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S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Eltern zwischen den Schirmen und Jack-Wolfskin-Jacken der anderen verschwinden. Seine Mutter drehte sich noch einmal um. Er dachte, sie würde ihn rufen, aber sie sah ihn nur mit undeutbarer Miene an, dann wandte sie sich ab.
    David ließ die Touristen und ihre Unterhaltungen hinter sich und bog in eine breite Straße ein, die neben dem Rathaus einmündete. Eine Fußgängerampel starrte ihm erloschen entgegen. Im ersten Moment wäre er beinahe stehen geblieben, dann schüttelte er über sich selbst den Kopf und überquerte die Straße.
    Schon nach wenigen Metern schluckten Beton und Stahl die Geräusche der Touristen. Keine zwanzig Jahre waren vergangen, doch die Natur hatte bereits einen Teil der verlassenen Stadt zurückerobert. Gras und Blumen wuchsen zwischen aufgeplatztem Asphalt, Kletterpflanzen krochen an Mauern empor. David sah ein Wespennest vor dem Fenster einer Arztpraxis und einen Sandkasten voller Sträucher, die riesige violette Beeren trugen. Auf der Wippe daneben lag ein halb verwestes Tier. Es war zu groß für ein Kaninchen, aber zu klein für einen Hund. David zog sein Handy aus der Jackentasche und machte ein paar Fotos.
    So was sieht man in Südfrankreich nicht, dachte er.
    Der kleine Spielplatz endete in einer Front aus zersprungenem schwarzen Glas und grauem Beton. Nikita-Chruschtschow-Oberschule, stand auf einer großen Tafel neben zwei offen stehenden Türen.
    David ging auf den Eingang zu. Sand und Kieselsteine knirschten unter seinen Sohlen. Hinter den Türen befand sich ein langer Gang, der im Halbdunkel lag. Herabgefallene Betonstücke bedeckten den Boden. Irgendwo quiekte eine Ratte.
    Vorsichtig stieg David über den Schutt hinweg und betrat den Korridor. Es roch muffig und irgendwie süßlich. Gerahmte Fotos hingen an den Wänden. Hinter der Staubschicht erkannte David ernst blickende Kinder in Schuluniformen und noch ernstere Erwachsene, die wie Gefängniswärter neben ihnen standen.
    Tageslicht fiel durch eine geöffnete Tür in den Flur. David blieb davor stehen und sah in einen Raum, in dem Holztische in acht geraden Reihen standen. Sie waren voller Staub. Einige Stühle lagen umgeworfen am Boden, neben einem lehnte noch eine geöffnete Schultasche. Die obere, vergilbte Hälfte eines Mathematikbuchs ragte heraus. David fotografierte es.
    Dann wandte er sich dem Lehrerpult zu, das auf einem kleinen Podest an der linken Seite des Raums thronte und den Tischen zugewandt war. Dahinter hing eine typische dunkelgrüne Schultafel. Jemand hatte Kreise und Rechtecke darauf gemalt. Wilde, sinnlos angeordnete geometrische Formen, die ineinander und übereinander liefen und immer wieder verwischt worden waren, so als sei der Urheber nicht zufrieden mit seinem Werk gewesen.
    Die Zeichnungen leuchteten weiß auf der verstaubten Tafel. Die Kreide war frisch. Wer auch immer das gemalt hatte, musste vor kurzer Zeit hier gewesen sein.
    Davids Mund wurde trocken. Nervös sah er sich um. Vielleicht hatte sich jemand aus der letzten Touristengruppe einen Scherz erlaubt, dachte er, verwarf aber den Gedanken sofort wieder. Die Formen wirkten nicht wie das Werk eines gelangweilten Touristen. Etwas an ihnen war seltsam, fast schon beunruhigend ...
    Davids Handy klingelte. Er zuckte zusammen. Auf dem Display war keine Nummer zu sehen, nur der Schriftzug Unbekannter Anrufer.
    David drückte die Annahmetaste. „Hallo?", fragte er.
    Rauschen.
    „Hallo?"
    Irgendwo in der knisternden Geräuschflut hörte er eine Stimme, so weit entfernt, dass er nicht einmal sagen konnte, ob sie männlich oder weiblich war. Sie sagte Worte, die er nicht verstand und die wie mit spitzen Fingernägeln über sein Gehirn kratzten. Sein Blick glitt zurück zur Schultafel, und plötzlich begriff er mit völliger Klarheit, dass die Stimme und die Formen dort ein und dasselbe waren.
    Er ließ das Telefon sinken. Die Stimme redete weiter, wurde lauter, eindringlicher. David machte einen Schritt vorwärts, doch sein Körper sträubte sich. Er streckte die Hand nach der Tafel aus. Seine Fingerspitzen berührten die Kreide, die wie Milch über seine Hand floss.
    Ein Schmerz stach in seinen Kopf. Er stand auf dem Spielplatz. Vor ihm wippte ein verwestes Tier, das vielleicht ein Kaninchen, vielleicht aber auch ein Hund war, auf und ab. Er selbst saß ein Stück weit entfernt auf der Straße und aß violette Beeren.
    Die Stimme in seinem Kopf kreischte. Er konnte nichts anderes mehr tun als ihr zuzuhören. Sie fraß sich in seine Gedanken,

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