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Sterblich

Sterblich

Titel: Sterblich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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gestellt.
    »Was ist das?«
    »Versuchen Sie es gar nicht erst. Sie wissen ganz genau, was eine Stun Gun ist. Sehen Sie denn nie Filme? Krimis?«
    Er schüttelt wieder den Kopf, dieses Mal begleitet von einem verwirrten Lächeln.
    »Ich bin kein Freund der Polizei.«
    »Worauf wollen Sie mit Ihren Fragen hinaus?«
    »Wir kommen noch dazu, Indrehaug«, sagt Brogeland mit angestrengt beherrschter Miene.
    Sandland ist jetzt in der Offensive. Sie holt einen Zettel hervor.
    »Das Opfer wurde mit einer Druckstelle am Hals gefunden, die mit dem Abdruck einer sogenannten Stun Gun übereinstimmt – oder einer Elektroschockpistole, wenn Ihnen das auf die Sprünge hilft.« Sie schiebt das Blatt über den Tisch und dreht es um. Es ist eine Nahaufnahme vom Hals des Opfers. Zwei bräunlich rote, unebene Brandwunden sind zu erkennen. Indrehaug zieht das Blatt zu sich hinüber und wirft einen Blick darauf.
    »Es muss sich dabei nicht notwendigerweise um eine Pistole handeln. Diese Dinger gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen, aber eine Stun Gun – um nochmal dieses herrliche, zutiefst norwegische Wort zu benutzen – braucht man, wenn man jemanden außer Gefecht setzen will, ohne ihn ernsthaft zu verletzen. Um jemanden gefügig zu machen. Zum Beispiel, um ihn in ein Erdloch zu stecken und anschließend einzugraben.«
    Sandland sieht zu Marhoni hinüber und wartet auf eine Antwort. Die Fragen scheinen ihn aber noch immer nicht zu beeindrucken oder einzuschüchtern.
    »Für jemanden, der gerade seine Geliebte verloren hat und das auf eine im höchsten Maße bestialische Weise, wirken Sie extrem gleichgültig und abgeklärt. Sind Sie denn nicht traurig?«
    Er zuckt wieder nur mit den Schultern.
    »Hatten Sie sie denn nicht gern?«
    Ein Zucken geht über sein Gesicht.
    »Haben Sie sie nicht geliebt?«
    Eine leichte Röte zeichnet sich auf seinen Wangen ab.
    »Hat sie Sie gestern Abend besucht, um Schluss mit Ihnen zu machen? Haben Sie sie deshalb getötet?« Dann fährt sie in zunehmend wütendem Ton fort: »Hatte sie einen anderen? Haben Sie sie gelangweilt?«
    Marhoni will aufstehen, Indrehaug legt ihm aber die Hand auf den Arm.
    »Frau Kommissarin …«
    »Haben Sie sie deshalb getötet?«
    Marhoni richtet seinen Blick auf Sandland, als wollte er sich jeden Moment auf sie stürzen.
    »Haben Sie sie mit diesem Blick angesehen, als Sie den ersten Stein genommen haben, um ihr den Schädel einzuschlagen?«
    »Frau Kommissarin, es reicht!«
    »Würden Sie bitte Ihren Mandanten auffordern, meine Fragen zu beantworten?«
    Brogeland räuspert sich und bittet sie mit einem Handzeichen, sich zu beruhigen. Es wird still im Raum. Brogeland sieht den Pulsschlag an Marhonis Hals. Er entschließt sich, Gas zu geben, solange der Motor noch warm ist.
    »Marhoni, die vorläufige Obduktion des Opfers und die Untersuchungen am Tatort haben ergeben, dass das Opfer kurz vor seinem Tod noch recht harten Sex gehabt haben muss. Wissen Sie etwas darüber? Was können Sie dazu sagen?«
    Marhoni hat seinen Blick noch immer auf Sandland gerichtet. Hinter seinen Augen tobt ein heftiges Gewitter. Dann sieht er langsam zu Brogeland hinüber, sagt aber nichts.
    »Auch wenn Sie kein Krimiliebhaber sind, wissen Sie möglicherweise, dass Sperma etwas vom Besten ist, was ein Täter der Polizei hinterlassen kann. Von wegen der DNA und so. Sie haben doch schon einmal davon gehört, oder?«
    Noch immer keine Antwort. Verdammt, ist das ein harter Brocken, denkt Brogeland.
    »Sie haben gestern Abend eine SMS von Henriette Hagerup erhalten. Um exakt 21.17 Uhr.«
    Marhonis Pupillen ziehen sich etwas zusammen. Brogeland entgeht das nicht.
    »Wissen Sie noch, was darin stand?«
    Brogeland sieht, dass Marhoni nachdenkt und einen Blick auf den Zettel wirft, den Sandland Marhoni zugeschoben hat. Dann legt Brogeland die Faust vor den Mund und räuspert sich noch einmal.
    »Entschuldige. Das bedeutet nichts. ER bedeutet nichts! Ich liebe DICH . Können wir nicht darüber reden? Bitte!«
    Brogeland blickt von Marhoni zu Indrehaug und lässt den Text der SMS wirken, ehe er fortfährt. »Sollen wir Ihnen auch die nächste SMS vorlesen, die sie geschickt hat?«
    Marhoni sieht seinen Verteidiger an. Zum ersten Mal im Laufe des Verhörs bekommt seine steinharte Fassade Risse.
    »Laut vorläufiger Obduktion wurde sie letzte Nacht zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens ermordet, also nur wenige Stunden, nachdem sie Ihnen drei SMS geschickt hat. Wäre ich an Ihrer Stelle,

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