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Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen

Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen

Titel: Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Bahl
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da gewesen. Etwas, worauf er zurückgreifen konnte. Dann begannen auf einmal, noch bevor er sich langsam weiter vorantasten konnte, seine Erinnerungen an seinem inneren Auge vorbei zu rasen.
    Das Seltsame war, dass er sich an Dinge erinnerte, von denen er gleichzeitig überzeugt war, dass sie nie geschehen waren. Er dachte an lange Gespräche, die er mit einer jungen Frau in einer ihm unbekannten Stadt auf einem ihm unbekannten Planeten geführt hatte, während sie durch eine weite, sonnendurchflutete Parkanlage spazierten. Um sie herum zahlreiche andere Müßiggänger, darunter Familien mit Kindern, die immer wieder vor ihnen herliefen, ihnen den Weg abschnitten, um sie herumrannten und tollten. Die wilden Spiele der Kinder wurden von Gekreische und Geschrei begleitet. Nicht dass es ihn oder seine Begleiterin wirklich störte. Denn die Kinder und auch die Erwachsenen benutzten eine eigentümliche, fremdartige Sprache, von der er nicht das Geringste verstand. Und doch gab es etwas in dieser Sprache, das er als höchst unangenehm empfand.
    »Was sollen diese verdammten Widersprüche!«, fluchte er verhalten.
    Wenn diese einerseits nicht störenden, andererseits doch unangenehmen Laute nicht aus den Mündern der kleinen und großen Menschen gedrungen wären, hätte er sie noch nicht einmal als eine Form von Sprache identifiziert. Eher als eine seltsame, aggressive und abstoßende Art von Musik, voller tiefer, pumpender Bässe, Lärmwänden, Stakkato-Rhythmen und gutturalem Gekreische. Doch da er sowieso nichts verstand, beschlossen der Christophorer, dass ihm die Geräuschkulisse nichts ausmachte. Stattdessen konzentrierte er sich auf die sanfte, freundliche Sprachmelodie seiner Begleiterin, von der er jedes Wort verstand, da sie in seiner Muttersprache mit ihm redete.
    »William«, nannte sie ihn zwischendurch und als er begriff, dass das sein Name war, stürzten weitere Erinnerungen auf ihn ein. Unter anderem wusste er nun, woher er sie kannte. Genauer gesagt, ihr Gesicht. Das Gesicht mit den langen blonden Haaren, das wie ein riesiger Teppich über ihm schwebte. Ein Teppich, der die Form eines Kopfes nachgebildet hatte, so perfekt, dass William geneigt gewesen war, ihn für einen echten Kopf, ein echtes Gesicht einer wirklichen Person zu halten.
    Dann fiel – einer hungrigen Löwenherde gleich – das Lärmgewitter wieder über ihn her, mit einer alles zerstörenden Macht, als sollte ihn schon der Krach zerfleischen.
    Voller Furcht öffnete er die Augen.
    Mit einem Schlag verstand er, dass der Lärm von den immer noch aktiven Außenmikrophonen seines Schutzanzuges übertragen wurde. Aus einem ihm nicht mehr nachvollziehbaren Grund war die Lautstärke bis zum Limit aufgedreht. Das Innere des Schutzanzuges war zumindest so geräumig, dass er die Arme aus den für sie vorgesehenen Hülsen zurückziehen konnte. Hastig tippte er etwa in der Höhe seines Kinns auf das berührungsempfindliche Material des Helms, sah die Symbole aufleuchten und fuhr die Lautstärke bis zu einem Flüsterton herab.
    Noch während er die Einstellung änderte, schoss ein weiterer Erinnerungsfetzen in sein Gedächtnis zurück. Unmittelbar bevor er das Bewusstsein verloren hatte, war er einem bösartigen Schlag ausgesetzt gewesen. Und er sah es an der zitternden und schwankenden Umgebung, dass das Erdbeben noch nicht vorbei war.
    »Meine Wirbelsäule«, ächzte er.
    William spürte in diesem Moment, dass er nichts mehr spürte. Er fühlte seine Beine nicht mehr und begriff voller Panik, dass er sie nicht mehr bewegen konnte. Selten – das wurde ihm aber erst später deutlich – hatte er ein derartiges, im wortwörtlichen Sinne negatives Empfinden gespürt: Die Abwesenheit von Empfindungen in einem Teil seines Körpers.
    Es klang wie ein Widerspruch in sich: »Ich fühle, dass ich nichts fühle.«
    Zu Bruder Williams Glück lenkte ihn seine unmittelbare Umgebung von der furchtbaren Erkenntnis ab und zwang seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes.
    Die Pyramide schien halb eingestürzt zu sein. Eine tonnenschwere Granitplatte hatte sich direkt neben ihm in den Boden gebohrt und hätte ihn mit Sicherheit beinahe unter sich begraben.
    Diesen Druck hätte auch ein Schutzanzug der Starr nicht ausgehalten , dachte er, als er seinen Kopf in den Nacken legte und nach oben sah. Keinen halben Meter über ihm schwebte die Spitze eines anderen Felsbrockens, der genau zwischen die Platte und einem Schutthaufen auf der anderen Seite gestürzt war.
    William

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