Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
wusste er von Slaughter, wie viele Grenadiere gefallen waren. Mehr als ein Dutzend, sieben weitere wurden vermisst. Er wusste auch, dass Cussiter, Taylor, Hansam und fünfzehn andere Verwundete wieder kämpfen würden. McCance, Collins und zehn andere wären dazu nicht mehr in der Lage.
***
Steel stand auf der Anhöhe und schaute hinüber zu den Dörfern, die in die französische Verteidigung eingebunden gewesen waren. Der Feind hatte über dreitausend Zelte zurückgelassen, in denen es sich für die Nacht zumeist die Offiziere bequem gemacht hatten. Auch Steel trat nun in eines der Zelte, in dem sich Slaughter und Louisa aufhielten, und betrachtete die Habseligkeiten, die der frühere Besitzer auf einem kleinen Tisch zurückgelassen hatte: ein Buch mit Gedichten, ein Brief an die Ehefrau, drei Flaschen Rotwein, eine Pfeife, Spielkarten und jede Menge Proviant. Gemüse und Kräuter zumeist. Slaughter schüttelte verwundert den Kopf.
»Was haltet Ihr von all diesem Zeug, Sir? Und ich dachte, wir wären gut ausgestattet.«
»Das hier, Sergeant, nennt man wohl Beute. Euer französischer Soldat ist ein geborener Plünderer. Ihr könnt sicher sein, dass nichts von alledem hier rechtmäßig erworben oder gar bezahlt worden ist. Sie haben alles den armen Bauern weggenommen. Aber wir können es jetzt wohl kaum zurückbringen, oder? Wie seid Ihr denn so als Koch, Jacob?«
»Wisst Ihr, mit dem Kochen hab ich’s nie so gehabt, Sir. Frauenarbeit, würde ich sagen.«
Louisa musste lachen.
»Oh, ich kann ein schönes Stück Fleisch frikassieren, wenn’s nur darum geht. Aber alles andere ist bei mir verloren, Mr. Steel.«
»Ich wünschte, ich hätte Euch nicht damit belästigt«, meinte Steel mit einem Grinsen. »Wer mag denn dann wohl der Kompaniekoch sein, was glaubt Ihr? Nein, lasst mich raten.«
»Nun, ich wette, dass Corporal Taylor uns ein nettes Ragout aus all diesen Sachen machen könnte.«
»Dann solltet Ihr nach ihm Ausschau halten, Jacob. Soll das etwa alles verderben?« Henry Hansam, den rechten Arm in einer Schlinge, steckte den Kopf zum Zelt herein. »Jack, hast du schon gehört? Wir haben Marschall Tallard und vierzig Generäle gefangen genommen. Vierzig, Jack! Und fast einhundertdreißig Standarten. Aber es kommt noch besser. Die Guards haben an die hundert Ochsen entdeckt, schon gehäutet und alles. Sie wurden heute früh den Franzosen geliefert. Ich sehe mal nach, ob ich uns einen davon sichern kann.«
»Seht Ihr, Jacob, ich sagte ja, dass das Glück uns hold sein würde. Ihr solltet Corporal Taylor vom Krankenlager holen. Heute Abend gibt es ein schönes Rindfleischragout.«
Ihr Lachen wurde unterbrochen, als einer von Marlboroughs Läufern eintraf. »Lieutenant Steel. Der Captain-General wünscht Euch zu sprechen, Sir. Und zwar sofort, wenn Ihr könnt, Sir.«
***
Steel folgte dem Jungen über die platt getretenen Felder. Von Zeit zu Zeit streckte ein Verwundeter ihm einen Arm entgegen, aber der Bote drängte so sehr, dass Steel keine Zeit blieb, sich um die armen Kerle zu kümmern.
Sie gingen an den Leichen aus neun Bataillonen französischer Infanterie vorbei – jene Männer, die versucht hatten, Marlboroughs Zentrum aufzuhalten. Die Toten lagen noch in der alten Rechteckformation, niedergemäht von Colonel Bloods Kartätschenbeschuss aus kurzer Distanz. Steel konnte nicht anderes, immer wieder schaute er im weichen Mondlicht auf die Gesichter der Toten. Die Männer kamen ihm unglaublich jung vor. Viele von ihnen mochten nicht älter als sechzehn gewesen sein.
Endlich erreichten sie die Mühle am Rande Höchstädts, in der die Franzosen ihr Schießpulver gelagert hatten. Genau dort hatte der Herzog sein Nachtlager aufgeschlagen.
Der Läufer hielt Steel die Tür auf. Der Qualm von Pfeifen hing in Schwaden unter der Decke des ovalen Raums, in dem die versammelten ranghöheren Offiziere laut durcheinanderredeten: Deutsche, Niederländer und Männer aus den Kaiserlichen Truppen. Steel entdeckte Hawkins und einige andere Briten, darunter auch Prinz Eugen. Doch in der Mitte der Offiziere stand Marlborough. General Lumley, der gefeierte Kommandeur der Kavallerie, war in bester Redelaune.
»So etwas habt Ihr nie gesehen, meine Herren. Die beste Kavallerie Frankreichs flieht wie eine Braut in der Hochzeitsnacht. In gestrecktem Galopp in die Donau. Wie viele dort ertrunken sind, weiß Gott allein.«
Marlborough blickte ernst drein. »Ja, Lumley. Eine Tragödie, dass so viele tapfere Soldaten ein so
Weitere Kostenlose Bücher