Stille Gefahr #2
den Ellbogen in den Magen. Nicht besonders kraftvoll, aber es genügte, um ihm einen ordentlichen Schock zu verpassen – das hatte gesessen.
Verflucht, er war von ihr geschlagen worden. Überrascht lockerte Joe seinen Griff, nur ein klein wenig. Doch er gab ihr damit die Gelegenheit, sich von ihm loszureißen.
Auch Nielson nutzte den Augenblick und feuerte einen Schuss ab.
Joe schoss zurück und wich zur Seite aus. Beide verfehlten ihr Ziel nicht gänzlich. Joe spürte, wie Nielsons Kugel sich in ihn bohrte, versuchte jedoch noch Hope hinterherzuhechten.
Verdammte Schlampe! Sie war schuld an dem ganzen Scheiß. Dieses kleine Miststück …
Hope sah, wie er die Hand nach ihr ausstreckte, bemerkte den Ausdruck in seinen Augen. Sie hatte ihn bereits wütend erlebt, aber noch nie so rasend. Noch nie. Und ihr war sofort klar: Bekäme er sie jetzt zu fassen, würde sie das nicht überleben.
Rückwärts stolperte sie, so weit sie konnte, von ihm weg, wobei sie ihn die ganze Zeit über im Auge behielt und in sein vor Zorn gerötetes Gesicht starrte.
»Blöde Schlampe«, zischte er ihr zu. »Das ist alles deine Schuld. Alles!«
»Hope, kommen Sie zu mir rüber«, forderte Nielson sie auf.
Aus den Augenwinkeln heraus versuchte sie ihn auszumachen, um dann langsam, Schritt für Schritt und ohne Joe aus den Augen zu lassen, zu ihm zu gehen. So konnte sie dann auch nicht die Pistole übersehen, die ihr Exmann plötzlich auf sie richtete.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Er war ein ausgezeichneter Schütze – schon immer gewesen. Ständig hatte er mit den Pokalen geprahlt, die er als Jugendlicher gewonnen hatte. Er würde sie nicht verfehlen. Nicht auf diese Entfernung.
»Komm zu mir, oder ich bringe dich um«, drohte Joe mit ruhiger Stimme.
»Hope, der Kerl da drüben will nicht sterben. Und ich verspreche Ihnen, wenn er abdrückt, lege ich ihn um.« Nielson klang freundlich, fast schon höflich – als würde er übers Wetter reden. »Er mag Ihnen vielleicht gern wehtun, aber sein eigenes Leben ist ihm dann doch wichtiger – das sehe ich ihm an der Nasenspitze an. Geh nicht zu ihm. Komm einfach weiter zu mir.«
»Hope.« Joe funkelte sie äußerst ungehalten an.
Sie schluckte schwer. Und wich weiter zurück. Sie hatte sich selbst etwas versprochen. Und dieses Versprechen würde sie halten. Sie würde sich ihm nie wieder ausliefern. Niemals . Und wenn er sie nun erschoss, dann erschoss er sie eben. Lieber würde sie sterben, als sich wieder unter seine Fuchtel zu begeben.
Remy …
Sie hatte Tränen in den Augen, blinzelte sie jedoch fort.
Was immer nun auch geschehen mochte, sie bereute nichts. Sie hatte glückliche und vor allem friedliche Tage mit Remy verbracht. Es war mehr gewesen, als sie je zu hoffen gewagt hatte … Dass ein Mann sie berühren konnte und sie etwas anderes als Angst dabei verspürte. Dass ein Mann, ein anständiger Mann, sie begehrte.
Joe krümmte den Finger am Abzug – ganz leicht. Sie konnte es sehen.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
»Tun Sie es nicht, Carson«, warnte Nielson. »Sie kommen aus der ganzen Sache immer noch raus. Wir alle gemeinsam schaffen das. Aber wenn Sie jetzt abdrücken, dann …«
Ein ohrenbetäubender Knall ertönte. Hope schrie auf.
Die Sekunden danach schienen sich endlos in die Länge zu ziehen, und sie wartete – auf den Schmerz, der hätte kommen müssen, auf die Dunkelheit.
Und dann, aus den Augenwinkeln heraus, erblickte sie ihn: Nielsons Körper.
Der Sheriff lag zusammengekrümmt auf dem Boden.
Nein …
Joe hechtete auf sie zu, packte sie am Hinterkopf und knallte sie mit der Stirn gegen die Anrichte. »Kleine Nutte«, sagte er keuchend. »Bis dass der Tod uns scheidet, schon vergessen?«
Ihr wurde schwarz vor Augen. Kurz bevor sie in Ohnmacht fiel, hörte sie es krachen. Verzweiflung und Zorn brandeten in ihr auf. Sie wollte kämpfen, wollte schreien.
Nein … so würde es nicht enden …
Sie hatte es sich selbst versprochen …
22
»Bis dass der Tod uns scheidet, weißt du noch?«, brummte Joe und ließ ihren Kopf los. Ihr schlaffer Körper sank zu Boden.
Er stieß sie mit der Fußspitze an und sah zu, wie ihre Augen nach hinten rollten.
Gut. Sie war bewusstlos. Er würde sich rasch um sie kümmern und dann möglichst schnell von hier verschwinden müssen.
Verdammt. Sie hatte den blöden Brief nicht geschrieben …
Ihre Fingerabdrücke auf der Pistole. Das musste erledigt werden …
Da hörte er Schritte.
Er sah auf, und eine
Weitere Kostenlose Bücher