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Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Ledersitze. „Ihr würdet
wahrscheinlich lieber in dem hier fahren. Aber wir passen nicht alle rein.
Deshalb nehmen wir den 300er.“
    Dieses Fahrzeug — Baujahr 1926 — stand
neben dem Roadster. Der 300er war hochräderig und kastenförmig. Die Türen
öffneten sich nach vorn. Das Dach war ein wirkliches Dach, nämlich mit breitem
Rand. Auf den Trittbrettern konnten fünf Personen mitfahren — auf jeder Seite.
Das Reserverad befand sich links an der Motorhaube, vor der Fahrertür. Der
Wagen war schwarz. Vermutlich hätte keine andere Farbe zu ihm gepaßt.
    „Wie schnell fährt der“, fragte
Klößchen, „ohne daß er auseinanderfällt?“
    „Du wirst staunen. Unter der Motorhaube
ist er stark modernisiert. Mit Rückenwind und bergab schaffe ich 107 Sachen.
Einsteigen, Herrschaften, es geht los.“

20. Oswald zittert
     
    Grobalsky legte den Hörer auf und
grinste.
    Andy saß gefesselt am Schreibtisch und
hatte mitgehört. „Wie findest du das, Holmann? Dein Onkel ermuntert mich, dich
umzubringen.“
    „Ich habe nichts anderes erwartet. Dem
täten Sie einen Gefallen. Und wie! Ich habe immer gewußt, daß der nicht richtig
tickt. Er ist ein ganz mieser Typ. Nur eins ist er nicht: pflichtvergessen. Ich
will ihn ja nicht in Schutz nehmen. Im Gegenteil. Trotzdem — daß Sigismund
Holmann damals einem Notruf nicht gefolgt ist, halte ich für unmöglich.“
    „Es ist eine Tatsache.“
    „Hoffentlich. Oder könnte sich die
Mutter Ihrer Freundin geirrt haben?“
    „Nein. Niemals.“
    Düster starrte Grobalsky ihn an. Er
schien zu überlegen. Wie konnte er seine Rache verwirklichen? Den Alten
umbringen? Den Neffen? Legten die beiden es darauf an, ihn zu verwirren, oder
waren sie wirklich spinnefeind miteinander?
    „Ich kann’s mir nicht vorstellen“,
murmelte Andy. Eilig setzte er hinzu: „Aber Sie haben sicherlich recht. Was
werden Sie nun machen?“
    „Bist du verheiratet?“
    „Nein, ich lebe allein.“
    Toll! dachte Andy, wie der alte Sigi
das dreht. Als ahnte er, daß dieser Verbrecher mich in seiner Gewalt hat. Als
Mordopfer bin ich jetzt uninteressant. Es würde Sigi nicht schmerzen. So sieht’s
scheinbar aus, und dieser Mörder läßt sich bluffen. Wenn ich das hier lebend
überstehe, ist es an der Zeit, daß ich mich mit dem alten Dickkopf versöhne.
Himmel, worum ging’s eigentlich bei unserem Streit?
    Er mußte nachdenken, damit es ihm
einfiel. Sie hatten sich wegen der monatlichen Pachtsumme auseinandergesetzt.
Allerdings nicht in der sonst üblichen Weise. Ist es doch im allgemeinen so,
daß der Verpächter mehr fordert als der Pächter geben kann oder zu geben bereit
ist.
    Hier lief es umgekehrt.
    Sigi forderte 3000 Schilling (etwa
430 DM), eine lächerlich geringe Summe für eine gut eingeführte
Landarzt-Praxis.
    Andy bestand darauf, seinem Onkel 12 000
Schilling zu zahlen. Darüber gerieten sie sich in die Haare. Seit drei Jahren
nun überwies Andy seinem Onkel monatlich 12 000 aufs Konto. 9000 kamen prompt
zurück, wurden dann hin und her geschickt, daß die Bank-Leute grinsten. Nach der
fünften Hin-und-Her-Überweisung gab Andy sich scheinbar geschlagen und
deponierte das Geld auf einem Sperrkonto, dessen Verfügungsgewalt er auf seinen
Onkel festgelegt hatte. Der wußte davon — durch den Bankdirektor - rührte aber
das Konto nicht an.
    „Ich brauche“, sagte Grobalsky, „Vorsprung
bis Montagfrüh. Bis dahin habe ich meine Rache durchgezogen. Und noch eine
andere Sache. Bis Montagfrüh, Holmann, lege ich dich auf Eis. Ich fessele dich,
ich knebele dich. Du wirst eingesperrt in einen Kellerraum deines eigenen
Hauses. Vor Montagfrüh wird dich niemand vermissen. Oder?“
    Andy hob die Achseln. „Ich glaube
nicht. Meine Freundin ist verreist. Für Notfälle ist das Krankenhaus zuständig.
Und ich wollte zum Golfen nach Grienfrieberg.“
    „Sei froh, daß ich dich leben lasse.“
    „Das freut mich sogar außerordentlich.
Ich hänge an meinem Leben. Ich habe nur das eine. Wenn ich mich... mit dem
Alten gut verstehen würde — dann hätten Sie mich also umgebracht. Um ihn zu
treffen.“
    „Ich habe gelitten wegen meiner
Freundin. Deshalb sollte Holmann leiden wegen des Todes seiner Frau. Weil das
schon gelaufen ist, wäre mir jede Person recht gewesen, um die er wirklich
getrauert hätte. Ja, es ist dein Glück, Quacksalber, daß er dich nicht leiden
kann. Sicherlich gibt es noch irgendwen, dessen Schicksal ihm nahegeht. Aber
mir bleibt nicht genügend Zeit, um große

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