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Sterblich

Sterblich

Titel: Sterblich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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Konsequenzen für die Angestellten haben, aber längerfristig könnte das durchaus aktuell werden, wenn wir nicht mehr Seiten liefern. Je mehr Seiten gelesen werden, umso schneller bringen wir unsere Anzeigenmasse unter, sodass neue Anzeigen dazukommen können. Eigentlich sind wir ausverkauft, aber wir liefern nicht genügend Klicks. Das bedeutet, dass wir gewisse Maßnahmen ergreifen müssen in Bezug auf die Artikel, die wir schreiben. Wir müssen zynischer in der Themenwahl werden. Und bla bla bla …
    Irgendwer wird garantiert etwas von wegen »Integrität« dazwischenrufen und fragen: »Was ist mit der Gewichtung und Relevanz?«, aber er weiß ganz genau, dass Sture allem zustimmen und trotzdem einen härteren Kurs anordnen wird. Im Klartext bedeutet das für eine Internetzeitung, die überleben will: mehr Sex, mehr Titten und mehr Porno. So etwas wollen die Leute sehen. Und wer behauptet, dass es ihn nicht interessiert, klickt die Seiten trotzdem an, sobald er ein oder zwei Minuten übrig hat, um sich die Titten oder den Arsch genauer anzugucken, die als Lockmittel eingesetzt wurden.
    Dieses Wissen ist bei den Internetzeitungen präsent, man kennt die Zahlen und Statistiken, die beweisen, welche Themen Seitenaufrufe garantieren – und diese Kriterien zugrunde gelegt, ist die Wahl einfach.
    Heidi ärgert sich garantiert ein Loch in den Bauch, denkt Henning, aber da sie als Ressortleiterin zwischengeschaltet ist, hat sie kaum eine andere Wahl, als zu befolgen, was die Leitung beschlossen hat. Außerdem würde sie niemals öffentlich etwas Negatives über die Chefetage oder die fragwürdigen Entscheidungen sagen, die sie fällen. Das hat sie nämlich im Ressortleiterkurs gelernt.
    Henning tippt Anettes Nummer ein und wartet. Nach dem elften Klingeln bekommt er eine Antwort.
    »Hallo?«
    Anettes Stimme ist leise und vorsichtig.
    »Anette, hier ist Henning Juul. Ich arbeite für 123nyheter . Wir haben uns am Montag schon mal gesehen.«
    »Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
    »Warten Sie, nicht auf …«
    Er flucht innerlich, sieht sich um. Ein Mann in Arbeitskleidung betritt den Schulhof. Er trägt einen Eimer.
    Verflixt, ich tu’s, sagt Henning zu sich selbst. Ich ruf sie noch mal an, auch wenn ich mich auf dünnes Eis begebe. Ich riskiere, sie noch mehr abzuschrecken. Quengelei ist selten ein guter Türöffner, aber ich brauche Informationen von ihr.
    Zuerst klingelt es, aber dann kommt plötzlich das Besetztzeichen. Verflucht, sie hat den Anruf abgeblockt, denkt er und folgt einem zweiten Mann in Arbeitskleidung mit dem Blick. Er beschließt, eine SMS zu schreiben.
    Ich weiß, dass Sie nicht mit mir reden wollen, aber ich bin nicht auf ein Interview aus. Ich glaube, Henriette wurde wegen des Kurzfilms ermordet, den Sie zusammen machen wollten. Ich würde gerne mit Ihnen darüber reden. Können wir uns treffen?
    Er drückt auf Senden und wartet. Er wartet. Und wartet. Keine Antwort. Er flucht wieder. Was jetzt?
    Nein, denkt er. Verdammt noch mal. Dann schreibt er ihr noch eine Mitteilung.
    Ich weiß, dass Sie Angst haben, Anette. Ich habe es in Ihren Augen gesehen. Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Nehmen Sie meine Hilfe an?
    Wieder Senden . Er merkt selbst, wie verzweifelt er mittlerweile klingt, und so weit ist das nicht von der Wahrheit entfernt. Als wenige Sekunden später sein Handy piepst, zuckt er zusammen. Er öffnet die Meldung.
    Mir kann niemand helfen.
    Es rauscht durch seine Adern. Jetzt fängt es ernsthaft an, interessant zu werden. Er schreibt zurück:
    Woher wollen Sie das wissen, Anette? Wenn Sie mich einen Blick in das Skript werfen lassen, fällt mir vielleicht was ein? Ich verspreche Ihnen, diskret zu sein. Wenn Sie sich nicht mit mir treffen wollen, könnten Sie mir das Skript eventuell per E-Mail schicken? Meine Adresse ist [email protected].
    Senden.
    Eine Ewigkeit, komprimiert in Sekunden. Er kann sie ticken hören.
    Nein, denkt er. Das wird nichts. Anette ist weg. Sie will nicht, will keine Quelle sein, nicht einmal eine verdeckte. Er tröstet sich damit, es wenigstens versucht zu haben. Aber dieser magere Trost bringt ihn nicht weiter. Er steht auf und setzt sich in Bewegung.
    Da piepst es wieder. Vier kurze Signale.
    Im Gode Café. In einer Stunde.

39
    Bjarne Brogeland seufzt. Er liest ein Dokument auf dem Bildschirm und spürt einen leichten Kopfschmerz, weil er schon so lange auf den Monitor starrt. Ich brauche eine Pause, sagt er zu sich. Eine lange Pause. Vielleicht sollte ich

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