Stolz der Kriegerin
Fluch sein sollte, aber mehr seine Verzweiflung ausdrückte. »Sie sagte, sie kann nichts für mich tun. Die Kraft, die mich zu dem gemacht hat, was ich bin, wäre zu stark für sie. Nur eine der großen Heilerinnen des Eirun-Volkes könnte mich so weit wiederherstellen, dass ich wenigstens aufrecht sitzen und sprechen könnte, ohne auf diesen elenden Kristall angewiesen zu sein. Ahne, Ihr habt mir doch versprochen, mir eine solche Heilerin zu schicken!«
Erulim begann leise zu lachen. »Gut Ding will Weile haben, mein Nachkomme. Da du durch mein Blut länger leben wirst als andere Menschen, solltest du nicht ungeduldig sein. Die Verletzungen, die Rhondh dir beigebracht hat, vermag auch eine Eirun nicht zu beseitigen. Du wärst immer noch ein Krüppel und so fern von Thilions Thron wie jetzt. Die Einzige, die dir helfen kann, ist eine Heilerin aus dem Volk der Schlangenmenschen.«
»Aber die sind doch blau! Ich würde dabei sterben!« Selbst im monotonen Klang der künstlichen Stimme schwang das Entsetzen mit, das Fürst Tharalin bei dieser Vorstellung empfand.
»Es gibt auch weiße Schlangenfrauen, so wie es weiße Katzenfrauen gibt. Nur muss ich eine finden und in meine Gewalt bringen. So lange wirst du dich mit deinem Zustand abfinden müssen. Doch sei versichert, es wird rechtzeitig geschehen. Aber nun zurück zu der Prinzessin von Urdil. König Reodhil will sie also persönlich eskortieren.«
»Auch das wird Elanah nichts helfen«, erklärte der Verkrüppelte. »Mein Vetter aus Tenelian hat geschworen, ihren Transport nach Osten zu verhindern, und das wird seinen Kriegern auch gelingen.«
Fürst Neldion glaubte, seinem Ahnherrn damit einen Gefallen zu tun, doch Erulim winkte verärgert ab. »Ich brauche das Mädchen auf der roten Seite des Großen Stromes. Also ruf die Tenelianer zurück.«
»Das wird nicht leicht sein! Vielleicht sind die Prinzessin und die Prinzen schon tot. Die Tenelianer sind gute Bogenschützen, und Ihr habt ihnen das Gift ihrer Pfeile selbst verschafft, ebenso die Mäntel, die sie vor neugierigen Schnüffelnasen verbergen.«
Noch während Fürst Neldion redete, beschäftigten sich die Gedanken seines Ahnherrn mit der aktuellen Situation. »Wer führt diesen Brautzug an? Prinz Elandhor?«
»Nein, irgendeine Vertraute des weißen Evari. Es soll sich angeblich um eine weiße Katzenfrau handeln.«
Erulim riss es förmlich herum. »Eine Katzenfrau? Das wäre fatal für die Tenelianer! Gegen die Nase einer Katzenkriegerin helfen ihnen auch die magischen Mäntel nicht.«
Für einen Augenblick verstummte der grüne Eirun, als müsse er sich sammeln, und blickte seinen Enkel dann drohend an. »Berichte, was du von dieser weißen Katze weißt. War sie letztens jenseits des Großen Stromes?«
»Das weiß ich nicht«, erklärte Neldion. »Mir ist nur bekannt, dass sie vor etlichen Monaten in Gamindhon aufgetaucht ist und Khaton geholfen hat, diesen obskuren Propheten als Scharlatan zu entlarven.«
»Dann ist sie es! Ich muss sie unbedingt in meine Hand bekommen und dorthin zurückbringen, wo sie hingehört!«
Mit diesem Ausruf verblüffte Erulim seinen Enkel. »Ihr kennt sie, Ahne?«
»Kennen? Vielleicht. Doch nun zu dir! Die Anweisungen, die ich dir jetzt erteile, wirst du so schnell und so präzise ausführen, wie ich es von dir verlange! Ich habe mein Schwert an T’wools Kehle gelegt, so dass es bald fallen wird und seine Vasallen und Verbündeten mit ihm.«
»Werdet Ihr dann auch den Fluch von Rhyallun brechen?«, fragte Tharalin voller Hass.
»Es wäre zu viel Aufwand, es so jetzt schon zu tun«, wich Erulim einer direkten Antwort aus. »Vorerst bleibt das Gebiet unter grüner Herrschaft, und du kannst es später deinem eigenen Reich angliedern.«
»Meinem eigenen Reich!« Aus dem Kristall erklang ein bitteres Lachen. »Im Augenblick bin ich zwar der Fürst von Tharalin, kann aber nicht einmal dieses Ländchen regieren, sondern muss hilflos zuschauen, wie Reodhil es zu einer Provinz Thilions macht.«
»Da du einmal König von Thilion sein wirst, kann dir dies doch gleichgültig sein!« Erulim schnaubte kurz und erteilte dann seinem Enkel eine Reihe von Anweisungen. Auch wenn Neldion von Tharalin für alle Welt als Krüppel galt, von dem man nicht einmal wusste, ob er noch bei Verstand war, vermochte er viel zu bewegen. Er hatte genug treue Männer um sich geschart, die bereit waren, jeden seiner Befehle bis zum Meuchelmord auszuführen. Diese Leute wagten sich auch in die
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