Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half
Möglichkeit besser. Also reden Sie.«
Aber was hatte er überhaupt? Trancezustände, denen die von Tausenden von Sperlingen verursachten Geräusche vorausgingen? Worte, die er ohne weiteres auf eine Manuskriptseite geschrieben haben konnte, nachdem Alan Pangborn ihm mitgeteilt hatte, daß dieselben Worte an die Wand von Clawsons Wohnung geschrieben worden waren? Weitere Worte auf einem Blatt Papier, das er in Fetzen gerissen und im Gebäude der Englischen Fakultät in den Verbrennungsofen geworfen hatte? Träume, in denen ein fürchterlicher Mann ihn durch sein Haus in Castle Rock führte und in denen alles, was er berührte, seine eigene Frau eingeschlossen, sich auflöste? Ob er nun, was er glaubte, eine Wahrheit des Herzens nannte oder eine Intuition des Verstandes - Beweise hatte er trotzdem nicht. Die Fingerabdrücke und der Speichel deuteten darauf hin, daß hier etwas sehr seltsam war, gewiß - aber dermaßen seltsam?
»Alan«, sagte er langsam, »Sie würden mich auslachen. Nein - das nehme ich zurück. Dazu kenne ich Sie inzwischen gut genug. Sie würden mich nicht auslachen - aber Sie würden mir auch nicht glauben. Ich habe mir die Sache durch den Kopf gehen lassen, aber es ist nur eines dabei herausgekommen: Sie würden mir nicht glauben.«
Sofort war Alans Stimme wieder da, eindringlich, befehlend, fast unwiderstehlich. »Lassen Sie’s doch darauf ankommen.«
Thad zögerte, warf einen Blick auf Liz und schüttelte dann den Kopf. »Morgen. Wenn wir uns gegenseitig ins Gesicht sehen können. Heute abend müssen Sie sich mit meinem Wort begnügen, daß ich ihnen alles gesagt habe, was für Sie von praktischem Nutzen ist - alles, was ich Ihnen sagen kann.«
»Thad, ich habe Sie darauf hingewiesen, daß ich Sie als wichtigen Zeugen...«
»Wenn Sie meinen, Sie müßten das tun, dann tun Sie es. Ich würde es Ihnen nicht verübeln. Aber mehr kann ich Ihnen erst sagen, wenn wir uns wiedersehen.«
Alan schwieg ein paar Sekunden. Dann sagte er: »Okay.«
»Ich gebe Ihnen jetzt eine Beschreibung des Mannes. Ich bin nicht ganz sicher, ob sie zutrifft, aber ich glaube, sie kommt ihm ziemlich nahe. Auf jeden Fall so nahe, daß Sie sie an die Cops in New York weitergeben können. Haben Sie einen Stift zur Hand?«
»Ja. Legen Sie los.«
Thad schloß die Augen, die Gott ihm ins Gesicht gesetzt hatte, und öffnete dasjenige, das Gott in seinen Verstand gesetzt hatte, das Auge, das beharrlich auch Dinge wahrnahm, die er nicht sehen wollte. Wenn Leute, die seine Bücher gelesen hatten, ihm zum ersten Mal begegneten, waren sie unfehlbar enttäuscht. Sie versuchten zwar, es sich nicht anmerken zu lassen, aber es gelang ihnen nicht. Er machte ihnen keinen Vorwurf daraus, weil er ihre Gefühle verstand. Wenn sie seine Bücher mochten (und manche behaupteten sogar, sie zu lieben), dann stellten sie sich unter ihm so etwas vor wie einen Gott. Anstelle eines Gottes sahen sie einen Mann, der gut einsachtzig groß war, eine Brille trug, anfing, kahl zu werden, und die Angewohnheit hatte, über alle möglichen und unmöglichen Gegenstände zu stolpern. Sie sahen einen Mann, dessen Kopfhaut leicht schuppig war und dessen Nase zwei Löcher hatte, genau wie ihre eigene.
Was sie nicht sehen konnten, war das dritte Auge, das in seinem Kopf saß. Dieses Auge, das in der dunklen Hälfte von ihm strahlte, der Hälfte, die immer im Schatten lag - das war etwas Göttliches, und er war froh, daß sie es nicht sehen konnten. Wenn sie es könnten, dann würden vermutlich viele versuchen, es zu stehlen. Selbst wenn sie es mit einem
stumpfen Messer aus seinem Fleisch herausbohren mußten. Er schaute ins Dunkel und beschwor sein privates Bild von George Stark herauf - dem wirklichen George Stark, der mit dem Mann, der für das Foto auf dem Schutzumschlag posiert hatte, keinerlei Ähnlichkeit hatte. Er hielt Ausschau nach dem Mann im Dunkeln, der im Laufe der Jahre lautlos herangewachsen war, und ging daran, Alan Pangborn diesen Mann zu zeigen.
»Er ist ziemlich groß«, sagte er. »Größer als ich. Ungefähr einsfünfundachtzig, in Schuhen vielleicht sogar einsachtundachtzig. Er hat blondes Haar, kurz und sauber geschnitten, und blaue Augen. Auf größere Entfernung kann er ausgezeichnet sehen. Seit ungefähr fünf Jahren hat er eine Brille, die er zum Lesen und Schreiben aufsetzt.
Das Auffallende an ihm ist weniger seine Größe als seine Breite . Er ist nicht dick, aber extrem breit gebaut. Kragenweite vierundvierzig, vielleicht
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