Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
verarbeiten, daß sowohl Fleat als auch Pease mit dem Häuptling verheiratet waren. »Grindel hat zwei Frauen?
Die junge Mutter sah sie fragend an. »Hält man es denn bei Eurem Volk nicht so?
Goldfeder lächelte und erklärte, bevor Aschure etwas sagen konnte und die Awarin vielleicht mit einer unbedachten Entgegnung beleidigte: »Nein, Pease. Wie bei den Ikariern pflegt man bei den Ebenenbewohnern die Einehe.« Sie wandte sich an Aschure: »Die Awaren lieben Kinder über alles. Wenn eine Frau nicht die erste Gemahlin eines Mannes werden kann, läßt sie sich gern von ihm zur Zweitfrau nehmen. Und Grindel darf sich geehrt fühlen, daß Pease einwilligte, in seinen Klan zu kommen, nachdem er sie darum gebeten hatte.
Der Säugling fing an zu schreien. Die Mutter knöpfte ihr Langhemd auf und gab ihm die Brust. Eine Weile war sie nur für das Baby da, dann schaute sie die Acharitin neugierig an: »Wie viele Kinder habt Ihr denn, Aschure?
»Ich? Keins. Schließlich bin ich nicht verheiratet.
»Was, in Eurem Alter?« fragte Pease fassungslos.
Aschure fühlte sich mit einem Mal steinalt.
»Fleat hat alle ihre Kinder vor ihrem dreiundzwanzigsten Sommer zur Welt gebracht. Und ich zähle erst neunzehn.
Ein Schrei ertönte aus dem Zelt, in dem Barsarbe Ramus Bein versorgte. Die Frauen am Feuer erbleichten, als sie Knochen knirschen hörten. Goldfeder klopfte dann Aschure sanft aufs Knie. »Die Zaubererpriesterin ist eine erfahrene Heilerin. Wenn jemand Ramu retten kann, dann sie.
Aschure nickte.
2 S TERNENMANN
Axis stolperte mit ausdrucksloser Miene und das Schwert noch in der Rechten aus dem Verbotenen Tal. Die unterschiedlichsten Worte und Bilder wirbelten durch seinen Kopf. Der Aware hatte behauptet, er habe die Seele eines Zauberers, eines ikarischen Zauberers. Goldfeder hatte gesagt, alle Ikarier würden singen, und die Musik stecke ihnen im Blut. Axis selbst hatte Weisen gesungen und Melodien gespielt, die ihm niemals jemand beigebracht hatte. Und jetzt drangen ihm immer neue Lieder mit merkwürdigen Texten aus den tiefsten und geheimsten Stellen seines Inneren in seinen Geist. Er hatte sich mit einem uralten Zauber gegen die Erscheinung des Gorgrael geschützt, gestern dem Awarenmädchen ein Lied vorgesungen und damit etwas bewirkt, das Ramu die Fassung geraubt hatte. Und mindestens ebenso heftig, hatte ihn beim Anblick des gefangenen Awaren Mitleid und nicht Haß erfaßt.
Wer war sein Vater?
Der Krieger wollte die Verbindung nicht herstellen, die sich immer deutlicher aufdrängte. Er weigerte sich strikt, die offensichtliche Schlußfolgerung zu ziehen, weil er sonst unweigerlich den Verstand verloren hätte. Axis wollte jetzt nur noch einen Fuß vor den anderen setzen und irgendwie ins Feldlager seiner Axtschwinger zurückkehren – zurück in eine Welt, die er kannte und die ihn kannte.
Wie könnte er der Sohn eines Unaussprechlichen sein, da er doch sein ganzes Leben im Dienst der Kirche verbracht und ihr sein Leben geweiht hatte? Wie könnte er da vom Erzfeind des Seneschalls abstammen? Wie könnte das giftige Blut dieser Kreaturen in seinen Adern fließen, da er doch seit allerfrühester Kindheit die Unaussprechlichen gehaßt und gefürchtet hatte.
Mußte er sich selbst als den Unaussprechlichen zugehörig ansehen? Und hatte dieser Umstand das Mitgefühl mit diesen Wesen in ihm ausgelöst?
»Niemals!« rief er. »Das kann nicht sein!«
Ramu hatte ihm zugerufen, Faraday lebe noch. Wie sollte das denn möglich sein? Und woher wollte der Aware das wissen? Wenn er sich der Hoffnung hingab, die Edle sei nicht zu Tode gekommen und dann später feststellen mußte, daß sie doch nicht mehr unter den Lebenden weilte, wäre das wahrlich zu unerträglich.
»Niemals!« schwor Axis sich grimmig. »Das kann nicht sein.«
»Axtherr!«
Der Krieger hob unwillig den Kopf. Arne preschte auf seinem großen Rotschimmelwallach heran, und die Erleichterung war seinem Gesicht überdeutlich anzusehen. Einige Axtschwinger folgten ihm. Axis blieb stehen und straffte seine Gestalt.
»Axtherr, wir haben Belial verletzt gefunden und Hagen ermordet. Und die Gefangenen sind fort! Ist denn Euch etwas geschehen?«
Der Krieger verzog das Gesicht. »Die Awaren konnten entfliehen, mit Aschures Hilfe.« Er schob sein Schwert in die Scheide.
Arnes Miene zeigte tiefen Zorn. »Dieses artorverdammte Luder. Sie hat ihren Vater ermordet und Belial hinterrücks niedergeschlagen!«
Axis wischte sich mit einer müden Geste über die
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