Sten 8 Tod eines Unsterblichen
ein Zeichen zum Weitergehen.
Einen Moment lang standen sie und Sten alleine in der Biegung eines Korridors.
"Danke", sagte sie und küßte ihn.
"Wofür denn?"
"Dafür, daß du nicht fragst."
"Was fragen?"
"Du bist ein Dummkopf", sagte sie.
"Du meinst -"
"Das meine ich."
"Aber ich habe nicht im Traum daran gedacht, daß du eventuell... ich meine-"
"Du hast recht, ich bleibe eine Freiwillige. Hinzu kommt, daß ich niemals irgendeinen Eid auf irgendeinen Imperator abgelegt habe. Nebenbei bemerkt: ich suche mir immer die Seite des Gewinners aus."
Sten betrachtete sie aufmerksam. Offensichtlich sollte das weder ein Witz sein, noch der Versuch, seine Moral zu stärken.
"Meine Vorfahren waren Jann", fuhr sie fort. "Sie dienten Tyrannen, die sich hinter der Lüge versteckten, sie seien die Stimme eines Gottes, den sie sich nur ausgedacht hatten.
Ich schwor, daß ich, wenn ich jemals Soldatin werden könnte, nicht wie sie sein würde. In der Tat ging es bei dem Soldatentum, von dem ich träumte, darum, mitzuhelfen, solche Dreckschweine wie die Propheten loszuwerden. Oder solche wie Iskra. Oder den Imperator."
"Na schön", meinte Sten, "das hast du mir schon einmal erzählt. Wie es aussieht, wirst du deine Chance bekommen. Oder zumindest eine gute Gelegenheit, mit Pauken und Trompeten
unterzugehen."
"Ach was", widersprach Cind. "Wir werden ihm in den Arsch treten. Jetzt komm schon. Du mußt eine Predigt halten."
Sten stand auf dem Stummelflügel eines
Einsatzschiffs und blickte auf die nahezu zweitausend Wesen hinunter, die um ihn herum versammelt waren: die Besatzungsmitglieder der Victory, die nicht dringend auf der Waffenstation oder für den laufenden Betrieb des Schiffes benötigt wurden, dazu die Überreste des Botschaftsstabes. Er hielt es für keine sehr tolle Aufgabe, öffentlich Tyrannenmord zu predigen. Er versuchte, nicht zu den oberen Laufstegen des Hangars
hinaufzuschauen, wo die Scharfschützen der Bhor und Gurkhas abwarteten, ob nicht doch
irgendwelche Arten nichtverbalen Einspruchs erhoben wurden.
"Schön und gut", schloß er. "So sieht es also aus.
Ich habe den Imperator kopfüber da reingestoßen. Er hat keine Möglichkeit, mich verschwinden zu lassen und gleichzeitig so zu tun, als ob nichts passiert wäre. Was ich auch auf keinen Fall vorhabe.
Ich werde nicht sagen, was als nächstes kommt.
Denn ich finde nicht, daß irgend jemand von euch sich freiwillig melden sollte, um bei mir zu bleiben.
Jeder von euch, der gut im Aufstellen von Prognosen ist oder in Kampfanalyse nicht geschlafen hat, kann sich die Aussichten an zehn Fingern abzählen.
Ich habe die Victory, und vielleicht hier und da ein paar Leute, die ebenso wie ich davon überzeugt sind, daß es höchste Zeit ist, zurückzuschlagen.
Genau das habe ich vor.
Ich habe den Großteil meines Lebens dem Imperator gedient. Aber die Dinge sind aus dem Lot geraten. Wie der Altai-Cluster zum Beispiel. Gut, diese armen Wesen waren verrückt und blutrünstig, und das schon seit vielen Generationen.
Aber wir sind diejenigen, die alles zum Auseinanderfallen gebracht haben. Wir sind dafür verantwortlich, daß aus dem Tumult ein blutiges Chaos geworden ist."
Sten mußte sich bremsen. "Nein", sagte er und senkte seine Stimme, so daß diejenigen weiter hinten aufmerksam zuhören mußten. "Ich sollte nicht sagen
>wir<. Denn ihr, ich, wir alle haben unser Bestes getan.
Aber unser Bestes war nicht gut genug. Denn es gab jemanden, der sein eigenes Programm laufen hatte. Der Imperator. Wir befolgten seine Befehle und seht euch an, was dabei herauskam. Doch ich wollte auf keinen Fall zulassen, daß es durch die Vernichtung eines ganzen Planeten gedeckt würde.
Das ist eigentlich alles, was ich euch sagen wollte. In Kürze werden wir das Boot des Käpt'n startklar haben. Es wird den Kurs der verbliebenen Imperialen Flotte kreuzen. Ihr habt eine Schiffsstunde, um eure Siebensachen
zusammenzusuchen und an Bord zu gehen.
Tut das, Leute. Ihr werdet wesentlich länger leben, wenn ihr beim Imperator bleibt, egal, wer er ist und was er tut. Mir bleibt keine Wahl mehr. Ihr habt sie noch.
Eine Stunde. Bringt euch aus der Schußlinie. Tut es jetzt. Alle anderen hingegen, diejenigen, die es satt haben, einem Verrückten zu dienen, der scharf darauf ist, das Imperium in ein Chaos zu verwandeln
- ähnlich dem Chaos, das wir soeben verlassen haben -, gehen dort hinüber zur Hangarwand.
Das war's. Vielen Dank für eure Hilfe. Danke für eure Dienste.
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