Sternenfaust - 093 - Auge des Feindes
er ein scharfes Stilett in einer Armscheide stecken hatte.
»Und was gedenken Sie mit diesem Wissen anzufangen?«, fragte er ruhiger, als er sich in diesem Moment fühlte.
»Wir gedenken Sie zu unterstützen.«
Talas konnte nun doch nicht verhindern, dass er die Fassung verlor und seine maßlose Verblüffung für einen Moment offen zeigte, bevor er sich wieder beherrschte.
»Sehen Sie, Triumvir «, fuhr Keshash fort, »ich habe natürlich jeden Bericht über Kommandant Talas gelesen, den mein Volk verfasst hat, bevor ich meinen Posten als Botschafter hier antrat. Und natürlich habe ich auch die Berichte von Kommandantin Shesha’a über die Expedition gelesen, die er geleitet hat. Aus all dem spricht deutlich, dass er einen profunden Respekt vor unserem Volk besitzt und niemals mit den Eroberungsplänen des Triumvirats einverstanden war. Ich kann mir nicht denken, dass sich das nun geändert hat.«
»In der Tat nicht«, bestätigte Siron Talas vorsichtig.
»Und deshalb haben wir alles zu gewinnen, wenn wir Ihr Geheimnis wahren und Sie unterstützen, aber eine Menge zu verlieren, wenn wir das nicht täten. Natürlich werden wir Sie niemals offen unterstützen können, allein schon weil es uns als Botschaftern nicht zusteht, uns derart in j’ebeemische Angelegenheiten zu mischen. Aber inoffiziell sage ich Ihnen jede Hilfe und jeden Beistand zu, den wir Ihnen in dieser Lage geben können. Zumindest solange Sie nichts tun, was unserem Volk zum Nachteil gereicht. Und ich denke, Sie wissen, wie loyal Shisheni zu ihren Verbündeten und Freunden stehen, als welchen Kommandantin Shesha’a Sie übrigens nach ihren eigenen Aussagen betrachtet.«
Das war Talas neu, und er fragte sich, wie er wohl zu der Ehre kam. Doch das war jetzt nebensächlich. »Ich gebe Ihnen mein Wort, Botschafter Keshash, dass Sie und Ihr Volk durch meine Politik niemals etwas zu befürchten haben«, versicherte er. »Ich betrachte Sie im Gegenteil als wertvolle Verbündete und hoffe, dass Sie das auch weiterhin bleiben werden.«
»Wie ich schon sagte, solange Sie diesen Kurs beibehalten, werden wir das bleiben.«
»Und wie hatten Sie sich Ihre Unterstützung nun konkret vorgestellt?«
»Sie werden sich gewiss erinnern, dass eine unserer hervorstechendsten Eigenschaften im Kampf in Guerillataktiken besteht. Und natürlich haben wir inzwischen längst Kontakte zu J’ebeem geknüpft, die uns mit Informationen versorgen und uns in anderen Dingen behilflich sind, ohne dass der Temuran davon auch nur die geringste Ahnung hat. Wir können und werden diese Kontakte zu Ihrem Vorteil nutzen. Da Ihr langfristiges Ziel sein dürfte, die gegenwärtige Regierung zu stürzen und sie durch eine fortschrittlichere zu ersetzen, dieses Ziel aber nicht innerhalb einer kurzen Zeit erreicht werden kann, bedarf es der sorgfältigen Vorbereitung.«
»Allerdings. Aber mir ist, ehrlich gesagt, schleierhaft, wie Sie uns dabei unterstützen könnten.«
»Ich gehe davon aus, dass Sie eine Demokratie einführen wollen?«
Talas machte eine zustimmende Geste. »Oder ein Regierungsmodell nach shishenischem Vorbild. In jedem Fall eines, das die krasse Zwei-Klassen-Gesellschaft mit der Benachteiligung der überwiegenden Mehrheit des Volkes aufhebt.«
»Und somit kann ein Umsturz nur gelingen, wenn Sie einen großen Teil der Adligen auf Ihre Seite bringen, da die am meisten zu verlieren haben. Gelingt Ihnen das nicht, gibt es wahrscheinlich einen Bürgerkrieg.«
»Mit Sicherheit.« Talas zögerte damit, weiterzusprechen. »Wie Sie sich denken können, klebt an meinen Händen schon jetzt mehr Blut, als ich gutheißen kann. Ich sage Ihnen, dass nur das Ziel und das Bewusstsein, dass es meinem Volk so besser gehen wird, mich noch daran festhalten lassen. Einen Bürgerkrieg würde ich daher gerne vermeiden. Aber ich sehe immer noch nicht, wie Sie sich diesbezüglich einbringen können.«
»Wir besitzen Mittel und Wege, innerhalb kürzester Zeit herauszufinden, welche Adligen sich Ihnen aus Überzeugung anschließen würden, welche Sie mit Bestechung auf Ihre Seite bringen können und welche Sie unbedingt auf welche Weise auch immer ausschalten müssen, um Ihr Ziel zu erreichen.«
Talas stand auf und ging ein paar Schritte hin und her. Er wusste aus Erfahrung, dass die Shisheni nicht zu Übertreibungen neigten und äußerst effiziente, nüchterne Praktiker waren. Wenn Keshash behauptete, ihm diese Informationen schnellstmöglich beschaffen zu können, so war das wohl
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