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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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tanzen und wenn er keine Nachrichten über Aberra brachte, weshalb war er dann gekommen? Nicht nur, um sich in der Gesellschaft der Menschen zu erfreuen; sicherlich
    nicht. Jeder wußte, was es mit den Jägern auf sich hatte: sie waren zurückhaltend, einzelgängerisch und verantwortungsbewußt.
    Vielleicht war er einfach gekommen, um seine Felle zu verkaufen. Sorgfältig legte er seine Last auf den Boden. ..Ich weiß nichts über deine Schwester«, sagte er.
    Wieder nahm Reyna den ungewöhnlichen Tonfall seiner Imme wahr. Wirkte er deshalb so fremdartig, förmlich, wachsam und auf Abstand bedacht? War es nur, weil er so häufig allein war? Schien er deshalb so argwöhnisch, als erwarte er eine Abfuhr?
    Ich nehme an, du bist nicht stehengeblieben, um dich mit rauhem der Hirten auf den oberen Weiden zu unterhalten?« s tieß sie vor. »Oder bei den Linsenpflegern?«
    »Ich habe mich mit niemandem unterhalten.«
    Sie nickte, beugte tief den Kopf und ließ ihre Hoffnung fahren, daß Aberra doch noch wiederkehren könnte. Als sie wieder hochsah, blickte der Jäger über das Tal hinüber und studierte die fernen Formationen mit derselben wachsamen Aufmerksamkeit, wie er sie einen Moment zuvor ihrem Gesicht gewidmet hatte. Sie seufzte.
    »Heute abend beginnt die Holzrauchnacht«, sagte sie. Vielleicht war es ihm nicht bekannt.
    Vielleicht interessierte es ihn auch nicht. Er nickte nicht, nahm ihre Worte nicht zur Kenntnis.
    »Du bist die Tochter aus dem Palast dort unten?« fragte er schließlich und wandte sich wieder ihr zu.
    »Natürlich.«
    Er hätte sie nicht zu fragen brauchen. Ihre Schlankheit, ihre Zartheit, ihr kastanienbraunes Haar und die Bernsteinfarbe ihrer Augen verkündeten es. Wer außer einer Palasttochter sah aus wie sie?
    »Und das da unten ist das Terlath-Tal?«
    »Ja.«
    »Deine Barohna ist Khira.«
    »Khira ist meine Mutter.« Weshalb fragte er?
    Er nickte geistesabwesend. »Und die Arnimis haben ihre Quartiere hier. Ihre Schiffe fliegen von hier ab.«
    Reyna versteifte sich. Die Arnimis waren bereits seit der Regierungszeit ihrer Großmutter im Westflügel des Palastes einquartiert. Sie konnten uneingeschränkt kommen und gehen, ohne Einmischung forschen und ohne Zensur berichten. Niemand hatte eine Beschwerde über sie. Aber wenn sie den Thron innehaben würde, wollte sie die Arnimis in ein anderes Tal schicken – oder zurück in ihre eigene, entfernte Welt. Und rasch, denn sie hatte sich nie mit ihnen anfreunden können.
    »Sie fliegen von hier aus«, sagte sie kurz. Was konnte es einen Jäger schon interessieren? Sie erhob sich erneut. »Ich muß jetzt gehen. Wenn du wegen der Feier gekommen bist, kannst du mit mir zurückgehen.« Es war nur recht, ihm das anzubieten. Und sie war gegen ihren Willen neugierig. Sie hatte nie zuvor einen Jäger gesehen. Waren sie alle derart vorsichtig? Waren alle so unumgänglich? Oder waren sie es nur in Gegenwart eines Fremden?
    Wer war kein Fremder für einen Jäger? Sicher beobachtete er sie scharf, als ob ihre Höflichkeit verdächtig sei. Unvermittelt kauerte er nieder und ritzte mit der Spitze seines Speeres eine zufällige Figur auf den harten Boden.
    »Ich gehe nicht vor morgen hinab«, sagte er.
    Sie zuckte mit den Schultern, bemüht, keine Spur von Enttäuschung zu zeigen. »Dann sehen wir dich«, sagte sie vage und wandte sich um, um zu gehen.
    Sie war erst ein paar Schritte fort, als er erneut das Wort ergriff: »Warte!«
    überrascht drehte sie sich um. Das Wort hörte sich mehr wie eine Bitte an als wie eine Aufforderung; und als sie ihn ansah, schien er augenblicklich verwirrt; Reyna konnte nicht erkennen, ob er es deshalb war, weil er hinter ihr hergerufen hatte, oder weil sie reagiert hatte.
    Rasch beugte er sich über seine abgelegte Last und sagte: »Ich fand heute morgen Nachtbeeren. Und gestern habe ich Feenblumen getrocknet. Getrocknetes Fleisch habe ich auch in meinem Packen.«
    Er wünschte, daß sie mit ihm aß? Sie zögerte, von seinem Angebot überrascht – und gleichermaßen von der Erkenntnis überrascht, daß sie darauf einzugehen wünschte. Trotz seiner Umgangsformen war etwas in seinen Augen, das sie ansprach, obwohl sie es nicht zu benennen vermocht hätte. Vielleicht war es nur seine Einsamkeit, die der ihren verwandt war.
    »Ich habe nichts anzubieten«, sagte sie bedauernd.
    Er blickte finster; seine weißen Brauen berührten sich beinahe. »Ich habe nichts verlangt«, sagte er.
    Hatte sie ihn so leicht beleidigen können;

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