Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Yankees töten ist schließlich ein ebenso guter Start in die Woche wie jeder andere, was?» Er lachte. «Wenn ich mich irre, sind wir heute Abend natürlich allesamt tot. Komm mit, Otto!» Damit galoppierte Evans in Richtung der Grabenbefestigung, die sein Hauptquartier darstellte.
Starbuck kletterte auf ein mit gefalteten Zeltplanen beladenes Fuhrwerk und schlief, während die Sonne den Nebel über dem Fluss auflöste und den Tau auf den Feldern trocknen ließ. Weitere Truppen der Nordstaatler überquerten den Fluss, erklommen das Steilufer und sammelten sich im Wald. General Stone, der Befehlsführer über die Unionstruppen, die den Potomac bewachten, hatte entschieden, mehr Einheiten bei der Überquerung einzusetzen, und Befehl gegeben, dass die Angreifer nicht nur Leesburg besetzen, sondern zur Aufklärung in den gesamten Loudoun County ausschwärmen sollten. Falls die Rebellen abgezogen waren, lautete Stones Befehl weiter, sollten die Yankees die Region besetzen, aber wenn sich den Aufklärungseinheiten ein zu starker Konföderierten-Verband entgegenstellte, konnten sich die Unionstruppen mit den Nahrungsmitteln, die sie beschlagnahmt hatten, wieder über den Fluss zurückziehen. Stone verstärkte die Einmarschtruppe mit Artillerie, stellte aber klar, dass er die Entscheidung, ob die Einheiten in Virginia blieben, dem Mann überließ, dem er nun das Kommando über die gesamte Operation gab.
Dieser Mann war Colonel Ned Baker, ein großer, glattrasierter, weißhaariger, redegewandter Politiker. Baker war ein kalifornischer Anwalt, Senator für Oregon und einer von Präsident Lincolns engsten Freunden; so eng, dass Lincoln seinen zweiten Sohn nach dem Senator genannt hatte. Baker war impulsiv, leidenschaftlich und warmherzig, und seine Ankunft an der Stelle der Flussüberquerung wurde von den Männern des 15 th Massachusetts, die immer noch mit dem Regiment der New York Tammanys am Maryland-Ufer warteten, begeistert aufgenommen. Bakers eigenes Regiment, das 1 st Californian, schloss sich nun der Invasion an. Das Regiment kam aus New York, doch es waren dafür Männer rekrutiert worden, die Verbindungen nach Kalifornien hatten, und mit ihnen kamen eine Vierzehnpfünder-Kanone mit gezogenem Lauf aus Rhode Island und ein paar Haubitzen, die mit Berufsoldaten der U.S. Army bemannt waren. «Bringt alles über den Fluss!», rief Baker überschwänglich. «Jeden einzelnen Mann und jede Waffe!»
«Wir brauchen mehr Boote», drängte der Colonel der Tammanys den Senator.
«Dann suchen Sie welche! Bauen Sie welche! Klauen Sie welche! Holen Sie Gopherholz und bauen Sie eine Arche, Colonel. Suchen Sie eine schöne Helena, deren Antlitz an die tausend Schiffe zur Meerfahrt zwang, uns aber lasst zum Ruhm stürmen, Männer!» Baker ging mit langen Schritten am Ufer entlang und neigte sein Ohr in Richtung des stakkatohaften Musketenfeuers, das vom anderen Flussufer herüberklang. «Da sterben Aufständische, Freunde! Gehen wir und töten noch ein paar mehr!»
Der Colonel der Tammanys versuchte den Senator zu fragen, was genau sein Regiment tun solle, wenn es auf dem Virginia-Ufer des Flusses angekommen war, doch Baker tat die Frage ab. Es kümmerte ihn nicht, ob es hier nur um einen Beutezug ging oder um den Anfang der Besetzung Virginias, er wusste nur, dass er drei Kanonen hatte und vier erstklassige Regimenter, unverbrauchte Truppen, und das verlieh ihm die notwendige Stärke, um Präsident Lincoln und dem ganzen Land den Sieg zu schenken, den sie so dringend brauchten. «Auf nach Richmond, Männer!», rief Baker, als er sich zwischen den Soldaten hindurch zum Ufer drängte. «Auf nach Richmond, und der Teufel soll ihren Seelen keine Gnade schenken! Auf für die Union, Männer, auf für die Union! Ich will euch jubeln hören!»
Sie jubelten laut genug, um das knackende Geräusch der Musketenschüsse zu übertönen, das von der anderen Seite des Flusses kam, wo jenseits des bewaldeten Steilufers Pulverrauch zwischen den Getreidepuppen umherzog und das lange Sterben dieses Tages begonnen hatte.
Zwei
M ajor Adam Faulconer traf kurz nach der Mittagszeit bei der Legion Faulconer ein. «Da sind Yankees auf der Mautstraße. Sie haben mir eine Verfolgungsjagd geliefert!» Er sah glücklich aus, als wäre der wilde Ritt der letzten Minuten ein vergnügtes Querfeldeinrennen gewesen und keine verzweifelte Flucht vor einem entschlossenen Feind. Sein Pferd, ein edler Rothengst aus der Zucht Faulconers, war mit weißem Schaum
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