Sternenstaub
etwas in Demians Stimme, etwas, das Tony wie ein Schauder den Rücken hinaufkroch. Tony wagte einen leichten Schritt zur Seite, als Demian ihn auch schon wieder hinter sich stieß. Aber was Tony gesehen hatte, ließ ihn frösteln und erstarren.
Aus Demians Augen stieg dunkler Rauch.
Taros Miene veränderte sich schlagartig, wurde eiskalt. Seine Worte waren schneidend. »Glaub nicht, du wärst im Ernstfall schneller als ich.«
Ein Knurren, wie eine Warnung, drang aus Demians Kehle und da hob auch Taro den Lauf seine Waffe leicht an. Diese Drohung ließ den Rauch aus Demians Augen jedoch nur noch dunkler werden. Jok wurde weiß und sein Grinsen verschwand, aber Taro schnalzte mit der Zunge. »Bedenke, dass die Schlacht noch nicht zu Ende ist. Skyto braucht dich noch.«
»Dieser Junge ist alles, wofür ich lebe.«
Da fiel ein Schuss.
Demian zuckte getroffen, aber er ließ weiter diesen schwarzen Nebel um sich herum aufsteigen, der das Licht verschluckte. Ein letztes Unheil verkündendes Knurren. Und es wurde finster.
Tony sah nichts mehr. Er sah nichts mehr und er verstand es nicht.
»Lauf«, keuchte Demian.
Dann hörte Tony einen zweiten Schuss, der dumpf an den Berghängen widerhallte und kurz darauf drang tief aus Demians Brust ein Stöhnen. Da begann Tony zu schreien. Er schrie und schrie und schrie und konnte gar nicht mehr aufhören.
»Lauf! Tony! Lauf! Du musst überleben!«
Erster Teil
Wärst du an meiner Stelle, du würdest anders denken.
Terenz
Andria, 2, 1
1
Drei Monate vorher …
D er Garten war wie ein Meer aus Farben. Rubinrot. Citringelb. Schneeweiß. Smaragdgrün. Rings um den Tulpenweg öffneten sich Knospen, die Blätter an den Rosenstöcken rollten sich grüppchenweise auseinander und schenkten uns Frühling. Nach dem harten Training eben hieß ich ihn erleichtert willkommen. Ich legte den Kopf in den Nacken, breitete die Arme aus und genoss den lauen Wind, der so weich über meine Wangen strich, als wäre er aus Watte. Die frische Luft tat gut. Blinzelnd reckte ich das Gesicht der Sonne entgegen, während sich die beiden Kuppelhälften über mir auseinanderschoben. Flugschiffe zogen am stahlblauen Himmel entlang. Keine Wolken.
»Mia«, erklang es hinter mir.
Ich ließ die Hände sinken. Skyto.
»Genug Pause. Wir machen weiter.« Sein harter außerirdischer Akzent war unverkennbar. Nur er konnte mit seiner dunklen Stimme jede Silbe so geschliffen scharf betonen. Wenn er so sprach, stellten sich mir noch heute die Nackenhaare auf, obwohl wir uns ausgesöhnt hatten. Ausgesöhnt – war das mit Skyto im herkömmlichen Sinne überhaupt möglich?
Nichtsdestotrotz war ich gerade mächtig genervt von seinem schonungslosen Ehrgeiz, mir unbedingt von der Pike auf beibringen zu wollen, wie ich mentale Angriffe vonseiten – wie soll ich es ausdrücken? – seiner Spezies, abwehren konnte. Heute hatte ich einfach nicht den Kopf dafür. In weniger als zwei Stunden würde ich meinen Dad sehen. Ich war schon ganz kribbelig. Seit er meine Mum und mich vor Jahren verlassen hatte und erst letzte Woche vollkommen unerwartet wieder aufgetaucht war, hatte er keine Zeit mehr gefunden, sich mit mir zu treffen. In der Wagenburg, in der er lebte, gab es existenzielle Probleme, derer er sich annehmen musste. Das war seine Entschuldigung gewesen. Worum auch immer es ging, mein Vater schien eine gewisse Verantwortung für die anderen Wagenburgler zu empfinden und war wohl für sie da, wenn sie ihn brauchten. Doch dazu später mehr.
Wenn ich so daran dachte, merkte ich, wie leiser Stolz auf ihn in meiner Brust hochstieg, auch wenn ich mir wünschte, er hätte für mich etwas mehr Zeit. Diesen bedrückenden Gedanken schob ich schnell fort, denn heute war es ja so weit. Heute stand unser großer gemeinsamer Tag bevor. Hoffentlich schraubte ich meine Erwartungen nicht zu hoch. Jetzt, nachdem er endlich wieder da war, hatten wir so viele Jahre miteinander nachzuholen.
»Können wir das Training für heute nicht beenden?«
»Nos IoR!« Das außerirdische Strahlen aus Skytos Augen bohrte sich in mein Gesicht. Mit einer geschmeidigen Bewegung schob er sich eine vorgefallene schwarze Haarsträhne aus der Stirn, wobei der flache eingefasste Stein an seinem Ring rot aufblitzte. Es war der Ring seiner Mutter, die vor seinen Augen von Lokondras Lakaien umgebracht worden war. Schlimmer noch, sie hatten ihn festgehalten und gezwungen, das Massaker an seinem Clan mitanzusehen.
»Mia, du musst
Weitere Kostenlose Bücher