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Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half

Titel: Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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unterdrückte. Das Band, das er zwischen ihnen geknüpft hatte, zerriß nicht, es glich eher einem in aller Eile geschlungenen Knoten, der sich nur mit einem letzten, gewaltigen Ruck lösen läßt. Stark spürte, sah fast die Sonde, die ihm dieser verräterische Mistkerl in den Kopf gebohrt hatte, während er schlief, und die ihn jetzt sich windend und schlängelnd und gleitend wieder verließ.
    Stark streckte die Hand aus, nicht physisch, sondern in Gedanken, und packte das entschwindende Ende von Thads geistiger Sonde - vor Starks innerem Auge glich sie einem Wurm, einer fetten weißen Made, die sich genüßlich mit Verrottetem und Aas vollgestopft hat.
    Er dachte daran, Thad dazu zu bringen, daß er einen weiteren Bleistift aus dem Steinzeugtopf holte und damit noch einmal auf sich einstach - diesmal ins Auge. Vielleicht konnte er ihn auch dazu bringen, daß er sich die Bleistiftspitze ins Ohr bohrte, das Trommelfell zerriß und bis ins weiche Fleisch des dahinterliegenden Gehirns vordrang. Er konnte Thads Aufschrei fast hören. Diesen Schrei würde er nicht unterdrücken können.
    Doch dann schob er diese Gedanken beiseite. Er wollte Beaumonts Tod nicht.
    Zumindest jetzt noch nicht.
    Nicht, bevor Beaumont ihn gelehrt hatte, wie er von sich aus schreiben konnte.
    Langsam entspannte Stark seine Faust, und als er es tat, spürte er, daß die Faust, in der er Beaumonts innerstes Wesen hielt - die geistige Faust, die sich als ebenso schnell und gnadenlos erwiesen hatte wie die körperliche -, gleichfalls offen war. Er spürte, wie Beaumont, die fette weiße Made, stöhnend und winselnd entschwand.
    »Nur für diesmal«, flüsterte er und wendete sich dann der anderen erforderlichen Sache zu. Er schloß die linke Hand um den aus seiner rechten herausragenden Kugelschreiber. Er zog ihn heraus. Dann warf er ihn in den Abfalleimer.

3
    Auf dem Abflußbrett neben dem Ausguß stand eine Flasche Glenlivit. Stark nahm sie und ging ins Badezimmer. Seine rechte Hand hing herunter und ließ pfenniggroße Blutstropfen auf das rissige und verblichene Linoleum fallen. Das Loch in seiner Hand befand sich etwa anderthalb Zentimeter unterhalb der Fingerknöchel, etwas rechts vom Knöchel des Mittelfingers. Es war vollkommen rund. Die Tintenspuren an den Wundrändern und die innere Blutung ließen es wie eine Schußwunde aussehen. Er versuchte, die Hand zu beugen. Die Finger bewegten sich - aber die übelkeiterregende Welle von Schmerz, die darauf folgte, war für weitere Experimente zu heftig.
    Er zog an der von der Lampenfassung über dem Spiegelschränkchen herabhängenden Kette, und die nackte Sechzig-Watt-Birne flammte auf. Er klemmte die Whiskeyflasche unter den rechten Arm, so daß er sie mit der linken Hand aufschrauben konnte, und hielt dann die verletzte Hand ausgebreitet über das Waschbecken. Tat Beaumont in Maine dasselbe? Er bezweifelte es. Beaumont hatte nicht den Mumm, dergleichen selbst zu unternehmen. Bestimmt war er schon unterwegs zum nächsten Krankenhaus.
    Stark goß Whiskey über die Wunde, und ein Bolzen aus stahlhartem Schmerz schoß bis zur Schulter hinauf durch seinen Arm. Er sah, wie der Whiskey in der Wunde brodelte, sah kleine Blutfäden in der gelben Flüssigkeit und mußte das Gesicht wieder gegen den durchgeschwitzten Ärmel seines T-Shirts drücken.
    Er glaubte, der Schmerz würde überhaupt nicht nachlassen, aber schließlich tat er es doch.
    Er versuchte, die Whiskeyflasche auf das unter dem Spiegelschränkchen an die Fliesen geschraubte Bord zu stellen. Seine Hand zitterte so sehr, daß dieses Vorhaben kaum Aussicht auf Erfolg hatte, deshalb stellte er sie statt dessen auf den rostfleckigen Blechboden der Duschkabine. Er würde gleich einen Drink brauchen.
    Er hob die Hand vors Licht und schaute in das Loch hinein. Er konnte durch sie hindurch die Glühbirne sehen, aber
undeutlich - es war, als schaute man durch einen von irgendeinem Überzug getrübten Rotfilter. Also hatte er den Kugelschreiber nicht ganz durch die Hand hindurchgetrieben, aber er war verdammt nahe daran gewesen. Vielleicht war es Beaumont besser gelungen.
    Er konnte es zumindest hoffen.
    Er hielt die Hand unter den Kaltwasserhahn, spreizte die Finger, um das Loch so weit wie möglich zu öffnen, und wappnete sich dann gegen den Schmerz. Zuerst war er schlimm - er mußte einen weiteren Aufschrei durch die Zähne ausstoßen, die aufeinander gebissen waren, und durch zu einem schmalen weißen Strich zusammengepreßte Lippen -, aber

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