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Steinfest, Heinrich

Steinfest, Heinrich

Titel: Steinfest, Heinrich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo die Löwen weinen
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einen Hund hin und
wieder füttern und hin und wieder auf die Straße führen müsse und daß dieser
hier nicht einmal über ein Halsband und eine Marke verfüge.
    "Könnten Sie das für mich erledigen?" bat
Rosenblüt und erklärte, der Hund sei ihm zugelaufen. "Wie heißt er
überhaupt?"
    "Kepler."
    "Klingt wie der Name einer Waschmaschine oder einer
Autovermietung", fand die junge Frau.
    "Ist aber nicht mehr zu ändern", erklärte
Rosenblüt. "Sie machen das für mich, oder?"
    "Alles", antwortete sie. Sie meinte damit den
Hund, nicht den Mann.
     
    Strahler 70
     
    Rosenblüt wollte den Herrn Professor Uhl in seinem Büro im
Department für Geo- und Umweltwissenschaften aufsuchen, erfuhr aber, Uhl sei
bereits wieder nach Hause gefahren, um dort mit einigen Mitarbeitern ein
Seminar vorzubereiten. Er werde erst am späteren Nachmittag in der Uni
zurückerwartet.
    Ohnehin war es Rosenblüt lieber, Uhl in seinem privaten
Bereich zu sprechen. Um so privater, desto unsicherer wurden die Menschen. Desto
leichter zu knacken. Denn das Private verriet sie, die Vase auf dem Tisch, die
Bilder an der Wand, der Geschmack, der Geruch. Viele Büros hingegen waren
abstrakt zu nennen, trotz Schmuck hier und da.
    "Ich habe jetzt wirklich keine Zeit für Sie",
wurde Rosenblüt von Uhl an der Türe des dreistöckigen Jugendstilgebäudes
empfangen, dessen untere zwei Etagen er bewohnte. "Außerdem wüßte ich
nicht, was da noch zu bereden wäre. Sie sollten lieber diese Verbrecherbande
finden, die meinem Sohn das angetan hat."
    "Bei allem Respekt, Herr Uhl", meinte Rosenblüt,
"aber das ist doch eine Phrase."
    "Was ist eine Phrase?"
    "Dem Polizisten sagen, was er zu tun hat. Sage ich
Ihnen denn, wie Sie ein Erdbeben zu berechnen haben? Seien Sie also so gut,
mich hereinzulassen. Ich bin nicht gekommen, um im Freien zu stehen, so schön
der Tag auch ist."
    Uhl zögerte. Dann gab er nach, trat zur Seite und ließ den
Kommissar ein. Er hatte wohl begriffen, daß man jemanden wie Rosenblüt nicht
abwimmeln konnte. Daß für einen solchen Mann nur entweder Feierabend oder
Gefahr im Verzug bestand. Und für Feierabend war es einfach noch zu früh.
    "Nun gut. Ich sage meinen Mitarbeitern kurz Bescheid",
erklärte Uhl und bat Rosenblüt, vorzugehen. Dieser ging vor, und zwar in einen
großen, hellen Raum, der hinaus auf eine steinerne Treppe wies, hinter der ein
kleiner Garten mit Springbrunnen lag.
    "Wer hat heutzutage noch einen Springbrunnen?"
bemerkte Rosenblüt, nachdem auch der Hausherr eingetreten war.
    Uhl erläuterte: "Eigentlich wollte der Vermieter
einen Pool bauen lassen. Ich konnte ihm das ausreden. Allerdings ist er dafür
mit der Miete noch weiter in die Höhe gegangen. Verrückt, aber wahr."
    "Wäre die Welt normal, wäre ich nicht hier, oder?"
    "Da haben Sie leider recht", äußerte Uhl und
fragte den Kommissar, für welche Polizeiabteilung er eigentlich tätig sei.
    "Das wollen Sie nicht wissen", antwortete
Rosenblüt.
    Uhl stutzte. "Wie Sie meinen. Setzen wir uns."
    Sie setzten sich. Uhl schenkte Wasser in zwei Gläser und
schob eines über den tiefstehenden Glastisch auf Rosenblüts Seite.
    Der Kommissar sagte: "Ich will offen sein. Meine
Vorgesetzten meinen, daß Sie mit mir lieber reden werden als mit jemand
anderem."
    "Wieso sollte ich?"
    "Nun, Sie sind Schwabe, und ich bin Schwabe. Auch
wenn wir beide nicht so reden, denn weder stehen wir auf einer Volksbühne, noch
sitzen wir im Landtag."
    "Rosenblüt! Ich dachte mir schon, den Namen zu
kennen. Sie waren eine Weile eine kleine Berühmtheit."
    "Was mir allerdings nicht unbedingt bekommen ist.
Dafür darf ich jetzt im schönen München sein", sagte Rosenblüt, wie man
lästert: Die Gesundheit eines Roggenbrotes relativiert sich, wenn einem die
Zähne darin steckenbleiben.
    "Ihre Vorgesetzten spinnen", kommentierte Uhl.
    "Ganz sicher tun sie das, wenigstens in diesem Punkt.
Andererseits kann ich das ja schlecht in meinen Bericht schreiben. Nein, Sie
und ich müssen vorher schon miteinander reden."
    "Ja worüber denn, Herrgott noch mal! Mein Sohn ist
überfallen, mißhandelt und beraubt worden. Am schlimmsten aber ist, daß er da
nackt am Ufer stehen mußte. Die Nacktheit ist für Jungs in diesem Alter ohnehin
ein Problem. Das öffentliche Nacktsein fürchterlich."
    "Absolut richtig. Deshalb denke ich auch, daß es in
erster Linie darum ging. Nicht um die paar Wertsachen, nicht darum, ein paar
Ohrfeigen zu verabreichen, nein, es sollte eine Warnung sein, eine

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