Stirb
schließlich war es nun an ihr, Emma zur Schule zu fahren.
Sie ließ den Motor an und lenkte den Mini aus der Parklücke. Jetzt, da die Anspannung allmählich von ihr wich, spürte sie, wie die Müdigkeit Besitz von ihr ergriff. Noch schnell eine Dusche und dann nichts wie ins Bett, dachte Lara, als sie Augenblicke später plötzlich ein schlappendes Geräusch vernahm.
Der Wagen begann zu holpern und zog zunehmend nach rechts, ganz gleich, in welche Richtung sie lenkte. »So ein Mist!« Lara hielt am Straßenrand und stieg aus. Sie ließ die Fahrertür offen stehen, lief um den Wagen herum und fluchte, als sie den platten Vorderreifen entdeckte. Hilflos blickte sie sich um, doch weit und breit war da niemand, der ihr bei einem Reifenwechsel behilflich sein konnte.
Als sie noch darüber nachdachte, ob sie Torben, Raffael oder den ADAC anrufen sollte, bog ein Taxi um die Ecke.
So was nennt man wohl Glück im Unglück.
Kurzerhand entschied Lara, den Reifenwechsel auf den nächsten Morgen zu vertagen, und winkte das Taxi heran. Sie nahm ihre Handtasche aus dem Mini, schloss ihn ab und stieg vorne ins Taxi ein, da die Rückbank von zwei wuchtigen Kindersitzen in Beschlag genommen wurde. Lara nannte dem Fahrer ihre Adresse und lehnte sich im knirschenden Ledersitz zurück. Einfach nur nach Hause.
Sie unterdrückte ein Gähnen, während sie mit halbgeöffneten Augen Straßenschilder und Ampellichter am Fenster vorbeifliegen sah.
»Fahren Sie doch bitte über die Invalidenstraße, das geht schneller«, bat sie, nachdem ihr aufgefallen war, dass sie einen Umweg fuhren.
Der breitschultrige Fahrer mit Baseballkappe und Kapuzenpulli erwiderte nichts.
»Am besten wenden Sie da vorne«, wies ihn Lara an.
Doch der Mann machte keinerlei Anstalten, umzudrehen.
Er schwieg einfach und fuhr geradeaus weiter.
Lara spürte, wie sich alles in ihr anspannte, doch sie befahl sich, ruhig zu bleiben.
»Haben Sie mich gehört? Sie fahren falsch!«
Möglicherweise verstand der Fahrer kein Deutsch oder er war schlichtweg nicht willens, sich von besserwisserischen Fahrgästen belehren zu lassen.
Doch spätestens als Lara im hereinfallenden Mondlicht bemerkte, dass der Mann mitten im Sommer lederne Handschuhe trug und das Taxameter nicht eingeschaltet war, bekam sie es mit der Angst zu tun.
»Anhalten, ich will auf der Stelle aussteigen!«, brüllte sie den Mann an und löste mit einer raschen Handbewegung ihren Gurt. Jegliche Müdigkeit war verflogen, und mit einem Mal begriff sie, dass auch die Kindersitze auf der Rückbank kein Zufall waren – er hatte gewollt, dass sie auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Direkt neben ihm.
Nichts wie raus hier! Schnell! Panisch rüttelte sie am Türgriff, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. Verdammt, Kindersicherung!
» ANHALTEN hab ich gesagt!«
Er würdigte sie keines Blickes. Kein Wort. Keine Geste. Nichts.
Plötzlich bog er in einen holprigen Pfad ein und steuerte geradewegs das stillgelegte Industriegelände am Nordhafen an. Keine Menschenseele weit und breit. Keine Straßenlaterne. Nur nachtschwarze Dunkelheit.
Laras Herz begann wie wild in ihrer Brust zu hämmern. Hier draußen würde niemand ihre Schreie hören. Niemand würde ihr zu Hilfe kommen. Das Taxi erschien ihr mit einmal Mal unsagbar winzig und erdrückend eng. Sie umklammerte ihre Handtasche, als ihr unwillkürlich die entstellten Frauenleichen durch den Kopf schossen, über die Torben gesprochen hatte. Torben! Der Elektroschocker!
»Was … was wollen Sie von mir?« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, drosselte der Mann das Tempo. Sie sah noch, wie seine Hand in die Türablage glitt, bevor er ihr urplötzlich eine Messerklinge an die Kehle hielt.
»Ein Mucks …«, flüsterte der Mann mit seltsam belegter Stimme, »… und du bist tot.«
Lara rührte sich nicht und wagte kaum noch zu atmen, während ihr die scharfe Klinge in die Haut zu schneiden drohte. Sie fuhren jetzt nur noch Schrittgeschwindigkeit, drangen immer weiter in die unbeleuchtete Industriebrache vor. Dann stoppte der Wagen. Das Scheinwerferlicht erlosch. Tausend Filme liefen gleichzeitig in Laras Kopf ab, während ihre Hand im Schutz der Dunkelheit unmerklich tiefer in ihre Handtasche fuhr. Jetzt!, schrie alles in ihr, und binnen Bruchteilen von Sekunden wich Lara zurück und zog den Elektroschocker aus ihrer Handtasche.
Doch just als sie dem Mann satte einhunderttausend Volt durch den Leib jagen wollte, war seine Klinge auf ihre Schulter
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