Sternenfaust - 068 - Der Schlafende Weise
vor und drehte sich halb zu Captain Frost herum.
»Auf den Schirm, Lieutenant!«, befahl Frost und setzte sich dabei in den Sessel der Kommandantin. Nachdem sie sich zurückgelehnt hatte, schlug sie die Beine übereinander.
Auf dem Hauptschirm verschwand das Bild von Hestanor C, dem dunklen, schwermetallhaltigen Heiligtum der Hestan. Stattdessen erschien das fast lebensgroße Abbild von Siron Talas.
»Seien Sie gegrüßt, Captain Frost«, sagte der J’ebeem.
»Sie können sprechen, der Kanal ist frei«, sagte Jamil.
Frost nickte knapp und erwiderte die Begrüßung vom Kommandanten des gigantischen Tellerraumers der J’ebeem. »Wir sind gerade dabei, mit einem Außenteam die Oberfläche von Hestanor C zu erforschen, wie Sie mit Hilfe Ihrer Ortung vermutlich bereits festgestellt haben«, sagte Frost.
Auf Siron Talas’ Gesicht erschien etwas, dass vielleicht die J’ebeem-Entsprechung eines dünnen, geschäftsmäßigen Lächelns war. Dann fuhr der Kommandant der STOLZ DER GÖTTER fort: »Sie werden diese Mission vielleicht früher als geplant abbrechen müssen, Captain.«
»Wie kommen Sie darauf?«, gab Frost zurück. Macht er das absichtlich, dass er nicht gleich zur Sache kommt und mir die wesentliche Information bis zum Schluss vorenthält? Man muss das bei ihm fast annehmen. Frei nach dem Motto: Informationsvorsprung ist auch ein Vorsprung. Offenbar war dieses Verhalten ratsam, wenn man in der komplizierten Hierarchie des J’ebeem’schen Adels vorankommen wollte.
Dana fühlte sich davon immer mehr als nur ein bisschen irritiert. Sie bevorzugte sehr deutlich direktere Formen der Kommunikation. Leider ist Bruder William nicht hier, so dass ich die Möglichkeit hätte, dass Gespräch an ihn zu delegieren.
»Wir haben insgesamt fünf Bergstromsonden in den Zwischenraum gebracht«, erklärte Siron Talas. »Zwei davon melden das Herannahen von etwa zwei Dutzend Raumschiffen«, sagte er.
Frost runzelte die Stirn.
»Die Morax können Sie auf diese Weise jedenfalls nicht orten.«
»Wir können die Morax-Schiffe auf diese Weise nicht orten, weil sie sich per Raumsprung und nicht per Zwischenraumpassage fortbewegen. Aber wir nehmen an, dass es sich bei diesen zwei Dutzend Schiffen um eine Vorhut aus Beute-Raumern handelt, die die Morax in den Nachbarsystemen anderen Hestan-Kolonien abgenommen haben. Und falls sich von der Zahl der Beuteschiffe Rückschlüsse auf die Stärke der eigentlichen Morax-Verbände ziehen lassen, dann rückt da eine kleine Armada an.«
Frost atmete tief durch.
»Ich verstehe«, murmelte sie.
»Ich übersende Ihnen die Koordinaten der vermutlichen Austrittspunkte dieser Schiffe. Wir werden ja sehen, ob es sich tatsächlich um Morax-Beuteraumer handelt …«
»Darauf würde ich wohl jede Wette abschließen«, erwiderte Frost.
»Am Besten Sie geben diese Daten auch an das Oberkommando der Hestan weiter, damit bereits Verteidigungsmaßnahmen getroffen werden können. Ich möchte das aus gewissen Gründen nicht tun. Sie wissen ja, die Hestan haben von uns J’ebeem keine besonders hohe Meinung.«
»In Ordnung.«
Siron Talas unterbrach die Verbindung.
»Das war zu erwarten, Captain«, sagte van Deyk.
Frost nickte langsam.
»Lieutenant Jamil?«
»Ja, Ma’am?«
»Rufen Sie Lieutenant Commander Mutawesi auf die Brücke. Die STERNENFAUST muss in einen gefechtsbereiten Status versetzt werden.«
»In Ordnung, Ma’am«, bestätigte Lieutenant Susan Jamil.
*
Nach mehrmaliger Umrundung des Planeten, den die Hestan »das Heiligtum« nannten, war ein fast vollständiger Oberflächenscan angefertigt worden. Allerdings bisher ohne irgendwelche Auffälligkeiten. Die Verteilung der Fossilien war sehr gleichmäßig und so gab es kaum einen bevorzugten Landeplatz.
Aber bevor die L-1 auf der Oberfläche landen sollte, wollte Bruder William, dass auch noch eine Vertikalumrundung über die Polkappen durchgeführt wurde, um diese Regionen scannen zu können.
Da es auf Hestanor C keinen Tropfen Wasser und kein Molekül Kohlendioxid gab, waren die Polkappen eisfrei. Aufgrund des völlig naturwidrigen Fehlens einer Atmosphäre – was bei einem Planeten dieser Schwerkraft noch nie zuvor beobachtet worden war, da es eigentlich immer ausgasendes Gestein gab – waren die Temperaturschwankungen an der Oberfläche sehr groß. Sie gingen etwa von minus fünfzig bis plus fünfzig Grad Celsius. An den Polkappen herrschte eine Durchschnittstemperatur von minus 15 bis minus 20 Grad.
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