Stark (Dark Half)
simple Tatsache, daß er allein gekommen war, beantwortete die meisten Fragen. Alan dachte, daß Stark im Grunde nur wissen wollte, ob er so unklug war, ihm irgendwelche Lügen aufzutischen.
Als er geendet hatte, sagte Stark: »Okay, das ist gut. Das verbessert Ihre Chancen, den morgigen Tag zu erleben, ganz erheblich, Sheriff Alan. Und jetzt hören Sie gut zu, denn ich werde Ihnen sagen, was wir tun werden, wenn diese Kinderchen gefüttert sind.«
6
»Sie wissen genau, Sheriff, was Sie zu sagen haben?« fragte Stark noch einmal. Sie standen beim Telefon in der vorderen Diele, dem einzigen im Haus, das noch funktionierte.
»Ja.«
»Und Sie werden nicht versuchen, dem Mädchen irgendeine versteckte Nachricht zukommen zu lassen?«
»Nein.«
»Das ist gut«, sagte Stark. »Das ist gut, weil dies ganz und gar nicht der Zeitpunkt wäre, zu vergessen, daß Sie ein erwachsener Mann sind, und statt dessen Räuber und Gendarm zu spielen. Jemand würde dafür büßen müssen.«
»Ich wollte, Sie hörten wenigstens für eine Weile mit den Drohungen auf.«
Starks Grinsen wurde breiter, wurde zu etwas, das ekelhaft und prachtvoll zugleich war. Er hatte William mitgenommen, um sicherzugehen, daß Liz auch weiterhin keine Dummheiten machte, und jetzt kitzelte er den Jungen in der Achselhöhle. »Das ist ein Wunsch, den ich Ihnen nicht erfüllen kann«, sagte er. »Ein Mann, der gegen seine Natur handelt, bekommt Verstopfung, Sheriff Alan.«
Das Telefon stand auf einem Tisch vor einem großen Fenster. Als Alan den Hörer abnahm, hielt er auf dem bewaldeten Hang hinter der Zufahrt Ausschau nach Sperlingen. Es waren keine in Sicht. Jedenfalls noch nicht.
»Wonach suchen Sie, alter Freund?«
»Wie bitte?« Er warf einen Blick auf Stark, und Starks Augen in ihren verrottenden Höhlen musterten ihn scharf.
»Sie haben gehört, was ich gesagt habe.« Stark deutete auf die Zufahrt und den Toronado. »Sie haben nicht zu diesem Fenster hinausgeschaut wie ein Mann, der einfach hinausschaut, weil da ein Fenster ist. Sie haben hinausgeschaut wie ein Mann, der etwas erwartet. Ich will wissen, was es ist.«
»Thad«, hörte er sich gelassen sagen. »Ich warte auch auf Thad, genau wie Sie. Er müßte eigentlich bald hier sein.«
»Ich hoffe in Ihrem Interesse, daß das die ganze Wahrheit ist«, sagte Stark und hob William ein wenig höher.
Er ließ die Mündung des Revolvers langsam auf Williams molligem Bäuchlein auf und ab gleiten.
William kicherte entzückt und patschte Stark auf die faulende Wange, als wollte er sagen: Laß das, das kitzelt -
aber noch nicht, es macht nämlich Spaß.
»Ich verstehe«, sagte Alan und schluckte trocken.
Stark ließ die Revolvermündung zu Williams Kehle wandern und kitzelte ihn damit unter dem Kinn. Das Kind lachte.
Wenn Liz um die Ecke kommt und das sieht, dreht sie durch, dachte Alan.
»Sind Sie ganz sicher, daß Sie mir alles gesagt haben, Sheriff Alan? Sie versuchen nicht, mir etwas vorzuenthalten?«
»Nein«, sagte Alan. Nur die Sperlinge im Wald rings um das Haus der Williams herum. »Das tue ich nicht.«
»Okay. Ich glaube Ihnen. Jedenfalls fürs erste. Und nun machen Sie sich an die Arbeit.«
Alan wählte die Nummer des Sheriff-Büros. Stark beugte sich vor -so weit, daß sein widerwärtiger Gestank bei Alan fast einen Brechreiz ausgelöst hätte - und hörte mit.
Sheila Brigham meldete sich beim ersten Läuten.
»Hallo, Sheila, hier ist Alan. Ich bin unten am Castle Lake. Ich habe es über Funk versucht, aber Sie wissen ja, wie es mit der Verbindung von hier aus steht.«
»Sie kommt nie zustande«, sagte Sheila und lachte.
Stark lächelte.
7
Sobald sie außer Sichtweite waren, öffnete Liz die Schublade unter dem Tresen und holte das größte der darin liegenden Fleischmesser heraus. Sie warf einen Blick auf die Ecke, wohl wissend, daß Stark jeden Augenblick herumschauen und nachsehen konnte, was sie tat. Aber bis jetzt war alles in Ordnung. Sie konnte sie reden hören. Stark sagte etwas über die Art, auf die Alan aus dem Fenster geschaut hatte.
Ich muß es tun, dachte sie, und zwar ganz allein. Er läßt Alan nicht aus den Augen, und selbst wenn ich Thad einen Wink geben könnte, würde das die Lage nur noch verschlimmern - weil er Zugang zu Thads Denken hat.
Sie nahm Wendy auf den Arm, streifte ihre Schuhe ab und eilte barfuß ins Wohnzimmer. Dort stand eine Couch, von der aus man auf den See hinausblicken konnte. Sie schob das Fleischmesser unter den Volant - aber
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