Sternenfaust - 139 - Jagd auf Nickie Berger
perfekt geformten Zähne. Wie er es immer tat, wenn er Nervosität verbergen wollte. Gregorovitch! Grundgütiger, der Geschäftsführer von Far Horizon – hier bei ihnen? Mit einem Mal kam ihm der Raum, den er sich seit kurzer Zeit mit Shirl teilen musste, unendlich schäbig vor. Schäbig und zugemüllt.
»Verzeihen Sie, meine Herren. Wenn ich gewusst hätte, dass Sie so viele sind, hätte ich natürlich aufgeräumt!«, versuchte er sich an einer Entschuldigung für all die Werkzeugteile, die leeren Pappbecher und die Berge von Notizzetteln, die so ziemlich jede freie Ablagefläche des knapp zwanzig Quadratmeter großen Zimmers bedeckten.
Shirl machte nur »Mhm«, und abermals wünschte Boz ihr die Pest an den Hals.
Dann sah er sich um. Ganz unrecht hatte sie nicht, befand er. Die mit Postern diverser Elektropop-Bands zugeklebten Wände, die Unordnung, die von zahlreichen Rechnern aufgeheizte Luft … Das alles machte nicht gerade den besten Eindruck.
»Lassen Sie nur, Boz«, sagte al Khaled dennoch und zwinkerte. »Kreatives Chaos, richtig? Nichts anderes hatte ich erwartet.« Irrte er sich, oder schien sich der Commander über den leicht angeekelten Ausdruck im Gesicht des Far-Horizon -Chefs zu amüsieren? »Dann können wir uns jetzt also der Aufgabe widmen, wegen der wir hier sind?«
Es war eine Frage , auch wenn sie wie eine Feststellung formuliert war. Erst nach einer kurzen Schrecksekunde begriff Boz, dass sie ihm gegolten hatte. Und mit einem Mal war die Energie wieder da. »Richtig, Sir«, antwortete er sicher. »Sehr gerne.«
Mit einer einladenden Geste deutete er seinem Besuch, sich an der hinteren Wand des Raumes aufzustellen. Diese wurde von gleich mehreren übereinander angeordneten Monitoren dominiert, auf denen pausenlos Datenstränge, Sensoranzeigen und Bilder diverser Überwachungskameras abliefen. Sie waren das eigentliche Schmuckstück des Zimmers, fand Boz, und nicht einmal Shirley Bassetts dämliches »Mhm« würde daran etwas ändern können.
Ein angenehmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Das Gefühl, in seinem Element zu sein. Bereit für die Show.
»Gentlemen«, begann er, »was Sie hier sehen, ist das Herz des Computersystems dieses Gebäudes, der New Yorker GalAb-Zentrale. In diesem Raum laufen sämtliche Informationen zusammen, hier werden sie sortiert, weitergeleitet und auf Wunsch auch ausgewertet. Über unsere Monitore, Interfaces und diverse andere, Ihren Blicken vermutlich noch verborgene technische Finessen sind wir in der Lage, binnen von Sekunden auf so ziemlich jede gewünschte Information zuzugreifen, die irgendwann irgendwo öffentlich gemacht wurde – sowie auf einige mehr.« Ein Zwinkern. »Außerdem ermöglicht uns ein weitreichendes, nahezu flächendeckendes globales Überwachungssystem, in Sekundenschnelle Bild- und Tonverbindung zu den meisten öffentlichen Plätzen und mit Überwachungskameras oder -sensoren ausgestattete Örtlichkeiten herzustellen. Sie wollen wissen, wer sich just in diesem Moment im Pariser Louvre die Mona Lisa ansieht? Sie interessieren sich für die aktuelle Kundschaft des Zollo Burgers , dem absoluten In-Lokal in Malverne, Long Island? Oder Sie möchten den Kandidaten der hundertvierundsiebzigsten indischen Big-Brother-Staffel beim Schlafen zuschauen, ohne auf vorab zensierte TV-Bilder angewiesen zu sein? Wir können Ihnen helfen. Natürlich nur, wenn Sie über eine entsprechende Autorisation verfügen.«
Gott, wie er es liebte, diese kleine Präsentation zu geben. Er kam viel zu selten dazu, vor Besuchern mit den Vorzügen seines Arbeitsplatzes angeben zu können. Die da oben sollten ihm viel öfter Gäste vorbeischicken. Dann wäre er auch nicht den ganzen Tag mit Shirl allein.
»Und nun, Gentlemen, zum Grund Ihres Hierseins. Zu den Avataren.«
Eins musste man Shirl lassen: Pünktlich war sie. Wie aufs Stichwort wurde ein zentraler Monitor schwarz, dann erschien das Bild, auf das Boz gehofft hatte. Das aus dem Zellentrakt.
»Commander?«, fragte er mit einem Lächeln. »Wenn Sie übernehmen möchten …?«
»Gern.« Al Khaled nickte. »Meine Herren, dies sind die Geräte, die uns Nickie Berger näher bringen werden: vier Hightech-Roboter, die Dr. Bozinsky eigens für diesen Zweck entwickelte.«
Mit sichtlichem Staunen verfolgten die Besucher das Geschehen auf dem Bildschirm. Sie gehörten zu den ersten Menschen, die überhaupt einen Blick auf die SARDs, so hatte Boz die Geräte insgeheim getauft, werfen konnten, und ihre Reaktion
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