Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
spricht oder schreibt niemand«, antwortete der Arzt, »aber meine Biografie ist schon verkauft.«
»Ich habe den Titel gelesen: ›Leichen pflastern seinen Weg‹. Bis später.« Dann legte Lüder auf.
Er überlegte eine Weile sein weiteres Vorgehen, stand auf und ging die wenigen Schritte bis zum Geschäftszimmer. Dort zeigte er auf die verschlossene Zwischentür.
»Ist er da?«
Edith Beyer nickte.
»Allein?«
»Ja, aber Sie können nicht ohne Weiteres …«
Lüder schenkte der Sekretärin ein Grinsen, pochte heftig gegen die Tür, dass man es noch drei Büros weiter hören konnte, und stürmte in das Allerheiligste. Der Vorgänger des jetzigen Abteilungsleiters, Kriminaldirektor Nathusius, hatte die Tür zu seinem Arbeitsraum fast immer offen gehalten, während Dr. Starke sich einigelte.
»Moin«, grüßte Lüder und nahm unaufgefordert auf einem der Besucherstühle Platz. Zwischen ihm und dem stets braun gebrannten Kriminaldirektor bestand eine abgrundtiefe gegenseitige Abneigung.
Dr. Starke unterließ es, Lüders Gruß zu erwidern. Er lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück, legte die Unterarme auf die Schreibtischkante und musterte Lüder.
»Es gibt einen ungeklärten Todesfall am Nord-Ostsee-Kanal mit merkwürdigen Begleitumständen. Den werde ich mir ansehen.«
Der Kriminaldirektor spitzte die Lippen. »Sie möchten den Fall begutachten«, betonte er. »Gibt es eine formelle Anfrage der zuständigen Dienststelle? Itzehoe oder Kiel?«, zählte er die beiden in Frage kommenden Inspektionen auf.
»Präventiv«, sagte Lüder, ohne Dr. Starkes Fragen damit beantwortet zu haben.
»Dann warten wir, bis mir ein entsprechendes Amtshilfeersuchen vorliegt oder sich die zuständige Staatsanwaltschaft gemeldet hat.«
Mehr gab es nicht zu sagen. Lüder wollte dem Kriminaldirektor weder seine Informationsquelle noch die wenigen Anhaltspunkte, die bisher vorlagen, nennen. Und Dr. Starke unterließ es, danach zu fragen. Er wollte sich nicht die Blöße geben, von Lüder die Verweigerung der Antwort erdulden zu müssen. Es war ein offenes Geheimnis, dass der Abteilungsleiter Lüder gern auf eine andere Dienststelle hätte versetzen lassen. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er sich solcher Mittel bediente. Frauke Dobermann, die aus Flensburg nach Hannover fortgemobbt worden war, war das wohl prominenteste Beispiel.
Lüder stand auf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. In seinem Büro schloss er die Tür, kramte sein privates Handy hervor und wählte eine dort gespeicherte Nummer an. Kurz darauf meldete sich eine Männerstimme mit einem satten, vollen Klang.
»Ja? Moin, Herr Dr. Lüders. Wie geht's?«
»Danke, fast gut.« Bevor Lüder sein Anliegen vortragen konnte, musste er seinem Gesprächspartner auf dessen Nachfrage von seiner Familie und den Kindern berichten.
Lüder schmunzelte in sich hinein und schloss für einen Moment die Augen. Deutlich sah er den kräftigen Mann, der nur wenige Kilometer entfernt an seinem Schreibtisch mit Blick auf die Kieler Förde saß, sich vermutlich mit der Hand durch den dichten Vollbart strich, während ihm eine Strähne des schlohweißen Haares in die Stirn fiel.
Als der Ministerpräsident sein Amt antrat, hielten ihn viele für eine Übergangs- oder gar Notlösung. Er hatte viel Spott ertragen müssen, sich aber politisch in schwierigen Zeiten als der richtige Mann am richtigen Platz erwiesen. Insbesondere seine Art, auf die Menschen zuzugehen, ihnen zu zeigen, dass er einer von ihnen war, hatte ihm viele Sympathien eingebracht. Es störte ihn auch nicht, dass er im Stil eines echten Landesvaters von den Bürgern fast immer mit seinen beiden Vornamen genannt wurde.
Lüder hatte ihn während seiner Zeit beim Personenschutz persönlich kennen- und schätzen gelernt und danach einige Spezialaufträge ausgeführt, an deren Lösung der Regierungschef ein besonderes Interesse hatte.
»Wir haben einen Todesfall, der uns derzeit noch Rätsel aufgibt«, sagte Lüder und erläuterte in wenigen Worten die Fakten, die bisher bekannt waren. »Wenn es sich wirklich um einen amerikanischen Staatsbürger handelt, wäre es sinnvoll, wenn wir vom LKA einen Blick auf den Fall werfen. Ich erinnere an frühere Ereignisse, bei denen die Zusammenarbeit mit den Amerikanern nicht sehr erfreulich war. Wenn wir Sensibilität walten lassen, machen wir bestimmt nichts falsch.«
Ein dröhnendes Lachen drang aus dem Hörer. »Ich frage mich immer wieder, Herr Dr. Lüders,
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