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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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Zimmer gerannt war; nach den Morgen, an denen sie aus ihrem Zimmer gekommen war und offensichtlich nicht geschlafen hatte wieso hatte Reyna da nicht geahnt, daß Aberra sich auf den Aufbruch vorbereitete? Daß sie im Begriff war, die Spur einer der mächtigen Bestien des Berges aufzunehmen und ihr nur mit einem Spieß bewaffnet gegenüberzutreten, in der Hoffnung, sie zu töten und ins Tal zurückzukehren, nachdem sich all die Veränderungen an ihr ausgebildet hätten, die eine Barohna auszeichneten?
    Sicherlich hatte sie Aberras Furcht gespürt. Und sie hatte die wenigen Vorbereitungen mitbekommen, die Aberra für ihre Herausforderung traf. Aber sie hätte nie gedacht, daß Aberra eines Tages ihre Furcht überwinden und aufbrechen würde.
    Aber hatte sie die Furcht überwunden? Vielleicht war es eben diese Furcht gewesen, die sie schließlich zum Aufbruch bewegt hatte. Sicher war nur, daß sie sich vom Eßtisch erhoben, ihren Spieß und den Packen geholt hatte und gegangen war, ohne jemandem ein Wort zu sagen. Daß sie einfach gegangen war, bleich und gefaßt, die steinernen Wege entlang, durch den Obstgarten, die Bergflanke hinauf. Die Botschaft kam sogleich, atemlose Gartenmonitoren überbrachten sie:
    daß die älteste Tochter gegangen war, um sich ihrer Prüfung zu stellen. Reyna hatte es gehört und war gelaufen, um nach Aberra zu suchen; kühl und ungläubig, erst den gepflasterten Weg entlang, dann über die Gartenerde, die dumpf unter ihren stampfenden Stiefeln erklang.
    Aberra war gegangen – ohne sich auch nur von ihrer Mutter zu verabschieden. Ohne Reyna zu bitten, sie bis zu den Bäumen zu begleiten. Ohne ihr die Dinge zu vermachen, die ältere Töchter üblicherweise ihren jüngeren Schwestern überließen, wenn sie gingen, um ihre Prüfung zu machen.
    Aberra war gegangen und hatte mit sämtlichen Traditionen gebrochen, die eine Palasttochter zu beachten hatte, wenn sie ihren Abschied nahm.
    Reyna hatte es nicht glauben können. Aber als sie beim Garten ankam, starrten all die Kinder, die sich hier eingefunden hatten, um die Blüten zu bestäuben, auf den Berghang und hatten ihre Pollenbürsten offenbar vergessen. Reyna folgte ihren Blicken und sah ganz weit oben einen weißen Fleck: Aberras Hemd.
    Da erst glaubte sie es, obwohl sie zunächst noch die feste Hoffnung hegte, daß es ein Mißverständnis wäre; daß Aberra nicht derart unvermittelt und schlecht vorbereitet gegangen war, um ihre Prüfung anzunehmen. Reyna glaubte, daß ihre Schwester einen Tagesausflug machte, statt ihr Tier aufzuspüren.
    Aber Aberra war in dieser Nacht nicht zurückgekehrt, und am nächsten Morgen auch nicht. Niemand hatte seitdem etwas von ihr gehört.
    Furcht vor der Furcht,
hatten die Alten gesagt; und Reyna erkannte, daß es stimmte. Aberra war nie mutig gewesen. Ihr Geist war so anfällig gewesen wie ihr Körper. Niemals hatte sie wilde Spiele oder gruselige Geschichten gemocht. Weil sie furchtsam war, hatte sie mehrere Jahreszeiten über den Zeit punkt hinaus gewartet, zu dem eine Palasttochter üblicherweise ihre Prüfung annahm. Schließlich, so vermutete Reyna, hatte ihr das tägliche Grauen des mit dem Aufwachen verbundenen Gedankens daran, daß die Prüfung noch immer vor ihr lag, so zugesetzt, daß sie einfach gegangen war; ganz impulsiv, ohne Vorbereitungen oder Zeremoniell, bevor sie sich anders überlegen konnte.
    Reyna hielt inne; plötzlich bemächtigte sich ihrer ein eisiges Gefühl bei einem Gedanken, der ihr noch nie gekommen war Wenn es für sie an der Zeit wäre – würde sie sich ebenso fürchten?
    Wenn ihre Zeit kam?
Sie erschauerte und sog heftig die Luft ein. Sie war jetzt fünfzehn Jahre alt. Es war die Zeit ihrer zweiten Großjährigkeit. In einem oder zwei Jahren würden die ersten ihrer Altersgenossinnen in den steinernen Hallen anfangen, Kinder zu bekommen. Als ihre Mutter fünfzehn gewesen war, hatte sie den Sonnenthron seit zwei Jahren innegehabt.
    Erschüttert erkannte Reyna, daß sie der Verwirrung und dem Kummer gestattet hatte, sie für eine ganz klare Tatsache blind sein zu lassen: mit diesem Jahr war ihre Zeit gekommen es sei denn, sie beabsichtigte, so lange zu zögern, wie es Aberra getan hatte. Wäre das gut für sie? ie wandte sich um und beobachtete die Leute, die durch den Korridor hasteten. Ein paar von ihnen nickten ihr zu. Ein paar sprachen einen Gruß aus. Aber was mochten sie denen? Fragten sie sich bereits insgeheim, wann sie ihrer Schwester nachfolgen würde? Stellten

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