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Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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gering.“
    „Waren die Hausbesitzer abwesend?“
fragte Klößchen.
    Pillau bestätigte. Der Einbrecher habe
sich damals eine günstige Zeit ausgesucht. Denn in Bad Fäßliftl fand in jener
Nacht ein Sommerfest statt, zu dem Pauline Mehrfelder und Dr. Holmann
eingeladen waren.
    „Und der Schmuck“, sagte Pillau, „ist
bis heute nicht aufgetaucht.“
    „Aha“, sagte Tim. Er sah hinaus in die
wabernde Dunkelheit, die sich immer dichter zusammenzog, und er war nicht
besonders interessiert an der alten Geschichte. „Gab es denn einen
Verdächtigen?“
    „Klar“, nickte Pillau, „Oswald
Flinkfinger, den Sohn vom Einbrecher-König Poldi. Oswald sitzt noch im
Gefängnis, wird aber, wie ich hörte, morgen entlassen. Daß er den Schmuck habe,
bestreitet er natürlich. Und nachweisen konnte ihm der Wondrascheck damals gar
nichts.“
    „Aha“, meinte Tim wieder. Doch diesmal
klang es keineswegs uninteressiert.
    Zehn Minuten später erreichten sie ihr
Ziel.
    Dr. Sigismund Holmanns Adresse hieß
amtlich: Mittelriß-Einöd Nr. 4. Das Anwesen lag fast am Ende des flachen Tals.
Im Hintergrund ahnte man die sanften Hänge niedriger Berge. Bis zu den
Alpenriesen mit Gletschern auf dem Dach war der Weg noch weit.
    Ein zum Landhaus umgebautes Gehöft
schmiegte sich in eine Mulde, zweigeschossig das Hauptgebäude. Die Fenster im
Erdgeschoß waren erleuchtet. Tim sah geweißelte Mauern und einen mächtigen Dachstuhl
aus dunklem Holz.
    „Der Stall dort“, sagte Pillau, „ist
jetzt Garage. Der Doktor hat zwei Wagen. Einen Mercedes-Benz Typ 300 von 1926.
Und der fährt! Und den berühmten Sportwagen, den offenen Typ 540 K von 1936.
Oldtimer-Sammler haben ihm dafür schon ein Vermögen geboten. Aber er gibt
nichts her.“
    „Vielleicht kriege ich...“, begann
Klößchen, sprach aber nicht weiter. Es wäre vermessen gewesen.
    „Und mit dem dort fährt er, wie?“
fragte Tim und deutete auf einen Kleinwagen, der allenfalls über einen Halblitermotor
verfügte und niedliche Räder hatte.
    „Dieser Schlaglochhüpfer“, erwiderte
Pillau, „gehört Pauline Mehrfelder. Offenbar ist sie hier. So, das macht 260
Schilling, wie abgemacht.“
    Klößchen, der als einziger
österreichische Währung dabei hatte, bezahlte.
    Die andern luden die Taschen aus. Als
das Taxi abfuhr, öffnete sich die Haustür.
    Tim, der am nächsten stand, beschloß,
den Stier bei den Hörnern zu packen. Aber auf der Schwelle stand nicht der
Stier, sondern zweifellos eine weibliche Person, obwohl Tim vor dem hellen
Hintergrund der Diele nur ihren Schattenriß sah.
    Der TKKG-Häuptling grinste breit und
ging auf Pauline Mehrfelder zu.
    Noch bevor er den Gruß über die Lippen
brachte, sagte sie: „Du bist sicherlich Willi. Komm rein. Sigismund läuft über
vor Zorn. Dein Oheim haßt Unpünktlichkeit. Ich bin Pauline.“
    Eine Hand wurde Tim hingestreckt. Er
nahm sie. Dabei griff er auf ziemlich viele Fingerringe, auf edles Metall und
sicherlich seltene Schmucksteine. Immerhin — Paulines Händedruck war angenehm
fest und kühl.
    „Ich bin nicht Willi. Ich bin Tim.
Willis Freund. Wir begleiten ihn zu dritt.“
    „Du liebe Güte!“
    Pauline bog sich zur Seite, um an Tim
vorbeizusehen. Sie entdeckte die andern.
    Die Diele war groß und niedrig.
Holzbalken. Natursteine. Bauernmöbel. Bemalte Türen. Eine Treppe nach oben.
    Pauline musterte die TKKG-Bande und
lächelte. Tim stellte alle vor. Klößchen machte aus Versehen eine tiefe
Verbeugung. Er war völlig durcheinander. Pauline legte Gaby einen Arm um die
Schulter.
    „Vor 60 Jahren, Gaby, war ich so hübsch
wie du. Leider sieht man das nicht mehr.“
    „Doch“, sagte Tim sofort, „man sieht’s.“
    „Reste Ihrer Schönheit, Frau Pauline“,
Klößchen nickte eifrig, „sind noch vorhanden.“
    „Ich bin beruhigt“, sagte sie durch den
linken Mundwinkel, denn im rechten schuckelte eine Zigarette. „Wir werden uns
verstehen. Habt ihr eine Entschuldigung für eure Verspätung?“
    Jetzt platzt mir der Kragen, dachte
Tim. Wo sind wir denn hier?
    „Wir meinen“, sagte er, „bis jetzt gibt
es nicht den geringsten Grund, sich für irgendwas zu entschuldigen. Willi wurde
hergebeten. Aber nicht herkommandiert. Er hat zwar mitgeteilt, daß er
voraussichtlich mit dem Alpen-Express eintrifft. Doch so was ist ja keine
unumstößliche Tatsache. Im übrigen ist Willi auch nicht der Typ, der auf sich
rumtrampeln läßt. Wir, seine Freunde, wollen nur mal die Lage peilen. Dann...
äh... fahren wir vermutlich

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