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Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Hänel
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Zeitung, Gunnar Berger ist im Moment ihre einzige Chance …
    Lukas wird wach, als er seine Eltern nebenan im Badezimmer hört. Er fühlt sich, als hätte er Grippe, aber es hilft nichts, er muss aufstehen. Frühstücken. Mit seiner Mutter und Karlotta in die Stadt fahren. Sich nichts anmerken lassen. Die Daumen drücken, dass Karlotta ihre zweite Chemo gut verkraftet. Als er letzte Woche in der Schule gefragt hat, ob er freibekommt, um seine kleine Schwester ins Krankenhaus zu begleiten, hat er sich fast noch darauf gefreut, dass er mal einen Tag blaumachen kann. Jetzt würde er lieber in die Schule gehen und seine Zeit da absitzen, ohne über irgendetwas nachdenken zu müssen. Und in der Pause vielleicht heimlich mit Hannah hinter der Turnhalle verschwinden, um sie ein bisschen zu küssen. Vielleicht auch nur, um zu wissen, dass es sie gibt. Dass sie da ist. Dass er nicht alleine ist …
    Sein Vater sitzt am Küchentisch. Lukas’ Mutter ist noch oben bei Karlotta.
    Lukas schiebt eine Scheibe Weißbrot in den Toaster.
    Â»Pass bitte auch auf Sabine auf«, sagt sein Vater. »Vielleicht könnt ihr ja zusammen was essen gehen. Ich denke, dass Karlotta wie beim letzten Mal nach ihrer Behandlung erst mal schlafen wird. Versuch, deine Mutter ein bisschen abzulenken, ja? Wenn was ist, ruft mich an. Ihr wisst ja, wie ihr mich erreichen könnt.« Er sieht auf die Uhr und schiebt seinen Stuhl zurück. »Ich muss los. Die Arbeit ruft.« Er drückt kurz Lukas’ Oberarm und will zur Tür.
    Â»Schon klar«, sagt Lukas, ohne sich umzudrehen. »Gibt es mal wieder irgendein Problem mit irgendwelchen Kostenvoranschlägen, die nicht passen? Oder ist es ausnahmsweise mal was Ernstes?«
    Â»Was? Was meinst du damit?«
    Â»Vergiss es. Beeil dich lieber, damit du nicht zu spät kommst. Wäre doch ärgerlich, wenn die anderen inzwischen irgendwas tricksen und du nicht dabei bist! Nur hinterher eine Unterschrift druntersetzen macht doch auch keinen Spaß, versteh ich schon. Ist echt besser, wenn du von Anfang an ein paar Tipps beisteuern kannst, wie ihr die Sache hinbiegt, ohne dass es zu sehr auffällt. Bei so was ist es immer gut, wenn alle an einem Strang ziehen, hab ich recht?« Jetzt blickt er doch hoch. Sein Vater ist kreidebleich geworden, aber er erwidert nichts, er schluckt nur und streicht sich nervös eine Haarsträhne aus der Stirn.
    Â»Schon klar, Papa«, setzt Lukas nach. Er merkt, wie seine Stimme zittert, aber jetzt ist es zu spät, um so zu tun, als ob alles in Ordnung wäre, und einfach noch irgendwas Belangloses zu sagen. »Ist schon doof, wenn man dann merken muss, dass irgendwelche Rohrleitungen plötzlich schon wieder Risse haben, obwohl sie gerade erst repariert wurden, oder Notstromaggregate nicht anspringen, weil sie gar nicht erst angeschlossen wurden. Oder was weiß ich, was euch da sonst noch Sorgen macht – ein paar undichte Ventile vielleicht? Irgendwelche Schweißnähte, die durchgerostet sind? Oder wieder mal ein Ersatzteil, das falsch eingebaut wurde und deshalb leider nicht funktioniert? Dumm gelaufen, dabei war doch alles so schön billig, nachdem die Firma erst mal wusste, um wie viel sie die Konkurrenz unterbieten musste, um den Auftrag zu kriegen!«
    Â»Woher hast du das, was du da sagst?«
    Â»Bestimmt nicht von dir.«
    Â»Lukas, das ist völlig anders, als du … Ich kann versuchen, dir das zu erklären, aber … nicht jetzt.« Lukas’ Vater dreht den Kopf zur Treppe, von wo man die Stimmen von Karlotta und Lukas’ Mutter hört. »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, das geht im Moment einfach nicht.«
    Â»Es ist nie der richtige Zeitpunkt, das ist das Problem!«, erwidert Lukas. »Aber es spielt auch keine Rolle mehr. Es ist zu spät. Gib dir keine Mühe, du brauchst mir nichts zu erklären.«
    Â»Lukas, bitte, verrenn dich da nicht in irgendwas. Das ist nicht deine Sache, hörst du? Wir reden darüber, sobald es passt …«
    Lukas’ Mutter und Karlotta kommen in die Küche. Lukas’ Mutter schaut irritiert von Lukas zu ihrem Mann. »Ist irgendwas?«
    Â»Ich muss los«, sagt Lukas’ Vater und drückt Karlotta einen Kuss auf die Stirn. »Sei tapfer. Du machst das schon …« Er greift nach seiner Tasche. Im Rausgehen wirft er Lukas noch einen letzten Blick zu, mit den Lippen formt er tonlos ein Wort.

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