Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen
auf diese Frage ließ nicht lange auf sich warten. Mit einem vergleichbaren Erstaunen, das Bruder William nur wenige Minuten zuvor bei einem ähnlichen Vorgang empfunden hatte, sah Kkiku’h, wie sich die Handgelenke der beiden mattgoldenen Wesen einzuschnüren begannen. Wieder formte das Material, aus dem die Rüstungen seiner Besucher bestand, Gliedmaßen, die wie menschliche Hände oder Handschuhe aussahen. Und ehe er sich versah, packten ihn vier goldene Fäuste und zerrten ihn zur Schleuse.
Bis Kkiku’h begriff, dass die Eindringlinge ihn einfach so aus dem Shuttle werfen wollten, war es schon fast zu spät. Mit aller Macht stemmte er seine Beinpaare gegen den glatten Boden der Fähre und versuchte gleichzeitig, sich dem unbarmherzigen Griff der Goldenen zu entwinden. Letzteres gelang ihm nicht und Ersteres nur im Ansatz. Kaum spürten die Wesen, dass er sich dagegen sträubte, so in die Tiefe gestürzt zu werden und das ohne Antigravkit oder einen Fallschirm, verstärkten sie massiv ihren Druck.
Unerbittlich schoben, zerrten und zogen sie Kkiku’h bis an den Rand der Schleuse. Als sie ihn gerade mit einem letzten Ruck ins Freie befördern wollten, gab Kkiku’h unerwartet ihrem Druck nach. Alle drei flogen jetzt, angetrieben vom Kraftaufwand, den die Goldenen gegen ihn eingesetzt hatten, in hohem Bogen aus der Schleuse heraus ins Freie.
Während die Goldenen an ihm vorbeischossen, rutschte Kkiku’hs letztes Beinpaar über die Kante. Er versuchte sich mit einem verzweifelten Scharren seiner Füße noch irgendwo festzuklammern. Der rechte Fuß glitt glatt über die Kante ohne auch nur einen winzigen Vorsprung oder die kleinste Erhebung zu erhaschen. Der linke Fuß donnerte dagegen mit aller Wucht des kraftvollen Schwungs gegen die Seitenwand der Schleuse und rutschte an ihr in Sekundenbruchteilen herunter bis zum Boden.
Dann knallte seine Fußspitze in die Vertiefung, in die sich das Schott senkte, wenn es geschlossen wurde. Ohne den Raumanzug wäre das Exo-Skelett seines Beins glatt durchgebrochen. So dämpfte die Schutzschicht zwar den Aufprall des Gelenks und verhinderte Schlimmeres, dennoch durchfuhr ihn ein schier unerträglicher Schmerz. Dieser steigerte sich noch einmal, als der derart eingeklemmte linke Fuß den ganzen, nicht gerade leichten Körper auffangen musste.
Er wusste nicht, wie es ihm gelang, aber er schaffte es, das Gefühl bei lebendigem Leib zerrissen zu werden, auszublenden und schwang sich mit einer elegant anmutenden Drehung zurück in die Schleuse.
Ohne auf den Schmerz in seinem Bein zu achten, lief Kkiku’h ins Innere des Shuttles und hieb im Vorbeihasten mit einer Feinhand auf den Schalter, um die Schotts zu schließen. Zischend setzten sie sich in Bewegung, während Kkiku’h auf fünf statt sechs Beinen zum Pilotenstand stolperte.
Er zog einen der Steuerknüppel an, worauf die Fähre mit einem plötzlichen Ruck nach oben sprang. Insgesamt mehrere hundert Meter bis knapp unter die Wolkendecke ließ er die Fähre steigen, bevor er sie wieder stoppte.
»Ich muss unbedingt den Überblick behalten«, knatterte er aufgeregt und verfiel dabei, ohne es zu merken, in den typischen Dialekt seiner Kindheit, den er abgelegt hatte, seit er Journalist geworden war. Die Höhe, die er jetzt erreicht hatte, war für ihn und die Fähre wesentlich sicherer. Er befand sich jetzt außerhalb der Lava-Fontänen und noch unterhalb der dichten Nebelschwaden, die das gesamte Tal überwölbten.
Kkiku’h suchte an dem Instrumentenbord das Funkgerät und schaltete es ein. Er sah, dass das automatisierte Translatorprogramm aktiviert war. Mit hektischen Knack-, Klick- und Knarzlauten – die Sprache der Mantiden erinnerte mitunter an Morsesignale, war nur um ein vielfaches komplexer –, begann er zu reden.
»Hier ist der Teufel los«, zitierte er eine passende menschliche Redensart, die er aufgeschnappt hatte, und beschrieb mit wenigen Worten das, was sich Sekunden zuvor abgespielt hatte. Er war so beschäftigt mit seinem Bericht und der Aufgabe die für ihn ungewohnten Instrumente des Shuttles im Auge zu behalten, dass er versäumte, nach den beiden Goldenen zu schauen, die dem bebenden Untergrund des höllischen Planeten entgegengestürzt waren.
Hätte er sich die Zeit genommen, ihnen hinterherzublicken, dann wäre ihm nicht entgangen, dass sie nicht, wie er annahm, auf dem Boden zerschellt waren. Im letzten Augenblick gelang es den beiden, ihre Antigrav-Aggregate oder eine ähnliche Ausstattung
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