Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
Vom Netzwerk:
pochen. »Wer ist der Nächste, Chandler? Von wem haben Sie ihm noch erzählt?«
    Chandler leckt sich über die Zähne. Hebt die Hände und kratzt an dem verkrusteten Speichel auf seinem Kinn.
    »Es tut mir leid«, sagt er und wendet sich ab.
    »Chandler?«
    »Es war doch nur Gerede. Nur Geschwätz. Ich dachte nicht …«
    »Worum ging es, Chandler? Was haben Sie getan?«
    »Nach unserer Unterhaltung«, schnieft er zwischen Schluchzern. »Ich habe ihm von Ihnen erzählt. Von Ihrer Frau. Wie stark sie war. Dass sie so viele Fehlgeburten ertragen hat und es trotzdem weiter versuchte …«
    »Was wollen Sie …?«
    McAvoy verstummt. Er hat das Gefühl, als ob sich eine eisige Faust um seinen Hals legt und zuzudrücken beginnt.
    »Es tut mir so leid.«
    Ein Adrenalinstoß schießt durch McAvoys Körper. In seiner Phantasie sieht er Simeon Gibbons, der seine neugeborene Tochter zwischen Roisins um sich tretenden, blutigen Beinen erstickt …
    Er rennt. Sprintet zum Ausgang, zieht das Telefon aus der Tasche, während das Rauschen des Blutes in den Ohren und das Quietschen seiner Stiefel auf dem Linoleum immer lauter wird; Chandlers Schluchzen ist nur noch der Nachhall eines Echos auf dem Gang.
    Der Gefängniswärter sieht ihn kommen. Stößt sich von dem Tisch ab, an dem er mit seinem Plastikbecher lehnt. Er spürt, dass etwas nicht stimmt, und will McAvoy aufhalten, aber der rammt ihn und marschiert einfach durch ihn hindurch, reißt die Tür auf und donnert drei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinunter.
    Er sieht auf sein Telefon. Kein Netz. Kein verdammtes Netz.
    Es tut mir so leid, es tut mir so leid, es tut mir so leid …
    Er versucht verzweifelt, sich einzureden, dass das, was seiner Frau und seinen Kindern zustoßen könnte, nicht die direkte Folge seiner eigenen, abscheulichen Eitelkeit ist.
    Geht in Gedanken noch einmal alles durch, was er über den Mann weiß, der vorhat, sein Kind zu töten. Seine physische Stärke, die Leichtigkeit, mit der er McAvoys Schlägen ausgewichen ist.
    Das Tänzeln des Boxers …
    McAvoy hält inne. Bleibt stocksteif stehen, ein Standbild plötzlichen, schrecklichen Begreifens.
    Chandlers Protegé. Der Boxer. Der Zimmergenosse. Der Bursche, dessen Gesicht immer im Schatten lag …
    Er stürmt durch die Lobby und starrt dabei auf das Display seines Handys. Er versucht es mit seiner Privatnummer, aber das verdammte Ding will nicht klingeln. Er drückt mit zitternden Fingern hektisch die falschen Tasten.
    Ruft aus Versehen die Nachricht auf, die Trish Pharaoh ihm nach ihrer Vernehmung von Monty Emms auf die Mailbox gesprochen hat:
    … er lebt, McAvoy. Sie hatten recht. In Emms’ Mailbox sind Nachrichten von Gibbons gespeichert, die viele Wochen zurückreichen. Ich habe den guten Lieutenant Colonel in einem Pub sitzen lassen. Schwache Blase, der Mann. Kam dadurch ohne größere Fisimatenten an sein Telefon. Wir müssen es offiziell konfiszieren, denn es ist Beweisstück A bis Z, verdammt noch mal. Es ist Dynamit. Anfangs nur Entschuldigungen und Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, ihn rausgeholt zu haben. Dafür, dass irgendein Iraker an seiner Stelle in einen Leichensack gesteckt wurde und er der Welt erzählen konnte, er sei tot. Dafür, ihm ein neues Leben zu verschaffen. Ein neues Heim. Dafür, sich um Anne zu kümmern. Ihre Rechnungen zu begleichen. Und immer wieder »Es tut mir leid«. Es tut ihm leid, den Colonel im Stich gelassen zu haben. Tut ihm leid, dass er nicht selbst für Annes Pflege aufkommen kann. Es tut ihm leid für alles, was er falsch gemacht hat. Aber dann verändert sich etwas. Ungefähr vor einem Monat, wenn die Datierungen stimmen. Da fängt er auf einmal damit an, dass er zu begreifen beginnt. Einen Weg sieht, wie er alles rückgängig machen kann. Der gute Sparky ist im Moment zu besoffen, als dass man mehr aus ihm herauskriegen könnte, aber ich werde ihn weiter bearbeiten. Wir räumen später hinter uns auf. Wenn Sie immer noch zu ihm wollen, müssen Sie ein Geständnis aus ihm herausholen …
    McAvoy klappt wütend das Telefon zu, um es zum Verstummen zu bringen, und macht es sofort wieder auf. Beinahe stößt er einen Freudenschrei aus, denn plötzlich hat er volles Netz. Während er über den Parkplatz sprintet und seine Wagenschlüssel herausfischt, wählt er Roisins Handynummer.
    Dreimal läutet es …
    »Hi, mein Schatz, wie geht’s?«
    Erleichterung durchflutet ihn. Seine Frau klingt müde, aber sehr lebendig.
    In Sicherheit.
    Sie sind

Weitere Kostenlose Bücher