Stille Gefahr #2
hierzulassen, an dem Ort, wo er der Sache ein Ende bereitet hatte. In dem Portemonnaie steckte ein Foto von Jolene und ihrer hübschen Cousine. Uhr und Geldbeutel legte er zwischen Carsons andere Sachen, aber das Bild … das sollte direkt bei dem Kerl gefunden werden.
Es war nicht ganz leicht, Joe das Foto in die Tasche zu schieben, ohne in die Blutlache zu treten, aber er schaffte es. Wenn es wieder herausfallen sollte, würde es so aussehen, als wäre es passiert, während Joe versucht hatte, sich das Bein abzubinden.
Alle würden davon ausgehen, er habe einen letzten Schuss abfeuern wollen. Ja, das Ganze war nicht astrein, sondern ein bisschen schwammig. Aber immerhin hatte er diesen Tatort besser inszeniert als den letzten. Er lernte aus seinen Fehlern.
Er schlich wieder hinaus und verschwand in der Finsternis zwischen den Bäumen. Die Schüsse waren nicht zu überhören gewesen.
Bevor er sich dem Rest des Teams anschloss, benutzte er eines der Feuchttücher, die er in seinem Rucksack hatte, um sich sorgfältig die Hände zu reinigen, und verstaute dann seine Pistole und die Maske. So … niemand würde etwas merken.
Gerade als er zu ein paar Deputies aufschloss, erklang ein Donnergrollen über ihnen. Er lächelte.
Regen.
Er mochte ein anständiges Gewitter.
»Was machen wir hier überhaupt?«
Remy ging nicht auf die Bemerkung ein, aber eigentlich fragte er sich dasselbe. Der Sheriff hatte Suchtrupps in den ganzen Bezirk geschickt, aber warum hierhin?
Zeke Mulroney – Mitglied der freiwilligen Feuerwehr und Sergeant Keith Jennings’ Cousin – fuhr sich seufzend mit einer Hand durchs Haar und schaute Keith erwartungsvoll an. »Kannst du den Sheriff nicht noch mal anfunken? Frag ihn, wonach wir suchen sollen.«
Keith ächzte. »Das wissen wir doch bereits.« In seinen Augen lag ein seltsamer Ausdruck, aber er fügte lediglich hinzu: »Wir suchen weiter, bis wir sie gefunden haben.«
»Ja, aber warum ausgerechnet hier? «, murmelte Zeke. Doch dann seufzte er nur, und die Männer betrachteten die Karte. »Ich nehme das Gebiet hier unter die Lupe. Kommst du mit, Cousin?«
»Alles klar. Sobald wir da sind, können wir uns aufteilen und so ein etwas größeres Gebiet abdecken. Remy?«
»Ich kümmere mich um den Bereich hier«, antwortete dieser angespannt.
Hinter ihm wechselten Reilly und Ezra Blicke. »Wir kommen mit«, fügte Letzterer hinzu.
Die restlichen Männer teilten das verbleibende Gebiet unter sich auf. Bevor sie in Zweier- oder Dreierteams loszogen, vereinbarten sie einen Treffpunkt, an dem sie in einigen Stunden zusammenkommen sollten. In der Zwischenzeit würden sie Funkkontakt halten. Handys waren so weit draußen nutzlos.
Remy versuchte, nicht seinem Ärger und Missmut nachzugeben. Das war reine Zeitverschwendung … eigentlich sollte er gerade in einem Flugzeug nach Clinton in Oklahoma sitzen – damit er den Mistkerl dort empfangen konnte. Carson wollte sie doch nach Hause holen. Also musste Remy dorthin …
Aber wenn er sich irrte?
Keiner der Trupps war weiter als fünfzehn Meter gekommen, als ein Schuss die Stille zerriss. Kurz darauf erklang ein weiterer. Dann noch einer … und noch einer.
Dass im Waldgebiet um Ash herum Schüsse fielen, war nichts Besonderes.
Verdammt noch mal, auch Remy konnte mit einer Waffe umgehen. Ab und zu gelang es seinem Bruder sogar, ihn dazu zu überreden, gemeinsam jagen zu gehen … zumindest war es so gewesen, bevor Hank sich so von seiner Trauer hatte überwältigen lassen.
Noch nie war Remy beim Klang eines Schusses das Blut in den Adern gefroren. Doch in dieser kühlen Nacht, während sich in der Ferne ein Gewitter zusammenbraute und die ohnehin düsteren Wälder in undurchdringliches Dämmerlicht tauchte, war er wehrlos gegen dieses Gefühl. Er rannte los, achtete weder auf Ezra noch auf Reilly oder die Deputies, die versuchten, ihn zurückzuhalten.
Nichts von alldem spielte eine Rolle. Nichts außer Hope, und tief im Innern wusste er … er wusste es einfach … dass diese Schüsse nicht von irgendwelchen Typen auf Hasenjagd kamen oder von ein paar Jugendlichen, die herumjuxten.
Hope.
Sein Magen schien sich in einen einzigen Eisklumpen verwandelt zu haben, und er konnte nicht mehr denken oder gar sprechen.
Lediglich hoffen konnte er noch … und beten.
Bitte, lieber Gott …
Mehr als das bekam er gar nicht mehr hin.
Nur diese eine Bitte.
Er rannte Ewigkeiten so weiter.
Und immer weiter.
Ewig – die Sekunden zogen sich in die
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