SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)
weiße Haare hinzugewonnen zu haben.
Charles war bemüht, sich den Schreck nicht anmerken zu lassen, aber Rachel erzählte mir später einmal, dass er bei ihrem Anblick regelrecht erbleicht sei. Ganz Gentleman lächelte er sie dann jedoch an und begrüßte sie mit einem Handkuss.
„Miss Fiddlebury, ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr ich mich über Ihren Besuch freue.“
„Und ich kann Ihnen nicht sagen, wie froh ich bin, noch immer in Ihrem Haus willkommen zu sein“, erwiderte sie erleichtert. Offenbar genierte sie sich sehr für das Verhalten ihres Vaters, konnte dies aber natürlich nicht offen aussprechen. Charles wurde jedoch sehr ernst. Während er noch ihre Hand hielt meinte er: „Miss Fiddlebury, Sie werden unter meinem Dach immer willkommen sein. Egal was die Zukunft auch bringen mag.“ Rachel wollte verlegen den Blick senken, doch Charles’ Blick hielt sie einen bedeutungsvollen Moment lang davon ab. Mehrere Sekunden hing eine seltsame Stille im Raum. Als Fifi Rachel endlich erlöste, indem sie Tee und Plätzchen brachte, hielt Charles noch immer ihre Hand. „Geine Sorgé Mademoiselle. Isch gann disgrétt sein so sä´r“, wiegelte Fifi ab.
Spätestens diese Bemerkung brachte Rachel endgültig aus dem Konzept. Mit Schamesröte im Gesicht nickte sie dem stählernen Dienstmädchen zu. Charles schmunzelte still vor sich hin. Statt etwas zu sagen, geleitete er seinen Besuch zu einem bequemen Sessel.
Nachdem die üblichen existenziellen Fragen nach Milch, Zitrone und Zucker im Tee geklärt waren, kam Rachel endlich zum eigentlichen Grund ihres Besuchs: „Ich muss Sie um einen persönlichen Gefallen bitten, Mister Eagleton. Ich hoffe, dass meine Bitte Sie nicht erzürnen wird.“ Ein nervöses Zucken um ihre Augen machte deutlich, dass der letzte Satz keine Höflichkeitsfloskel war. Doch Charles beugte sich freundlich vor. „Alles, Miss Fiddlebury. Ich bezweifle, dass mich ein Wunsch von Ihnen erzürnen könnte.“
Sie nickte dankbar. „Wie Sie vielleicht bereits gehört habt, hat mein Vater unsere Hausangestellten entlassen.“ Charles’ zustimmendes Nicken brachte kurz einen seltsam verzerrten Ausdruck auf Rachels Gesicht. Offenbar war sie wenig davon erbaut, dass bereits ganz London über sie und ihren Vater sprach. „Diese Entlassungen waren nach Ansicht meines Vaters notwendig, um seine neuesten Forschungen zu schützen.“ Als Charles erstaunt eine Augenbraue hob, sprach sie hastig weiter. „Er glaubt, der Entdeckung seines Lebens auf der Spur zu sein. Er fürchtet nicht nur, dass die Angestellten etwas ausplaudern könnten, sondern geht davon aus, dass ihre bloße Anwesenheit seine Forschungen behindern könne.“
„Gerne würde ich Sie jetzt natürlich fragen, welcher Art diese Forschungen sind ...“, sagte Charles. Als er den geradezu gequälten Ausdruck in Rachels Augen sah, sprach er schnell weiter: „... aber da Sie zweifellos Ihr Wort gegeben haben, nichts darüber zu erzählen, werde ich Ihnen diese indiskrete Frage selbstverständlich ersparen.“ Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln. „Ich danke Ihnen, Mister Eagleton.“ Es trat eine verlegene Pause ein, in der Rachel offensichtlich nach Worten rang.
„Aber eine andere Frage kann ich Ihnen leider nicht ersparen“, fuhr Charles ernst fort und brachte damit erneut einen besorgten Ausdruck in die Augen seines Gastes. Wieder beeilte er sich, schnell weiterzusprechen: „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“ Jetzt lachte sie beinahe befreit. Es war augenscheinlich, dass sie eine schwere Zeit hinter sich hatte.
„Danke, dass Sie es mir so leicht machen. Und ich revanchiere mich, indem ich hier um den heißen Brei herumrede.“ Sie schüttelte den Kopf. „Mister Eagleton, da wir keine Hausangestellten mehr haben, komme ich mit meiner Zeit nicht zurecht. Ich muss den gesamten Haushalt führen, Einkaufen, die Korrespondenz erledigen, Reisen planen und meinem Vater bei seinen Forschungen assistieren. Ich fürchte, dass ich das allein nicht schaffen werde. Allein mit den Forschungen meines Vaters bin ich fast zwölf Stunden jeden Tag beschäftigt.“
„Kann ich Ihrem Vater vielleicht bei der Arbeit assistieren?“, bot Charles an. Doch Rachel schüttelte bedauernd den Kopf. „Nein, Mister Eagleton. Mein Vater möchte seine Forschungen um jeden Preis geheim halten.“ Bevor Charles etwas erwidern konnte, sprach sie schon weiter. „Natürlich würden Sie Ihr Wort als Gentleman geben und ich hoffe, Sie glauben mir,
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