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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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ins Ressort Essen & Trinken. Vielleicht war er deshalb heute mit Eifer dabei. Er hatte Geschmack an der Sache gefunden, Appetit bekommen. Auf seinen Lippen glänzte Speichel.
    »Sehr gut.« Dr. Frauke Heiner-Döberlin schrieb mit ihrem Edding »Geschnetzeltes« auf eine Wolke aus weißem Pappkarton und zog eine Nadel aus dem Schneiderkissen, das sie sich ums Handgelenk gebunden hatte. Die Diplom-Psychologin war als Creative-Innovative-Thinking-Trainerin, kurz: CITT , überregional gefragt. Das Redaktionscoaching war nicht ihr erster Einsatz, das zeigte der geübte Schwung, mit dem sie die Wolke an die Stellwand pinnte, die hinter ihr aufgebaut war. Über den blassblauen Stoff zog sich bereits eine Reihe bunter Wolken. Die meisten hatte der Blattmacher hinterlassen: »Schnitzel« stand darauf, »Kalbsbraten«, »Tilsiter« und »Presssack«.
    Dr. Frauke Heiner-Döberlin wandte sich wieder dem Sitzkreis zu.
    Für Stiller war es an diesem Montagmorgen die Hauptüberraschung gewesen, dass alle Tische des Konferenzzimmers an die Wand geschoben und die Stühle im Kreis angeordnet worden waren. Am Freitag hatten die Tische noch das übliche Oval in der Mitte des Raumes gebildet und darüber hinaus eine tragende Rolle gespielt. Die Redaktionsmitglieder sollten lernen, neue Perspektiven zu finden, und mussten für alle Redebeiträge auf die Tische steigen. Es handele sich um eine Unterart der Kopfstandmethode, hatte die CITT erläutert. Stiller war ihr dankbar gewesen, dass sie es nicht mit der Hauptvariante versucht hatte. Als Mittvierziger würde er keinen Kopfstand mehr wagen – und wenn sich Dr. Frauke Heiner-Döberlin selbst auf den Kopf stellte.
    Ihm war schon der Wunsch von Chefredakteur Rex Bausback bedenklich weit gegangen, alle Diskussionsteilnehmer sollten vor dem Betreten der Tische die Schuhe ausziehen. Bausback hatte seinen Wunsch jedoch spontan zurückgezogen, nachdem die Wollsocken des bulligen Landchefs feuchte Flecken auf der Tischplatte und eine Duftnote von reifem Tilsiter in der Luft hinterlassen hatten. Mit zusammengekniffenen Nasenflügeln erklärte er, die Frage der Schuhe sei nicht kreativitätsrelevant.
    Sofort hatte Stiller das Wort »kreativitätsrelevant« auf seinem Stenoblock notiert, was ihm das Vorhandensein der Tische noch problemlos ermöglich hatte. Am heutigen Morgen dagegen lag der Stenoblock unter seinem Stuhl, und es würde unangenehm auffallen, wenn er ihn aufhob, um erinnerungsrelevante Bemerkungen seines Chefredakteurs aufzuschreiben.
    Trotz des Stuhlkreises, der ihn an seine Kindergartenzeit erinnerte, fand Stiller das Reizworttraining höchst interessant. Jeder sollte Begriffe in die Runde rufen, die ihm spontan in den Sinn kamen. Stiller rätselte noch über das Ziel dieses Work-outs (ein Wort, das die CITT anstelle der veralteten »Übung« benutzte), er entdeckte jedoch viel Aufschlussreiches in den Wolken, die sich an der Stellwand ballten.
    »Migränetabletten«, rief die Kulturredakteurin.
    »Sehr gut!« Die CITT griff nach dem Stapel roter Wolken, die offensichtlich medizinischen Reizwörtern vorbehalten waren.
    Sie hat chronische Kopfschmerzen, dachte Stiller und ließ seinen Blick zur Stellwand schweifen, auf der schon eine rote Wolke schwebte. »Aspirin« stand darauf. Schlimme chronische Kopfschmerzen. Wahrscheinlich der Grund, warum die Kulturredakteurin an den meisten Tagen zickig wirkte. Stiller nahm sich vor, künftig etwas nachsichtiger mit ihr zu sein.
    Heiner-Döberlin hatte das Wort »Migräne-Tabletten« trennen müssen, damit es auf die Wolke passte. Das inspirierte den Fotografen Peter Kleinschnitz zu einem Beitrag.
    »Dampfschifffahrtsgesellschaftskapitänsmütze«, rief er feixend.
    Bausback schnaufte erbost, doch die CITT beruhigte ihn mit einem sanften »Sehr gut!«, bevor sie auf einer blauen Wolke zu schreiben begann.
    »Bullshit!«, platzte Kerstin Polke heraus. Ein gereizter Ton lag in ihrer ohnedies rauen Stimme. Zwei giftgrüne Wolken hatte die Online-Redakteurin bereits beigesteuert, zwei wenig trostreiche Botschaften: »Kalaschnikow« und »Blutrausch«.
    Das Redaktionscoaching war Bausbacks Idee gewesen. Die Zeitungen steckten weltweit in der Krise, das Aschaffenburger Blatt war keine Ausnahme. Die Verlage verkleinerten die Belegschaften. Nachwuchs gab es nur, wenn eines der Fossile in Ruhestand ging – und selbst dann musste mit der Geschäftsleitung um jede Neubesetzung gerungen werden.
    »Wir brauchen im Arbeitsalltag junge und spritzige

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