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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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vielsagend.
    Ein Dienstmädchen erschien und nahm die Anweisung entgegen, Corker, den Kutscher, zu wecken.
    Bolitho sagte: »Wir haben keine Zeit, die Uniformen anzuziehen, Martyn. Laß uns gehen, wie wir sind.«
    Sie hatten irgendwelche Zivilkleider angezogen, die sie in Kisten und Schränken fanden. In einem Haus, das seit Generationen das Heim von Seeoffizieren war, gab es genug überzählige Röcke und Kniehosen.
    In einer Viertelstunde waren sie abmarschbereit, die schläfrige Entspannung war wacher Gespanntheit gewichen. Wenn die Marine ihnen nichts anderes vermittelt hatte, das auf alle Fälle hatten sie gelernt. Die einzige Möglichkeit, auf einem Kriegsschiff am Leben zu bleiben, war stete Wachsamkeit. Draußen hörte man jetzt das Klappern von Pferdehufen, und Bolitho fragte: »Wer ist der Junge, der den Toten gefunden hat, John?«
    Pendrith hob die Schultern. »Der Sohn vom Schmied.« Er tippte mit dem Finger an die Stirn. »Er ist nicht ganz richtig im Kopf.« Zum Abschied küßte Bolitho seine Mutter auf die Wange. Ihre Haut war eiskalt.
    »Geh’ ins Bett, ich bin bald zurück. Morgen schicken wir jemanden zum Richter nach Truro oder zu den Dragonern.«
    Sie waren draußen und zu Pferde, bevor der wirbelnde Schnee ihren Ritt nur noch schwieriger machen konnte.
    Man sah kaum Lichter im Ort, die meisten Bewohner waren längst im Bett.
    Dancer rief: »Wahrscheinlich kennst du die Leute hier fast alle, oder sie kennen dich, wie? Das ist der Unterschied zwischen hier und London!«
    Bolitho steckte das Kinn in den Kragen und trieb sein Pferd durch das Schneegestöber. Daß Pendrith sich noch an den Vorfall mit dem Dory erinnerte… Sein Bruder Hugh und er hatten miteinander gewetteifert. Hugh war damals Midshipman gewesen, während er selbst auf sein erstes Schiff wartete. Ihr Vater war außer sich vor Wut, bei ihm etwas ganz Ungewöhnliches, und zwar nicht so sehr wegen des Unfalls, als vielmehr wegen der Angst, die ihre Mutter ausgestanden hatte. Es stimmte, sie waren beide verprügelt worden, damit sie den Vorfall so schnell nicht vergaßen.
    Bald hörten sie die See, die zischend und donnernd gegen das felsige Vorland brandete. Alles wirkte unter diesem Schneemantel unheimlicher. Seltsame Gestalten ragten in der Dunkelheit auf, während die Bäume ihre weiße Last abwarfen, was Geräusche verursachte wie die Schritte eines hervorstürmenden Wegelagerers.
    Es dauerte eine volle Stunde, bis sie die kleine Bucht gefunden hatten, die kaum mehr war als eine Spalte in dem massiven Fels, mit einem winzigen, abschüssigen Stück Sandstrand. Der Sohn des Schmieds wartete auf sie mit einer Laterne, summte vor sich hin und stampfte in dem eiskalten, nassen Sand frierend von einem Fuß auf den anderen.
    Bolitho stieg ab. »Halte mein Pferd, Martyn.« Das Tier war unruhig, wie Pferde oft in Gegenwart des Todes.
    Der Leichnam lag mit ausgestreckten Armen und offenem Mund auf dem Rücken.
    Bolitho zwang sich, neben dem toten Zöllner niederzuknien.
    »Lag er so, Tim?«
    »Aye, Sir.« Der Junge kicherte. »Ich suchte nach…« Er hob die Schultern. »Irgendwas.«
    Bolitho wußte Bescheid über den Schmied des Ortes. Seine Frau hatte ihn schon seit langem verlassen, und er schickte seinen schwachsinnigen Sohn stets aus der Hütte, wenn er sich mit einer seiner zahlreichen Besucherinnen vergnügte. Es hieß, er hätte den Jungen in einem Wutanfall so geschlagen, daß er schon als Säugling den Verstand verlor.
    Der Bursche fügte noch hinzu: »Seine Taschen sind leer, Sir.
    Nicht eine Münze drin.«
    »Ist das der Mann, Dick?« rief Dancer.
    Bolitho stand auf. »Aye. Seine Kehle ist durchgeschnitten.«
    Die Küste Cornwalls war berüchtigt für ihre Schmuggler, aber die Zollbeamten wurden bei ihren Bemühungen, sie aufzustöbern und gefangenzunehmen, selten angegriffen. In Abwesenheit des Friedensrichters bedeutete dieser Zwischenfall, daß sie sich um Hilfe nach Truro oder sonstwohin wenden mußten.
    Bolitho erinnerte sich an des Jagdaufsehers Worte und sagte zu Dancer: »Nun, mein Freund, wir haben wohl doch nicht völlig dienstfrei.«
    Dancer beruhigte die nervösen Pferde. »Es schien mir auch zu schön, um wahr zu sein.«
    Bolitho befahl dem Jungen: »Geh ins Wirtshaus und bestell dem Wirt, er soll ein paar Leute wecken. Wir brauchen auch einen Karren.« Er wartete, bis der Schwachsinnige seine Worte begriffen hatte. »Kannst du das behalten?«
    Der Junge nickte ruckartig. »Ich denke schon.« Er kratzte sich den

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