Sternchenhimmel
Telefonnummer auf die Rückseite seiner Visitenkarte. »Cherry braucht einen neuen Bodyguard.«
»Wer ist das? Arbeitet er für Sie?«
»Wenn Sie ihn nicht anrufen, tue ich es.« Maury Lykes drückte ihr die Karte in die Hand und fügte hinzu: »Er ist Experte für chronische Fälle von ›Gastritis‹.«
Cherry Pyes Mutter runzelte die Stirn. »Ich hoffe nur, der ist nicht so drauf wie Lev.«
»Keine Sorge, Schätzchen. So einem wie dem sind Sie noch nie begegnet.«
Bang Abbott hatte noch immer Freude an seinem ehrenwerten Gewerbe, wenn man es denn so nennen durfte. Im Gegensatz zu den meisten anderen Paparazzi hatte er früher einmal bei einer seriösen Zeitung gearbeitet, damals, als Zeitungen noch von Bedeutung waren. Vier Jahre lang war Claude J. Abbott festangestellter Fotograf der St. Petersburg Times gewesen, und während dieser Zeit hatte er seinen Job ohne Kontroversen oder Auffälligkeiten erledigt, hatte die Schauplätze von Morden fotografiert, Hurrikane, Überschwemmungen, Geburtstagspartys in Altenheimen, Adoptionstage bei der Pinellas Humane Society. Die Auswahlproben der Buccaneer-Cheerleader, die Auswahlproben der Rays Dancers, den »Hooters Calendar Girls«-Wettbewerb, das Gerichtsverfahren gegen einen Bezirksrat, der im Internet Jungpfadfindern nachstellte. Einen Fünf-Kilometer-Lauf gegen HIV , einen Zehn-Kilometer-Lauf gegen Hautkrebs, ein Anderthalb-Kilometer-Wettgehen gegen Osteoporose. Die Geburt eines seltenen Schneeleoparden im Vergnügungspark Busch Gardens, den Tod des ältesten Feuerschluckers der Welt in Sarasota und eine Ecstasy-Razzia, bei der ein prominenter transsexueller Erweckungsprediger erwischt worden war.
Etliche Unfälle mit Firmenwagen trugen Bang Abbott seinen Spitznamen ein, und er stand kurz davor, von der Times gefeuert zu werden, als er die Herausgeber damit schockierte, dass er einen Pulitzerpreis für Nachrichtenfotografie gewann, eine der renommiertesten Auszeichnungen der Journalistenbranche. Bang Abbotts von ihm selbst nominiertes Foto vom Angriff eines Zitronenhais auf einen kanadischen Touristen würde bald zum Streitthema werden, doch für kurze Zeit war es ihm vergönnt gewesen, sich in seinem Triumph zu sonnen. Da ihm Ärger schwante, nahm er sich vor, die zehntausend Dollar Preisgeld möglichst schnell auszugeben, und suchte sich für seine kleine Wohnung in Clearwater Beach eine erlesene Stereoanlage nebst Fernseher aus. Wie allen Mitarbeitern, die Auszeichnungen gewonnen hatten, hatte die Zeitung Bang Abbott eine Gehaltserhöhung angeboten, die er für ungenügend befand. The Boston Globe und die Washington Post machten bessere Angebote, die jedoch schließlich zurückgezogen wurden, als die unersprießlichen Begleitumstände des Haifotos allmählich ans Tageslicht kamen.
In diesen finsteren, turbulenten Zeiten schickte die Times Bang Abbott eines Abends los, um ein Hannah-Montana-Konzert in Tampa zu fotografieren, ein Auftrag, den er korrekterweise als Bestrafung empfand. Danach war er mit einer Gruppe Paparazzi einen trinken gegangen, die der jungen Sängerin auf dem Fuß folgten, und er hatte mit wachsender Neugier ihren reißerischen Geschichten gelauscht. Bang Abbott war aufgegangen, dass er mit einem Titten-Schnappschuss von einem missratenen Starlet mehr Kohle machen konnte, als wenn er sich sechs Monate lang für ein Zeitungsgehalt den Arsch aufriss. Und was noch besser war: Freischaffende Fotografen waren keiner dieser großkotzigen Ethikregeln unterworfen, laut deren man zum Beispiel für Tipps kein Schmiergeld zahlen oder sich nicht als CSI-Experte ausgeben durfte. Einem Paparazzo waren lediglich durch das Ausmaß seiner Fantasie und seiner Dreistigkeit Grenzen gesetzt.
Bang Abbott hatte seine neuen Bekannten grölend in der Bar zurückgelassen und war geradewegs in die Zeitungsredaktion gefahren, wo er heimlich seine Pulitzer-Urkunde aus einem Schaukasten in der Eingangshalle entfernte. Fünf Tage später war er in Beverly Hills und folgte Cameron Diaz den Rodeo Drive hinunter. Zuerst setzten ihm die Nachtschichten ziemlich zu, doch allmählich gelangte Bang Abbott zu der Überzeugung, dass dies das Leben sei, für das er geschaffen war. Es machte ihm nicht das Geringste aus, wenn man ihn knuffte, schubste, anspuckte oder ihm auf die Zehen trat. Das Warten konnte nervig sein, aber eine heiße Verfolgungsjagd machte jedes Mal Spaß.
Und der Verdienst … also, der Verdienst war ausgezeichnet.
Trotz seines unguten Ausscheidens aus dem
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