Sternenfaust - 063 - Das Erbe der Genetics
Ingenieure hier mittlerweile nur noch verwalteten. Die Förderung ging immer weiter in die Knie. »Mining X« war ausgeblutet. Niemand sprach darüber, doch insgeheim rechneten sie alle mit der baldigen Nachricht, dass ihre Arbeit beendet war. Was kam dann für Gostein und die anderen? Ein neues Angebot? Ein neues Betätigungsfeld? Wo auch immer?
Von dem Areal hatte sich Deter seit Raniffs Verschwinden ferngehalten.
Er wusste selbst nicht so genau warum, doch in seinen Träumen lief er die Strecke um den hohen Zaun immer wieder ab. Und dann fand er das Skelett. Raniffs Skelett! Das war natürlich Unsinn, denn dort hatte man alles abgesucht. Wenn auch nur halbherzig, wie Deter gestehen musste. Trotzdem reichten diese Träume, um für ihn das Areal zur verbotenen Zone zu machen.
Das schwache Notlicht im Eingangsbereich flackerte zaghaft auf, als Deter eintrat. Er schnippte mit Daumen und Mittelfinger. Sofort schaltete sich die Deckenbeleuchtung ein. Gosteins Behausung bestand aus zwei relativ großen Räumen. Dem hinten gelegenen Schlafraum, den er auch als Arbeitszimmer nutzte, und natürlich dem Wohnraum mit seiner integrierten Automatikküche.
Deters Augen gewöhnten sich sehr schnell an die plötzliche Helligkeit – und Gostein zuckte zurück! Seine Augen irrten im Raum umher, doch auf Anhieb fand er nichts, was er als Waffe benutzen konnte. Niemand hier lief bewaffnet herum. Es gab keinen Grund dazu, erst recht nicht hier im Dorf.
Deter spürte sein Herz wie wild schlagen. Ruhig, ruhig … es ist ja noch nichts geschehen. Denk nach – am besten holst du Hilfe! Doch ehe er die Notfalltaste drücken konnte, die sich direkt neben der Tür befand, hielt er plötzlich inne. Erst jetzt realisierte er, das es sich um einen Genetic handelte, der dort einfach so mitten im Zimmer auf dem Boden lag. Der Oberkörper des Mannes war halb unter den Tisch gerutscht, Arme und Beine waren weit ausgestreckt, wirkten kraftlos.
Der Mann war mit einem Overall bekleidet, dessen ursprüngliche Farbe vielleicht einmal ein kräftiges Blau gewesen sein mochte. Jetzt war er über und über mit Schmutz bedeckt, als hätte sich sein Träger durch Wald und Dickicht gerobbt; der Boden um den Mann herum war feucht. Er konnte noch nicht sehr lange hier liegen, denn der Dauerregen hatte die Kleidung vollständig durchnässt.
Vorsichtig näherte Gostein sich der Gestalt, ging ein wenig in die Hocke. So konnte er den Hinterkopf des Mannes sehen. Er war kahl – kein einziges Härchen war zu entdecken, und auch auf dem Handrücken seines ungebetenen Gastes fand Deter keines. Er wusste nicht wieso, aber es war für ihn in diesem Moment klar, das sich das auch am restlichen Körper nicht ändern würde.
Blauer Drillich und die Beseitigung aller Körperhaare. Letzteres deutete auf hygienische Gründe hin. All das erinnerte Gostein sehr an einen Gefangenen. Natürlich, urplötzlich wurde ihm bewusst, dass dieser Mann aus dem Areal stammen musste. War es also doch so etwas wie ein Gefangenenlager? Einige der Ingenieure hier hatten solche Vermutungen geäußert. Wenn das stimmte, dann war dieser Bursche von dort gekommen.
Ein Entflohener! Was auch immer sein Verbrechen gewesen sein mochte – er war natürlich eine potentielle Gefahr für Gostein. Besser, er informierte die anderen. Vielleicht gab es noch mehrere Ausbrecher?
Gostein kam ungeschickt wieder in die Höhe. Als er sich rückwärts zur Tür bewegen wollte, geschah es. Mit seinem Fuß trat er auf das linke Bein des Mannes. Ein hohles Stöhnen erklang und raubte Gostein die allerletzte Ruhereserve, die seine Panik nicht zum Ausbruch kommen ließ. Hektisch stolperte er zum Ausgang und wollte gerade auf den Notschalter schlagen, als hinter ihm eine Stimme erklang.
»Deter? Deter Gostein, bist du das?«
Gostein ließ die Hand wieder sinken, die über dem Schalter geschwebt hatte. Diese Stimme! Er kannte sie gut. Auch wenn es unmöglich schien, dass er sie hörte – hier und jetzt.
Langsam, zögerlich nur, drehte Gostein sich um. Der Mann hatte sich ein wenig aufgerichtet, und im Schein der Beleuchtung konnte Deter nun dessen Gesicht sehen, das eine gemischte Schicht aus Schmutz und Blut aufwies. Doch das war nicht entstellend genug, um die Person dahinter nicht dennoch deutlich zu erkennen. Kein Zweifel war möglich. Es war tatsächlich Kaaz Raniff, der hier längst als verschollen oder gar tot gegolten hatte.
Gosteins Verstand schaltete sofort um. Seine Hand glitt von der
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