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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Umständen entstehen nicht nur körperlich gebrechliche Gattungen, sondern auch solche, die mit den schwersten Formen geistiger Entartung belastet sind; wenn nun unter ähnlichen Bedingungen auch nur halbwegs vernünftige Wesen keimen, und das kommt zuweilen vor, so ist ihr Schicksal erfüllt von geistigen Qualen. Sobald sie nämlich die erste Bewußtseinsstufe erreicht haben, beginnen sie, in der Umgebung nach den Ursachen ihrer eigenen Entstehung zu forschen, und da sie diese dort nicht finden können, geraten sie auf die Irrwege von Glaubenslehren, geschaffen aus Verwirrung und Verzweiflung. Da ihnen der normale Verlauf der Entwicklungsprozesse im Kosmos fremd ist, halten sie ihre Körperlichkeit, wie mißgestaltet sie auch sein möge, und ihre Denkart für typisch, normal und im ganzen Weltall verbreitet. Dieserhalb und in tiefer Sorge um das Wohl und die Lebenswürde im allgemeinen und der vernünftigen Wesen im besonderen, beschließt die Generalversammlung der OVP, daß derjenige, der gegen den hiermit festgelegten antikonzeptionellen Paragraphen der OVP verstößt, Sanktionen und Strafen gemäß dem Interplanetaren Rechtskodex zu gewärtigen hat.‹«
      Der Eridaner legte die Charta der OVP beiseite und nahm den gewichtigen Band des Kodex zur Hand, den ihm die Helfer zwischen die Taster des Geärms gelegt hatten, schlug das gewaltige Buch an der richtigen Stelle auf und begann klangvoll zu lesen: »Band zwei des Interplanetaren Strafrechts, Absatz achtzig, betitelt ›Über planetarische Unzucht‹:
      ›Paragraph 212: Wer einen natürlich unfruchtbaren Planeten befruchtet, wird mit hundert bis fünfzehnhundert Jahren Verstirnung bestraft, unbeschadet der zivilen Verantwortlichkeit für die moralischen und materiellen Verluste des Geschädigten.
      Paragraph 213: Wer im Sinne des Paragraphen 212 schuldig wird und dabei erheblichen bösen Willen dokumentiert, indem er Manipulationen unzüchtigen Charakters mit Vorbedacht ausführt, deren Ergebnis eine Evolution von besonders entarteten Lebensformen sein soll, die allgemeinen Ekel oder allgemeines Entsetzen hervorrufen, wird mit fünfzehnhundert Jahren Verstirnung bestraft.
      Paragraph 214: Wer einen unfruchtbaren Planeten aus Nachlässigkeit, Zerstreutheit oder auch durch Nichtverwendung geeigneter antikonzeptioneller Mittel befruchtet, wird mit einer Strafe bis zu vierhundert Jahren Verstirnung bestraft; handelt er mit verminder ter Kenntnis der Folgen seiner Tat, kann die Strafe auf hundert Jahre herabgesetzt werden.‹
      Ich erwähne nicht die Strafen«, fügte der Eridaner hinzu, »die für ein Eingreifen in Evolutionsprozesse in statu nascendi angesetzt sind, denn das gehört nicht zu unserem Thema. Ich betone dagegen, daß der Kodex eine materielle Verantwortung der Täter gegenüber den Opfern planetarer Unzucht vorsieht. Die einschlägigen Abschnitte des Zivilkodex möchte ich nicht vorlesen, um die Mitglieder der Versammlung nicht zu langweilen. Ich füge lediglich hinzu, daß in dem Katalog der Körper, die als definitiv unfruchtbar im Sinne sowohl des Hyperdoktors Wragras als auch der Charta der Vereinten Planeten sowie des interplanetaren Strafrechts gelten, auf Seite 2618, achte Zeile von unten, die folgenden Himmelskörper figurieren: Uerdue, Uersde, Erde und Ersdue…«
      Mir sackte der Kiefer herunter, die Beglaubigungsschreiben glit
    ten mir aus der Hand, mir wurde schwarz vor Augen. (»Achtung!« wurde im Saal gerufen. »Hört nur! Wen klagt er da an? Fort mit ihm! Er lebe hoch!«) Was mich betraf, so versuchte ich mich so gut wie möglich unter dem Pult zu verkriechen.
      »Hohe Ratschaft!« donnerte der Vertreter Eridans, wobei er die Bände des Interplanetaren Kodex auf den Fußboden des Amphitheaters schleuderte (offenbar war das ein in der OVP beliebter Rednertrick). »Nie genug über Dinge, die den Vergewaltigern der Charta der Vereinten Planeten zur Schande gereichen! Nie genug der Brandmarkung unverantwortlicher Elemente, die unter nichtswürdigen Bedingungen Leben erwecken!
      Da kommen Wesen zu uns, die weder das Abscheuliche ihrer Existenz noch deren Ursachen kennen. Da klopfen sie an die ehrwürdigen Türen dieser geschätzten Versammlung, und was können wir ihnen antworten, allen diesen Geilern, Unheuern, Gräßlern, Mutteressern, Leichenkosern, Tumben, die ratlos ihre Quasihände zusammenschlagen und sich kaum noch auf ihren Quasibeinen halten können, wenn sie erfahren, daß sie zum Pseudotyp

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