Stolz der Kriegerin
Mit dieser Waffe hätte er den Fluch fast mit einem Fingerschnippen auflösen können.
Nun aber würde er auf andere Weise Nägel mit Köpfen machen. Dafür musste er nicht einmal die Gedanken seiner Anhänger in die von ihm gewünschte Richtung lenken, denn das tat gerade der Prinz von T’walun für ihn.
»Mein Vetter Arendhar ist verrückt geworden!«, rief Rakkarr so laut, dass es von den Wänden widerhallte. »Anders ist die Heirat, die er plant, nicht zu begreifen.«
Tobolar, Lankarrad und die meisten t’woolischen Edelleute stimmten ihm lebhaft zu.
Alatna und ihre Wardan aber verzogen angeekelt die Gesichter. Sie waren fanatische Anhänger der blauen Göttin Ilyna, und was sie von der geplanten Heirat des t’woolischen Königs hielten, drückte ihre Anführerin sehr deutlich aus.
»Diese Eheschließung ist Blasphemie! Das sagt Ihr doch auch, hochedler Herr Frong .«
Gayyad, der sich in diesem Kreis Frong nannte, nickte zustimmend. »Natürlich ist sie das, und überdies eine Schande für T’wool und alle Völker der heiligen roten Seite des Stromes! Ich frage mich, was Arendhar damit bezweckt? Will er den an die Grünen verlorenen Süden als Morgengabe seiner Braut dem eigenen Reich angliedern, um seine Macht bis an den Toisserech auszudehnen? Dann müsstet ihr alle vor ihm kriechen und seine Stiefel lecken!«
Nur schön dick auftragen, sagte sich Gayyad. Kaum einer der Männer im Saal herrschte über mehr als ein paar Quadratmeilen Land, und die meisten waren nicht einmal in den Stammtafeln der Heiligen Stadt eingetragen. Sie hatten ihre Städte und Dörfer den einstigen Herren entrissen und versuchten, sich ebenso gegen die gefestigten Reiche im Hinterland wie gegen ihre Konkurrenten an der Küste zu behaupten. Den Königen und Fürsten der Dämmerlande galten sie als zerstrittener Haufen, den man seinen eigenen Zwistigkeiten überlassen konnte. Doch er konnte die Herren der Freistädte und die Flüchtlinge aus dem Süden seinem Willen unterwerfen und besaß nun mehr Macht am Strom als alle Reiche zusammen.
Gayyad musste die Anwesenden nicht einmal über ein vertretbares Maß hinaus beeinflussen. Durch die geplante Heirat mit einer Königstochter aus dem dämonisierten Westen hatte Arendhar von T’wool das Maß dessen, was er sich leisten konnte, weit überzogen.
Daher amüsierte Gayyad sich über die Dummheit des t’woolischen Königs ebenso wie über den schwarzen Evari, dem es nicht gelungen war, Arendhar von diesem verhängnisvollen Schritt abzuhalten. Damit hatten die beiden ihm in die Hände gespielt. Wenn er rasch handelte, würde ihm der gesamte Süden zwischen dem Großen Strom, dem Dreifarbenfluss und dem Ghirga wie eine reife Frucht in die Hände fallen. Doch dafür brauchte er die Unterstützung all der Männer und Frauen hier im Saal. Durch die magische Beeinflussung, die er immer wieder erneuert hatte, zweifelte Gayyad jedoch nicht daran, dass sie in den nächsten Monaten alle nur seine Interessen vertreten und für ihn kämpfen würden.
Ein hochgewachsener Freistädter, der mit seinen Leuten ziemlich weit von den blauen Wardan entfernt Platz genommen hatte, stand auf und schüttelte die Faust. »Seit tausend Jahren hat kein König der roten Seite eine Frau von jenseits des Stromes zum Weib genommen. Als Sklavin mag so eine gehalten werden, aber niemals darf sie Königin werden!«
Als Gayyad zu ihm hinübersah, begriff er, was den Mann umtrieb. Höchstwahrscheinlich war der Freistädter selbst der Sohn einer Sklavin von der anderen Stromseite und hatte von ihr die Götterfarbe geerbt. Nichtsdestotrotz war er schwarz gekleidet und trug einen Giringar geweihten Talisman um den Hals. In seinem Innern aber klumpte sich schmutziges Grün und widerstand allen Versuchen, sich durch die Farbe Giringars vertreiben zu lassen. Mit einem schadenfrohen Lächeln musterte Gayyad den Mann, dessen Seele irgendwann einmal nach Westen zum Seelendom eines Gottes wandern würde, den der Freistädter von Herzen verachtete.
Gerade aber, als er seine magischen Fühler von dem Mann zurückziehen und sich einem anderen zuwenden wollte, flammte das Grün des Freistädters auf und wallte auf ihn zu. Gayyad versuchte noch, sich abzuschirmen, doch es war zu spät. Seine Feindfarbe fraß sich in ihn hinein und reagierte heftig mit seinem Blau.
Nicht jetzt!, schrie er innerlich auf. Ich bin doch so nahe an meinem Ziel und darf die Fäden nicht aus der Hand geben!
Verzweifelt versuchte er, Haltung zu
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