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Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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geringste Erinnerung. Der Kopf soll mir
abfaulen, wenn ich lüge. Seit ich Arzt bin, habe ich auf jeden Notruf sofort
reagiert — wann immer das war: nachts, Weihnachten, zu meinem Geburtstag oder
bei 40 Grad Kälte. Oft kam ich dann hin — und es war blinder Alarm. Meistens
aber ging’s wirklich um Leben oder Tod. Nein, niemals hätte ich mich so
verhalten, wie dieser Typ behauptet.“
    „Bei Grobky — nennen wir ihn so sagte
Tim, „handelt es sich offensichtlich um jemanden, der vor seiner Knast-Zeit
hier wohnte. Er hatte hier eine Freundin. Er machte hier den Bankraub und wurde
von Marcel Mair-Chateaufort ertappt. Jetzt ist der Kerl auf freiem Fuß und will
mit allen abrechnen, die ihm — wie er meint — übel mitgespielt haben.
Vielleicht sind noch andere betroffen, von denen wir nichts ahnen. Kann ja
sein, daß die Gefängniszeit seine Aggression ins Übermaß gesteigert hat. Rache
ist alles, was ihn bewegt, antreibt, hierher zurückgeführt hat.“
    „Er darf nicht länger frei rumlaufen“,
sagte Karl.
    Sie erreichten Bad Fäßliftl.
    Auf gepflegten Straßen benahm sich das
originelle Fahrzeug recht manierlich.
    Die Einheimischen kannten Holmanns
Oldtimer und gafften nicht mehr. Doch die Kurgäste — und von denen wimmelte der
Ort — hätten sich am liebsten in den Weg gestellt, um den Wagen zum Halten zu
zwingen und zu besichtigen.

    Sigi bog ein paar Mal ab und stoppte
dann vor einem hübschen Haus. Es lag an einem kleinen Park.
    Am Torpfeiler hing das Schild DR.
ANDREAS HOLMANN, prakt. Arzt, Sprechstunden von...
    Tim spähte durch das große
Seitenfenster zur Haustür.
    Dort stand eine junge Frau. Sie blickte
her.
    „Das ist Tanja Reuther“, sagte Holmann.
„Andreas’ Freundin. Nettes Mädchen. Ich hoffe, er weiß sie zu schätzen.“
    „Er trägt sie auf Händen“, sagte
Pauline. „Das weiß ich von Susi Welmhoff, die wiederum Tanjas Freundin ist. So
redet einer mit dem anderen, und man kennt sich — wie das üblich ist unter
Menschen. Der einzige, der sich sperrt und sich brummig im Schneckenhaus
abkapselt, bist du, Sigi.“
    „Ach was! Ich kann’s nur nicht leiden,
wenn man mir dumm kommt.“
    Tim mußte Kraft aufbieten, um die Tür
zu öffnen. Er stieg aus und ging Tanja Reuther entgegen.
    Sie mochte Ende zwanzig sein, hatte ein
hübsches Gesicht und dunkles Kraushaar.
    Jetzt wirkte sie ratlos.
    Tim grüßte, nannte seinen Namen und
fragte, ob Andy — den er bereits kenne — zu Hause sei.
    „Ich verstehe das nicht.“ Tanja
schüttelte den Kopf und sprach auch zu den andern, die jetzt herankamen — ausgenommen
Holmann. Er blieb im Wagen, machte aber lange Ohren.
    „Stell dir das vor, Pauline“, sagte
Tanja: „Ich bin mit Andy verabredet. Wir wollen wegfahren. Schon vor einer
halben Stunde war ich hier. Nichts rührt sich im Haus. Aber Andys Porsche steht
in der Garage. Ich klingele mir den Daumen breit.“
    Pauline machte sie mit Tims Freunden
bekannt, sagte dann: „Du hast doch einen Schlüssel.“
    „Ja, aber die Handtasche, in der er
steckt, habe ich gestern abend bei Andy vergessen. Sie liegt oben im
Balkonzimmer.“
    „Wir sind hergekommen“, sagte Tim, „weil
wir Andy warnen wollen. Ein krimineller Typ treibt sich im Ort rum. Ein
rachedurstiger Psychopath, wie es scheint. Ein gefährlicher Mensch, jedenfalls.
Er weiß offenbar selbst noch nicht, auf wen er ‘s abgesehen hat: ob auf den
älteren oder den jüngeren Holmann. Aber einen von beiden will er umbringen.
Wenn ihr Fräulein Tanja mal aufklärt, ja. Ich socke inzwischen ums Haus.
Vielleicht ist ein Fenster offen. Irgendwie müssen wir rein.“
    Tanja wurde kreideweiß im Gesicht.
    Tim — überzeugt davon, daß er sie sehr
behutsam vorbereitet hatte auf noch schlechtere Nachrichten — trabte ab.
    Auf der Rückseite entdeckte er, daß
neben der Balkontür im ersten Stock ein Fenster angekippt war.
    An einem Weinlaubgitter, das mit festen
Dübeln versehen war, kletterte der TKKG-Häuptling hinauf.
    Vor dem Kippfenster klappte er sein
Taschenmesser auf höchste Länge auf, stocherte durch den Spalt und drückte den
Kipphebel hinunter.
    Das Fenster fiel nach innen. Tim hielt
es fest und stieg ein.
    Drei Minuten später öffnete er die Tür
des Heizungskellers, nachdem er das ganze Haus abgesucht hatte.
    „Du meine Güte, Andy. Wir suchen dich,
und du versteckst dich hier.“ Tim zog ihm das Heftpflaster vom Mund. „Verletzt
bist du offenbar nicht. War das dieser Grobky?“
    Andy spuckte sein Taschentuch

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