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0055 - Die Nacht der gelben Kutten

0055 - Die Nacht der gelben Kutten

Titel: 0055 - Die Nacht der gelben Kutten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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Sita, deren Blicke am Boden entlang wanderten, sah zuerst seine Füße. Und diese Füße steckten in Sandalen.
    Mit einem kurzen Aufschrei hob das Mädchen den Kopf. Sie sah die blitzenden Zähne des Mannes. Nein, dieser war keiner der Shuris selbst. Die Furien der geheimen Tempel hatten ihre Handlanger, ihre diensteifrigen Gehilfen für ihre räuberischen Umzüge.
    Der Mann trug das gelbe Gewand der Mönche. Wie ihre Brüder gesagt hatten. Aber es war kein Mönch, und Sita wußte es sofort.
    Er streckte die Hand nach ihr aus.
    »Komm, Sita, vom Stamme, der stolzen Rajas«, sagte er befehlerisch.
    »Du kommst vom besiegten Geschlecht deines Vaters. Du wirst jetzt den Shuris dienen. Gib mir deine Hand, ich führe dich.«
    Sita schrie auf. Sie wandte sich um, wollte fliehen. Da trat von hinten ein zweiter Mann auf sie zu.
    Sie waren beide ohne Waffen, aber Sita wußte, welche Kraft in diesen Männern steckte. Es waren die ehemaligen Ringer am Hofe der mächtigen Shuris.
    Mit einem Satz sprang Sita zur Seite, fand einen Durchschlupf im Gebüsch. In der nächsten Sekunde hatte der dichte tropische Regenwald sie verschluckt.
    Sie hörte noch, wie einer der beiden Verfolger einen tierähnlichen Schrei ausstieß. Dann knackte es schon hinter ihr im Unterholz.
    Da lief das Mädchen um sein Leben.
    Sita kannte einen schmalen Weg, der neben den Hauptstufen hinunter ins Tal führte. Sie folgte ihm und hoffte, den Häschern der Shuris zu entkommen. Unten im Tal waren Menschen. Wenn sie die Straße erreichte, war sie gerettet. Aber bis dort hinunter war es ein steiler und scheinbar unendlicher Weg.
    Sie hörte die wilden, erregten Rufe der Verfolger hinter sich. Und sie lief und strengte sich an, ihr Tempo trotz des abschüssigen Weges noch zu erhöhen. Einmal glitt sie auf einer herunterhängenden Liane aus, raffte sich auf, lief weiter. Eine Schar aufgescheuchter Rakhi-Affen flitzte vor ihr her, auf eine Baumgruppe zu. Minutenlang hörte sie das aufgeregte Gekreisch der erschreckten Tiere.
    Wenn nur keine Schlangen in der Nähe sind! dachte das Mädchen.
    Sie war barfuß, wie die meisten Menschen hier zu gehen pflegten, und besonders die Vielzahl der Pilger an den Heiligen Stufen.
    Aber die Stunde der Pilger war noch nicht gekommen. Erschrocken dachte Sita beim Laufen an diese Tatsache. Es ging gerade auf den Abend zu, noch hatte die Dämmerung nicht eingesetzt. Und die Pilgerscharen würden unter ihrem monotonen Gesang erst nach Mitternacht den Weg zum höchsten Punkt der Heiligen Stufen antreten.
    Sita war allein mit dem Urwald und seinen Tieren. Und mit ihren beiden Verfolgern.
    Ihre nackten Füße stießen sich an Wurzeln und Steinen. Sie rutschte auf Farngräsern aus, versank bald in einem lehmigen Tümpel mitten im Weg, mußte sich über Felsbrocken voranarbeiten, und ihre Kräfte ließen mehr und mehr nach. Immer näher hörte sie die Rufe der Verfolger.
    Da schätzte sie die Entfernung bis zur Straße ab. Und im gleichen Augenblick wußte sie, daß ihre Flucht sie nicht bis in die Freiheit bringen würde. Die Häscher der wütenden Shuris waren zu schnell für ihre zarten Füße, die das lange und beschwerliche Laufen nicht gewöhnt waren.
    Nur noch wenige Minuten lang konnte Sita die Distanz halten zu den Knechten. Dann waren sie heran. Der erste warf sich mit einem wütenden Schrei auf sie, riß sie mit sich zu Boden.
    Sita setzte ihre letzte Hoffnung in einen langgezogenen Hilferuf, den sie mit markerschütternder Stimme ausstieß.
    Eine Hand verschloß wie eine stählerne Spange ihren Mund. Sita wurde hochgerissen. Die Hand des Gegners war schwer und fest.
    Fast wäre dem Mädchen die Luft weggeblieben.
    Sie wollte sich zur Wehr setzen.
    Aber der Fremde hielt sie wie in eine Schraubstock umklammert.
    Jetzt kam der zweite heran.
    »Laß sie los, Batak«, kommandierte er.
    »Sie wird wieder schreien«, gab der andere zur Antwort und hielt das Mädchen nach wie vor umklammert.
    Der erste, der scheinbar die Rolle eines Anführers der Shurisklaven spielte, trat dicht an Sita heran.
    »Niemand berührt dich, wenn du still bist«, sagte er. »Wirst du wieder schreien, wenn ich Batak befehle, dich loszulassen?«
    Nur unter großen Anstrengungen konnte Sita den Kopf schütteln.
    Sie mußte dabei die schwer auf ihr liegende Hand des Fremden mitbewegen.
    »Loslassen!« kommandierte der Anführer. Da löste sich die Hand des Mannes, den er Batak genannt hatte, von dem zu Tode erschreckten Mädchen.
    »Batak geht voran«, sagte

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