüllen muss, und die will ich Euch jetzt nennen. Ich möchte eine stämmige Frau mit kräftigen Gliedmaßen haben. Da ich selbst von einigem Körperwuchs bin, sollte sie mir mindestens bis hier reichen.« Er legte eine Hand an seine Schulter. »Außerdem muss sie klug, praktisch veranlagt und eine gute Reiterin sein. Des Weiteren wären mir Kenntnisse über die Jagd und die Pferdezucht lieb; dann hätten wir zumindest etwas, worüber wir uns beim Dinner unterhalten können.«
»Mylord, Ihr verwirrt mich!«, beschwerte sich der Reverend. »Was verlangt Ihr eigentlich von mir, das ich Euch finden soll: ein Pferd,
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