Bianca Arztroman Band 0026
1. KAPITEL
Cate war froh, dass sie es endlich geschafft hatte.
Gestern Abend hatte sie Ricks Sachen kurz entschlossen in eine riesige Mülltüte gepackt, die sie jetzt bei der örtlichen Altkleiderstelle abgeben wollte. Acht Monate waren seit ihrer Trennung von Rick De Lisle vergangen. Im Nachhinein fragte sie sich, wie sie überhaupt jemals den Wunsch hatte verspüren können, diesen Mann zu heiraten.
Sie versuchte die unerfreulichen Gedanken abzuschütteln und hievte den prall gefüllten Müllbeutel mit einem entschlossenen Ruck aus ihrem Wagen. Wenige Minuten später, nach beendeter Mission, saß sie wieder in ihrem VW Polo und fuhr in Richtung des Ferndale Medical Centres , wo sie als praktische Ärztin angestellt war.
Die Gemeinschaftspraxis lag in einem der älteren Wohngebiete am Rande von Brisbane. Cate war froh, den Absprung vom hektischen Krankenhausdienst in die übersichtliche Praxisarbeit geschafft zu haben. Sie arbeitete jetzt bereits seit sechs Monaten in Ferndale und war eine von drei Ärzten. Die beiden anderen waren der Begründer der Gemeinschaftspraxis, Peter Maguire, und Jon Goodsir, der seit zwei Jahren dazugehörte.
Zusammen bilden wir ein gut funktionierendes Team, überlegte Cate zufrieden, während sie sich mit ihrem kleinen Wagen durch den morgendlichen Berufsverkehr schlängelte. Zehn Minuten später fuhr sie auf den Parkplatz hinter dem freistehenden Sandsteingebäude, in dem die Praxis untergebracht war.
Sie nahm ihre Arzttasche vom Beifahrersitz, stieg aus dem Wagen und ging mit energischen Schritten zwischen den bunten Blumenrabatten hindurch auf den Hintereingang zu.
In ihrem Behandlungszimmer schlüpfte sie aus der Jacke und blätterte ihre Post durch. Mit einem erleichterten Seufzer zog sie einen Umschlag mit dringend erwarteten Röntgenaufnahmen hervor, öffnete ihn und legte den ersten Film auf den Leuchttisch.
“Oh, Cate, gut, dass Sie da sind!”, rief Chrissie durch den Türspalt. “Sind Sie schon bereit für eine frühe Patientin?”
Verflixt! Cate schaute auf ihre Uhr. Dabei hatte sie sich heute Morgen extra beeilt, um noch ein paar Schreibtischarbeiten vor der offiziellen Sprechstunde erledigen zu können. “Wer ist es denn, Chrissie?”, fragte sie die junge Sprechstundenhilfe.
“Lauren Bentley.”
Cate zog überrascht die Augenbrauen hoch. Lauren Bentley war erst vor fünf Tagen zu der obligatorischen Untersuchung, sechs Wochen nach ihrer Entbindung, in der Praxis gewesen. “Gut, wenn es ein Notfall ist, sollte ich sie mir besser ansehen.”
Chrissie machte ein verlegenes Gesicht. “Ein Notfall ist es nicht direkt. Aber man hat ihr eine Arbeit angeboten, und sie weiß nicht, ob sie zustimmen soll.”
Cate lächelte verständnisvoll. “In dem Fall schicken Sie Lauren gleich zu mir rein. Dazu habe ich in jedem Fall etwas zu sagen.”
“Danke, Cate.” Chrissie zog ihren Kopf zurück, schob ihn aber gleich darauf noch einmal um die Ecke. “Möchten Sie danach eine Tasse Kaffee mit uns trinken?”
“Liebend gern”, sagte Cate. “Wer ist eigentlich in der Praxis und wer ist unterwegs?”
“Jon ist hier, und Peter tummelt sich auf dem Golfplatz”, grinste Chrissie etwas respektlos. “Er will aber um halb zehn wieder in der Praxis sein. Und Dr. Whittaker ist hier.”
Cate zog erstaunt die Augenbrauen hoch. “Ich dachte, er sollte erst nächste Woche kommen? Will er gleich heute anfangen?”
“Davon hat er nichts gesagt”, meinte Chrissie achselzuckend. “Soll ich Lauren jetzt reinschicken?”
“In zwei Minuten.” Cate unterdrückte einen Seufzer, zupfte ihren schwarzen Pullover über den Hüften zurecht und sah ihre mühsam erkämpfte Zeit endgültig dahinschwinden. Wie es aussah, würde es nun ihre Aufgabe sein, Andrew Whittaker mit dem Praxisablauf vertraut zu machen. Peter hätte seinen Neffen wenigstens selbst in Empfang nehmen müssen, wenn dieser ihn für die Zeit seines ausgedehnten Urlaubs vertreten soll, dachte sie leicht gereizt.
Wenig später begrüßte sie Lauren Bentley, die zögernd ihr Sprechzimmer betreten hatte.
“Vielen Dank, dass Sie Zeit für mich haben”, sagte die junge Frau und setzte sich auf den Stuhl neben Cates Schreibtisch. “Es ist nämlich so, dass man mir einen Teilzeitjob angeboten hat”, erklärte sie. “Ich habe heute Morgen bereits mit dem Schuldirektor gesprochen.”
Cate verschränkte die Hände in ihrem Schoß. “Und? Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Spagat zwischen Arbeit und Muttersein
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