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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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vertrauenerweckend.«
    Ayad versuchte zu lächeln, doch sein Lächeln wirkte so künstlich wie eine seiner rituellen Bemalungen. Dann ging er weiter, zog sich den Hut aus Krokodilleder in die Stirn, klemmte sich das Kästchen fester unter den Arm und seufzte gequält auf.
    Er winkte dem Dicken mit übertriebener, leerer Herzlichkeit zu und brüllte: »Ubalebe! Mein Freund! Wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen?«

    Rokia gehorchte Ayads Anweisungen.
    Sie ließ die beiden Dromedare niederknien und kuschelte sich gegen Manets Seite, Raogo rollte sich vor ihr zusammen. Seine Ohren hingen ungewohnt schlaff herunter.
    Das Mädchen seufzte verwirrt: Die Stadt aus Sand gefiel ihr nicht. Sie war viel größer als Tamanè. Und viel schmutziger. Außerdem hielt hier ihr Großvater nicht ihre Hand, um sie sicher durch die Straßen zu führen, und ihr Ziel war nicht das Tor der Griot . Ihr einziger Begleiter stand jetzt dort drüben, klopfte dem hünenhaften Fettwanst, den er als seinen Freund bezeichnete, auf die Schultern, küsste ihn mehrfach auf die Wangen und lachte viel zu laut dabei.
    Wenn es jemals einen unzuverlässigen Führer gegeben hat, dachte Rokia, als sie ihn dort gestikulieren sah, dann war das Ayad.
    Ubalebe ließ sein Doppelkinn wabbeln wie die Fangarme eines frisch gefangenen Tintenfisches und wischte sich ständig seine Hände an dem schmierigen Boubou ab. Nun hieß er Ayad auf einem der beiden Armstühle Platz nehmen und rief gebieterisch etwas. Daraufhin öffnete sich die Haustür und ein weißgekleideter kleiner Junge eilte herbei, rannte über den roten Läufer, verbeugte sich vor den beiden Männern und nahm diensteifrig einen flüchtigen Befehl entgegen.
    Rokia sah sich seufzend um, da sie von ihrem Platz aus dem Gespräch nicht folgen konnte.
    »Vielleicht verliere ich hier wertvolle Zeit …«, murmelte sie und stütze das Kinn auf die Knie. »Eigentlich sollte ich sofort zum Palast gehen und nach meinem Großvater fragen.«
    Aber nur die Vorstellung, ganz allein dort hineinzugehen oder sich diesem finsteren Loch, das man durch das weitgeöffnete Tor gesehen hatte, auch nur zu nähern, genügte schon, um sie in Panik zu versetzen.
    Und wenn sie einmal drinnen war, was dann? Lebte dort wirklich nur ein einziger Mensch mit seinem Gefolge aus Wächtern mit zugenähten Mündern?
    »Sollte ein Fürst nicht auch immer eine Fürstin haben?«, fragte Rokia sich laut. Vielleicht stimmte ja auch all das nicht, was man sich über ihn erzählte, und er war gar nicht so böse. Vielleicht war es ja nicht einmal der Fürst der Stadt aus Sand gewesen, der die Seele ihres Großvaters geraubt hatte. Oder er hatte es aus Versehen getan. Vielleicht war er ja nur ein Fürst, der sich einsam fühlte, wie die Fürsten aus den Liedern.
    »Man sagt, man sagt …«, fing Rokia an zu trällern. »Man sagt, da war eine wunderschöne Frau. O ja! Sie war schöner als der Ibis, strahlte heller als die Zähne des Krokodils …«
    Raogo spitzte sofort alarmiert die Ohren.
    »So schön war sie, dass der Mond sich in ihren Augen spiegelte und ihre Schönheit selbst Kohle erblassen ließ. Sie war so schön, so schön. So schön wie …«
    Der Wüstenfuchs schaute sich äußerst aufgeregt um. Er knurrte leise, doch Rokia hatte die Augen geschlossen und sang leise vor sich hin, dabei streichelte sie sanft über seine Schnauze, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie entschlossen war, sich über das Verbot zu singen hinwegzusetzen.
    »Eines Tages kam ein Wüstenprinz und begehrte sie zur Frau. Blau waren seine Augen und blau war sein Mantel, o ja! Blau waren die Sättel seiner Kamele, acht mal acht mal acht an der Zahl, wer weiß, wie oft noch acht mal!« Raogo machte sich los. Er sprang ihr auf den Bauch und leckte ihr über das Gesicht, um sie zum Aufhören zu zwingen.
    »Schon gut, Raogo! Ich hab's verstanden! Ich hör ja schon auf!«, lachte Rokia und rollte sich mit ihm herum. »Ist schon gut! Aber wer soll mich auf diesem menschenleeren Platz schon hören?«
    »Ich zum Beispiel«, sagte eine Stimme neben ihnen, die sie beide hochfahren ließ.

    Ein großer hagerer Mann mit einem Turban stand nur wenige Schritte von ihnen entfernt. Er hatte schmale hängende Schultern und stützte sich mit beiden Händen auf einen langen Stock mit einem Knauf aus Ebenholz. Da die Sonne in seinem Rücken stand, hatte Rokia Mühe, sein Gesicht zu erkennen, doch sie sah, dass ein seltsames Lächeln seine Lippen umspielte.
    »Es tut mir

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