Star Trek - New Frontier - Gebranntes Kind
inkompetent auszeichnet.«
»Ich sprach nicht von mir. Ich meinte … den Captain.«
Sie starrte mich einen Moment lang an, dann knurrte sie: »Das ist nicht lustig, Commander.«
»Das sollte kein Scherz sein, Doktor. Ich mache mir zunehmend Sorgen um ihn.«
»Und ich mache mir just in diesem Moment Sorgen um Sie, Commander. Captain Kenyon ist ein wunderbarer Mann …«
»Und er musste eine schweren Verlust erleiden«, unterbrach ich sie. »Ich will nur Ihre medizinische Meinung …«
»Medizinische Meinung.« Sie zog die Flasche zu sich herüber und nahm einen großen Schluck. Ich war von ihrem Trinkvermögen durchaus beeindruckt. »Um eine medizinische Meinung zu bilden, muss ich ihn medizinisch untersuchen. Auf welcher Grundlage soll ich das Ihrer Meinung nach tun?«
»Sie brauchen keine Grundlage. Sie sind die Chefärztin, und alle Mitarbeiter müssen sich auf Ihre Forderung hin untersuchen lassen. Das schließt den Captain mit ein.«
»Das ist eine sehr weitreichende Macht, die ich habe, Commander. Da einen Macht schnell korrumpieren kann, sollte man sie nicht leichtfertig ausüben. Und wenn der Captain involviert ist, übe ich sie gar nicht aus, außer es ist unvermeidbar. Nur weil der Captain Ihrer Meinung nach nicht schnell genug trauert, bin ich deswegen nicht im Geringsten beunruhigt.«
»Das hat gar nichts mit mir zu tun, Doktor …«
»Sind Sie sich da sicher?«
Ich beäugte sie misstrauisch. »Darf ich fragen, was das bedeuten soll?«
»Es bedeutet das, was Sie darunter verstehen.«
Ich spürte, wie Zorn in mir hochstieg, aber ich unterdrückte ihn so gut ich konnte. »Ich befürchte, diese Antwort ist mir ein wenig zu vage. Sie deuten etwas damit an, und ich würde gerne wissen, was das ist.«
»Also gut«, lenkte Villers ein. Sie schob die Flasche wieder von sich und betrachtete mich abschätzig. »Ich kenne Captain Kenyon schon seit einer verdammt langen Zeit. Er ist der beste Offizier und Mann, den ich, vielleicht mit Ausnahme meines dritten Ehemanns, jemals kennenlernen durfte. Er spürt den Verlust, aber er trauert auf seine eigene Art. Er bereitet sich darauf vor, auf die sachliche Art mit seinem Schmerz umzugehen. Das ist die Art, die ich von ihm kenne. Sie, andererseits …«
»Ja? Sprechen Sie es aus.«
»Sie, Commander, sind das, was man gemeinhin ‚unberechenbar‘ nennt. Ihre Dienstakte ist zwar beeindruckend, und Sie haben Ihre seltsamen Gönner – einige vergleichen Ihren Kommandostil sogar mit dem von James Kirk –, aber diese Zeiten sind vorbei, Commander. Ich mag keine Cowboys. Cowboys sorgen dafür, dass Leute verletzt werden oder sterben. Das bedeutet mehr Arbeit für mich. Nicht dass ich faul wäre, verstehen Sie, aber einen Tag, an dem niemand durch meine Tür kommt, betrachte ich als guten Tag. Ihre Dienstakte ist voller dämlicher Risiken, die nicht eingegangen werden mussten und auch niemals eingegangen worden wären, wenn Sie sich an die Vorschriften gehalten hätten. Die Tatsache, dass es dann doch ‚irgendwie hingehauen‘ hat, ist für mich unwichtig. Es hätte auch anders ausgehen können. Ich mag Ihren Kommandostil nicht und um ehrlich zu sein …«
»Ach, bis jetzt waren Sie also nicht ehrlich?«
»Um ehrlich zu sein: Ich mag Sie nicht. Und ich mag nicht, was Sie hier versuchen: sich durch den Schicksalsschlag des Captains einen Vorteil zu verschaffen, um den Weg für sich selbst freizumachen.«
Ich spürte, wie sich meine Kehle vor Wut zusammenschnürte. DieNarbe in meinem Gesicht brannte, was, wie ich wusste, bedeutete, dass sie dunkelrot anlief. Das passiert immer, wenn ich wütend werde. »Das ist also Ihre Interpretation.«
»Es ist
eine
Interpretation. Es ist sicherlich die, die sich mir aufdrängt. Wenn dem nicht so ist …«
»Dem ist nicht so.«
»Dann wollen Sie vielleicht noch einmal über Ihre Handlungen nachdenken, um nicht den Eindruck zu erwecken, Sie seien ein Opportunist, der alles tun würde, um Karriere zu machen.«
»Wenn das der Fall wäre,
Doktor
, würde ich dann nicht eher alles tun, um mich an die Vorschriften zu halten, anstatt ein unberechenbarer Cowboy zu sein? Ich würde wohl kaum auf mein Gewissen hören oder von seltsamen Gönnern abhängen. Ich würde versuchen, mir eine breite Basis an Unterstützern zu sichern, anstatt das zu tun, was ich für notwendig erachte.«
»Nun«, sagte sie und lächelte dünnlippig, »vielleicht sind Sie einfach ein unfähiger Opportunist.«
»Und vielleicht sind Sie«, erwiderte ich,
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