Star Trek - Vanguard 03 - Ernte den Sturm
für einen Moment zum Schweigen. Obwohl Sandesjos wahre Identität T’Prynn jetzt schon seit mehr als einem Jahr bekannt war, hatte die Vulkanierin sie niemals laut ausgesprochen. Die langen Jahre, die sie unter ihrem Decknamen hatte leben müssen, ließen ihren eigenen fremdartig klingen. Sie hatte sich so stark mit ihrer Tarnung identifiziert, dass sie sich inzwischen mehr wie Anna Sandesjo fühlte und weniger wie Lurqal.
Nachdem sie endlich ihre Stimme wiedergefunden hatte, sagte sie: „Wenn du mich, wenn wir
unter uns
sind, Lurqal nennen möchtest, habe ich nichts dagegen.“
T’Prynn überlegte eine Weile und erwiderte: „Ist unsere Beziehung der Grund für dein gegenwärtiges Unwohlsein?“
„Ja, das ist der Grund“, sagte Sandesjo, froh darüber, endlich einmal offen sprechen zu können, ohne die festgelegten Regeln der diplomatischen Unterhaltung beachten zu müssen. „Obwohl ich wirklich gerne mal wissen würde, was unsere
Beziehung
eigentlich genau ist.“
T’Prynn neigte den Kopf leicht zur Seite. „Welcher Aspekt ihrer Natur entzieht sich dir?“
„Ich weiß nicht“, sagte Sandesjo. „Jeder? Du teilst seit Monaten mit mir das Bett, aber ich weiß immer noch nicht, wie ich dich nennen soll. Meine Partnerin? Meine Geliebte? Was bin ich für dich? Nur ein weiterer Informant? Etwas anderes? Oder bin ich lediglich deine Hure?“
T’Prynn, der das Gespräch sichtlich unangenehm war, atmete tief ein, schloss die Augen und senkte ihren Kopf. „Du bist nicht meine ‚Hure‘ “, sagte sie und sah auf. „Aber unsere Beziehung festzulegen ist kompliziert. Es könnte berufliche Fragen aufwerfen.“
„Das hast du aber schön formuliert“, erwiderte Sandesjo verbittert. „Hast du nur angefangen, mit mir zu schlafen, um mich zu einem Doppelagenten zu machen? Oder war das lediglich ein zusätzlicher Bonus?“
Ungerührt antwortete T’Prynn: „Bist du aus Überzeugung zum Doppelagenten geworden oder nur, weil ich dich als Spion entlarvt habe? Hast du es aus Liebe, Lust oder Selbstschutz getan? Ich bin nicht die Einzige, deren Motive hier unklar sind.“
Betroffen schaute Sandesjo eine Weile ins Nichts. Dann drehte sie sich wieder T’Prynn zu und sagte: „Ich will nur wissen, was du für mich
empfindest
.“ Als T’Prynn zu einer Antwort ansetzte, erkannte Sandesjo die verräterischen Anzeichen einer Ausrede in ihrem Gesicht. Sie schleuderte das Laken von sich, sprang aus dem Bett und lief auf die Vulkanierin zu. „Und wage es
ja
nicht, mir zu erzählen, dass du keine Gefühle hast oder sie nicht wichtig für dich sind.“ Nackt stand Sandesjo vor T’Prynn, beugte sich vor und senkte ihre Stimme zu einem heiseren Flüstern. „Ich sehe die Begierde in deinen Augen, wenn du dich nachts zu mir stiehlst. Ich fühle das Feuer in deinen Küssen, diesen wilden Teil von dir, der mich mit Gewalt nimmt … mich beherrscht … mich
in Besitz
nimmt. Du willst mich genau so sehr, wie ich dich will.“
T’Prynn machte eine herablassende Miene. „Wenn du dich so gut mit meinem Innenleben auskennst, wieso fragst du dann noch nach meiner Meinung?“
Sandesjo drehte ihren Kopf, sodass ihre Lippen die von T’Prynn leicht streiften. „Weil ich dich liebe.“
Sie beugte sich vor um T’Prynn zu küssen, doch diese entzog sich ihr und trat zurück. Zunächst zögernd, dann entschieden entfloh sie dem Schlafzimmer, dem Apartment und ihrer Nähe.
Sandesjo betrachtete ihr Gesicht im Spiegel. Sie sah blass aus, ängstlich, schutzlos –
menschlich
.
Wut, Schmerz und Scham stiegen in ihr hoch. Von all den Eigenschaften, die die Klingonen verabscheuten, war keine so verpönt wie Schwäche. Mit einer einzigen unbesonnenen Bemerkung hatte sie ihre tiefsten Gefühle offenbart. Nie zuvor hatte sie sich so verwundbar gefühlt und niemals so nah daran, den Geschmack der Furcht kennenzulernen.
Sie war angewidert von sich selbst und bedauerte, T’Prynn jemals begegnet zu sein – und dem bitteren Stachel der Liebe nachgegeben zu haben.
Der Gang, der einmal rund um Vanguards Mittelpunkt führte und von dem man eine gute Sicht auf den verschlossenen Andockhafen hatte, brummte vor Geschäftigkeit. Zwei große Föderationskolonietransporter, die
Terra Courser
und die
Centauri Star
, hatten gerade erst in Landebucht Eins und Zwei angedockt, nur ein paar Stunden bevor der letzte Ankömmling in der Raumstation, das
Raumschiff Sagittarius
, in Bucht Vier angelegt hatte. Commodore Diego Reyes, der sich geschickt seinen
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