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Stadt aus Glas

Titel: Stadt aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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schien ihm nun so fern zu sein. Er erinnerte sich an die Bücher, die er unter dem Namen William Wilson geschrieben hatte. Es war seltsam, dachte er, daß er das getan hatte, und er fragte sich nun, warum. In seinem Innern erkannte er, daß Max Work tot war. Er war irgendwo auf dem Weg zu seinem nächsten Fall gestorben, und Quinn konnte sich nicht dazu bringen, Bedauern zu empfinden. Alles schien nun ganz unwichtig zu sein. Er dachte an seinen Schreibtisch und die Tausende von Wörtern, die er dort geschrieben hatte. Er dachte an den Mann, der sein Agent gewesen war, und stellte fest, daß ihm sein Name nicht mehr einfiel. So viele Dinge verschwanden nun, und es war schwer, sie festzuhalten. Quinn versuchte, sich die Aufstellung der Mets ins Gedächtnis zurückzurufen, aber seine Gedanken schweiften ab. Der Centerfielder, soviel wußte er noch, war Mookie Wilson, ein vielversprechender junger Spieler, der in Wirklichkeit William Wilson hieß. Das war gewiß interessant. Quinn verfolgte den Gedanken einige Augenblicke lang, aber dann gab er ihn auf. Die beiden William Wilsons löschten sich gegenseitig aus, und das war alles. Quinn winkte ihnen im Geiste Lebewohl. Die Mets würden wieder auf dem letzten Platz landen, und wem würde das schon etwas ausmachen. Als er das nächste Mal aufwachte, schien die Sonne ins Zimmer. Neben ihm auf dem Boden stand ein Tablett mit Speisen, die Schüsseln dampften von einem Rindsbraten mit Beilagen, wie es schien. Quinn akzeptierte diese Tatsache ohne Auflehnung. Er war weder überrascht noch verwirrt. Ja, sagte er sich, es ist durchaus möglich, daß man ein Essen für mich dagelassen hat. Er war nicht neugierig, wie oder warum das geschehen war. Es kam ihm nicht einmal in den Sinn, das Zimmer zu verlassen und in der übrigen Wohnung nach einer Antwort zu suchen. Er betrachtete vielmehr das Essen auf dem Tablett genauer und sah, daß es neben zwei großen Schnitten gebratenen Rindfleischs noch sieben kleine geröstete Kartoffeln, einen Teller Spargel, ein frisches Brötchen, Salat, eine Karaffe mit Rotwein und als Nachspeise einige Stück Käse und eine Birne gab. Eine weiße Serviette lag dabei, und das Tafelsilber war von feinster Qualität. Quinn aß die Speisen - oder jedenfalls die Hälfte davon, denn mehr konnte er nicht bewältigen. Nach der Mahlzeit begann er, in seinem roten Notizbuch zu schreiben. Er schrieb, bis die Dunkelheit in den Raum zurückkehrte. In der Mitte der Decke war eine kleine Lampe angebracht, und ein Schalter befand sich neben der Tür, aber der Gedanke, sich ihrer zu bedienen, mißfiel Quinn. Kurz darauf schlief er wieder ein. Als er aufwachte, war das Zimmer voll Sonnenlicht, und auf dem Boden stand wieder ein Tablett mit Speisen. Er aß davon, soviel er konnte, und begann wieder im roten Notizbuch zu schreiben.
    Zum größten Teil bestanden seine Eintragungen aus dieser Periode aus nebensächlichen Fragen zum Fall Stillman. Quinn fragte sich zum Beispiel, warum er sich nicht die Mühe gemacht hatte, die Zeitungsberichte über die Verhaftung Stillmans im Jahre 1969 zu lesen. Er untersuchte das Problem, ob die Mondlandung in demselben Jahr irgendwie mit dem, was geschehen war, in Zusammenhang stand. Er fragte sich, warum er Auster aufs Wort geglaubt hatte, daß Stillman tot sei. Er versuchte an Eier zu denken und schrieb Wendungen auf wie »ein Ei legen« oder »einander gleichen wie ein Ei dem anderen«. Er fragte sich, was hätte geschehen können, wenn er dem zweiten Stillman und nicht dem ersten gefolgt wäre. Er fragte sich, warum Christophorus, der Schutzpatron der Reisenden, 1969, gerade zur Zeit der Fahrt zum Mond, vom Papst aus der Liste der kanonischen Heiligen gestrichen wurde. Er durchdachte die Frage, warum Don Quijote nicht einfach Bücher wie die, die er liebte, geschrieben hatte, anstatt ihre Abenteuer zu erleben. Er fragte sich, warum er dieselben Initialen hatte wie Don Quijote. Er überlegte, ob das Mädchen, das in seine Wohnung eingezogen war, nicht vielleicht dasselbe war, das er in der Grand Central Station bei der Lektüre seines Buches angetroffen hatte. Er hätte gern gewußt, ob Virginia Stillman einen anderen Detektiv engagiert hatte, nachdem er nicht mehr mit ihr in Verbindung getreten war. Er fragte sich, warum er Auster geglaubt hatte, daß der Scheck geplatzt war. Er dachte an Peter Stillman und fragte sich, ob er je in dem Zimmer geschlafen hatte, in dem er sich nun befand. Er fragte sich, ob der Fall wirklich

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