Sternenfaust - 187 - Fanal der blauen Sonne
Hals. Darüber konnte sie ein markantes Gesicht ausmachen.
Joelle riss die Augen auf.
»Dana Frost«, flüsterte sie.
*
STERNENFAUST III
14. April 2273, 7.30 Uhr
»Du hast von wem geträumt?« Selma zog eine Augenbraue in die Höhe und streckte Joelle ihren roten Schopf entgegen.
»Von unserer Commodore …«, murmelte die junge Navigatorin und warf einen misstrauischen Blick auf die gezuckerten Missie-Fladen, die man anstelle des üblichen Frühstückssubstrats zu sich nehmen konnte.
Selma grinste. »Okay. Nicht gerade mein Typ dieser Taglieri. Er ist ein paar Jahre jünger als der Ratspräsident, aber für meinen Geschmack noch nicht jung genug.«
»Von unserer Commodore. Nicht unserem«, korrigierte Joelle ihre Freundin.
Die prustete. »Was wird da wohl dein Max dazu sagen, wenn du von unserer Kommandantin träumst?« Sie knuffte Joelle leicht auf die Schulter und lachte laut auf.
Einige Leute blickten von ihren Tellern auf, unterbrachen für einen Moment lang ihre Gespräche und sahen zu ihnen herüber. Selma winkte ab. Das geschäftige Raunen, Murmeln und Schmatzen brandete weiterhin durch den Freizeitraum, der zu dieser Zeit von vielen als Frühstücksraum benutzt wurde.
»Ich habe von einer Wüste geträumt, okay?« Joelle schob ihre Schale mit der nur entfernt an Porridge erinnernden Frühstückspaste zur Seite und begnügte sich mit einer Tasse aus heißem Synthodrink mit Kakaogeschmack.
Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. Sie hätte Selma nicht von dem Traum erzählen sollen. Freundin hin, Freundin her. »Ich muss los«, sagte sie schließlich, nachdem sie sich entschlossen hatte, nichts mehr von ihrem Traum zu erzählen.
Als Joelle sich erhob, lehnte sich Selma über den Tisch und packte ihre Hände.
»Halt, halt!« Selma zog sie zurück auf ihren Stuhl. »Ich bin deine Freundin und nehme dich jetzt ernst. Ehrenwort. Erzähl weiter.« Als Joelle sich wieder setze, erhob Selma ihre Hand zum Schwur und zwinkerte ihr zu. »Also, mit Max ist alles okay?«
Joelle verdrehte die Augen. Mit einer Hand massierte sie die andere und starrte auf ihre frisch lackierten Fingernägel.
»Ja, mit ihm ist alles okay«, erwiderte sie wirsch.
»Das klingt ja nicht sehr enthusiastisch.«
»Er ist im Moment ein wenig anstrengend.« Als Selma anfing, wissend zu nickend, fügte Joelle schnell hinzu: »Aber an meinen Gefühlen hat sich nichts geändert.«
Nachdenklich drehte sie an ihrem silbernen Ring, den sie als kleines Mädchen von ihrer Großmutter Jocelyne geschenkt bekommen hatte. Damals war er ihr viel zu groß gewesen. Nun passte er wie angegossen. Schade, dass ihre mémé es nicht mehr sehen konnte. Nach ihrer Auswanderung hatten sich ihre Großeltern und Mutter zerstritten. Ein Streit, der ihr nun – nach der Großen Leere – noch sinnloser vorkam.
»Na gut, zurück zu deinem Traum, hm?« Selma stupste sie an. Joelle blickte auf und sah, wie ihre Freundin ihr aufmunternd zunickte.
»Na gut!«, begann Joelle. »Ich bin aufgewacht. Mitten in einer steinigen Wüste. Und über mir schien eine blaue Sonne.«
»Woher willst du wissen, dass sie blau war?«
»Ich wusste es eben. Einfach so.« Joelle schnipste. »Jedenfalls … Nachdem ich aufgestanden bin, ist mein Bett verschwunden, und ich flog über die Landschaft. Bis zu einer Ruine. Dort bin ich rein, habe durch ein Loch in der Decke geguckt und konnte Sterne sehen. Und die haben sich zu einer Kette samt spiralförmigem Anhänger geformt.«
Selma runzelte die Stirn und nickte nachdenklich. »Kurz und kompakt. Mhm. Und Dana Frost? Wann tauchte die auf?«
Joelle seufzte. »Gleich danach. Ein kosmischer Nebel bildete ihr Gesicht.«
»Klingt nicht besonders aufregend. Bei all dem Gerede von Sternen-Amuletten.«
»Du meinst die Akoluthoren!«
»Wie auch immer, ist jedenfalls kein Wunder, dass du Dana Frost in einem Traum mit irgendeinem Sternenhimmel in Verbindung bringst.«
»Ja … Schon …«, gab Joelle zu.
»Träume sind Schäume, Liebes. Dein Unterbewusstsein wirft einfach alles durcheinander. Ist ja auch viel geschehen die letzte Zeit.« Dabei warf sie einen Blick über die Schulter, hin zu einem Tisch, an dem ein paar Besatzungsmitglieder der STERNENFAUST II saßen. Aus der anderen Zeitlinie.
Joelle blickte auf ihren Timer. »Tut mir leid, aber ich muss echt los. Meine Schicht fängt an.« Sie stand auf, griff nach ihrem Aufgaben-Pad, winkte und lief zum Ausgang.
»Kein Problem«, rief Selma ihr nach. »Ich muss auch
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