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Strafzeit

Strafzeit

Titel: Strafzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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Gegners musterte. Er erinnerte sich an die Trainerworte von der kontrollierten Aggressivität.
    »Warum wollt ihr denn aufsteigen?«, rief er in Richtung Ravensburger – freilich ohne dass ihn irgendjemand außer Klaus hören konnte. »Da stimmt doch die Infrastruktur nicht. Unser Stadion ist doppelt so groß wie eures – von unserer Tradition mal ganz zu schweigen.«
    Klaus grinste. Hubertus zuliebe hatte er wieder einmal auf einen Platz auf der Pressetribüne verzichtet. Mitten unter den Fans machte das Ganze noch mehr Spaß. Hier, wo man andauernd Leuten ausweichen musste, die sich mit ihren Bier- oder Glühweinvorräten in Styroporbechern an einem vorbeiquetschten, wo einen nach einem Tor wildfremde Menschen umarmten – hier war das Sportereignis noch viel unmittelbarer.
    »So kenne ich dich ja gar nicht«, brüllte Riesle seinem Freund ins Ohr. »Seit wann spielt denn die Größe des Stadions für dich eine Rolle?«
    »Geld regiert halt eben auch die Eishockeywelt«, meinte Hubertus. »Aber es stimmt: Wenn jetzt schon Hamburg nur wegen des Geldes und einer großen Arena in der obersten Liga mitspielen darf, ist das der Anfang vom …«
    Die letzten Worte gingen im Gejohle unter, als die Mannschaften kamen. Ein Konfettiregen ergoss sich über Hubertus und Klaus, Wunderkerzen wurden angezündet. Jeder der Schwenninger Spieler wurde einzeln auf dem Eis begrüßt. Der heisere Stadionsprecher brüllte theatralisch die Vornamen wie: »Kiiirk«, und die Fans konterten mit dem Nachnamen: »Willyyy!«

2. SCHUSS UND TOR
     
    Das Spiel hielt, was es versprochen hatte. Die Schwenninger richteten sich allerdings nur teilweise nach der Vorgabe ihres Trainers und spielten ein ums andere Mal unkontrolliert aggressiv. Die Folge: Sie heimsten etliche Strafzeiten ein, wobei Hubertus beim Überzahlspiel der Gäste der kalte Schweiß ausbrach. Die Spielanlagen der Kontrahenten ähnelten sich – insbesondere im Bemühen, möglichst keinen Gegentreffer zu kassieren. Und so ergaben sich nur wenige Torszenen.
    Null zu null hieß es nach dem ersten Drittel, eins zu eins nach dem zweiten.
    »Ich hoffe, es bleibt dabei. In der Overtime sind wir in letzter Zeit fast unschlagbar«, meinte Klaus, als er mit zwei Bechern Glühwein vor der letzten Drittelpause vom Imbissstand zurückkam.
    »Quatsch«, widersprach Hubertus und nahm sich eines der klebrig-heißen Getränke. »Wir kämpfen die nieder. Ich will einen Sieg innerhalb der regulären Spielzeit. Und wenn der Schiri den Ravensburgern auch mal ein paar Strafzeiten gibt, gelingt das auch.«
    »Huby! Setz die Vereinsbrille ab und deine richtige wieder auf«, mahnte Klaus. Sein Freund winkte verächtlich ab, kramte dann aber doch seine Brille aus der Tasche und wischte sich ein paar Konfettiteile aus den spärlichen braunen Haaren. Die hohe Stirn glänzte unter der gleißenden Stadionbeleuchtung.
    Das Spiel wogte weiter hin und her, große Torchancen gab es allerdings nicht mehr. Fünfzigste Minute, fünfundfünfzigste, achtundfünfzigste Minute, immer noch eins zu eins. Die Zuschauer standen wie ein Mann hinter ihrer Mannschaft. »Auf geht’s, Schwaben, let’s go!«, hallte es durchs Stadion, obwohl natürlich nur eine Handvoll der Spieler echte Eigengewächse waren – und obwohl eigentlich auch die Ravensburger Schwaben waren.
    Auf den bulligen Center der ersten Sturmreihe der Ravensburger schossen sich die einheimischen Zuschauer allmählich ein. Ein Ellbogencheck war bereits nicht geahndet worden, nun benutzte er gar den Stock gegen die schmächtige Schwenninger Nachwuchshoffnung. Hubertus war einem Tobsuchtsanfall nahe.
    »Aaargh!«, brüllte Hummel so laut, dass sich ein paar Leute in seinem Block umdrehten. Seine Stimme wurde langsam so rau wie das Schmirgelpapier des Schulhausmeisters.
    Der Schiedsrichter hatte das Foul gesehen und schickte den gegnerischen Stürmer auf die Strafbank, während der Stadionsprecher den dazu passenden Klassiker »Komm doch mal rüber« von Ingrid Peters aus den Siebzigern über die Lautsprecher dröhnen ließ.
    Eine Minute und zweiundvierzig Sekunden vor Schluss: Überzahl für die Schwenninger, fünf gegen vier Spieler auf dem Eis.
    Hubertus biss vor Aufregung in seinen Schal. Klaus machte auf Pessimist. »Bei unserem Überzahlspiel müssen wir froh sein, wenn wir nicht noch einen kassieren.«
    Tatsächlich tat sich zunächst nichts, und die »Wild Wings« kamen nicht mal richtig ins gegnerische Drittel. Dann jedoch, die klobige Stadionuhr in

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