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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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suchte bereits nach seinem Überrock. »Ich bin fertig.« Bolithos Mutter hob abwehrend die Hände. »Kaum von See zurück, und schon willst du dir wieder Schiffe ansehen! Genau wie dein Vater!«
    Die Luft war schneidend kalt wie Eis, aber als sie die Stadt durchquert und den Hafen erreicht hatten, glühten sie vor Eifer und Anstrengung. Gutes und reichliches Essen, regelmäßiger Schlaf und viel Bewegung hatten bei beiden Wunder bewirkt. Zusammen standen sie auf dem Anlegesteg und beobachteten das langsam zum Ankerplatz kreuzende Schiff. Es war etwa 75 Fuß 4 lang, bei der stattlichen Breite von über 20 Fuß 5 , und hatte einen einzigen Mast, einen plumpen, runden Bug und ein recht schwerfälliges Aussehen. Bolitho wußte jedoch, daß gut geführte Kutter dank ihrer großen Segelfläche bis zu fünf Strich an den Wind gehen konnten, und das bei jedem Wetter. Dieser hier führte ein gewaltiges Großsegel, ein Rahsegel im Topp und vorne Fock und Klüver. Außerdem konnte er noch mehr setzen, sogar Leesegel, wenn erforderlich.
    Der Kutter drehte jetzt langsam in den Wind, zügig verschwanden die Segel, während die Besatzung ihn klarmachte zum Ankern. Die rote Flagge und ein Wimpel im Topp boten den einzigen Farbkontrast gegen den bleiernen Himmel. Bolitho hatte dasselbe erregende Gefühl, das ihn immer erfüllte, wenn er einen Teil seiner eigenen Welt sah, und mochte dieser auch noch so klein sein.
    Mochte der Kutter auch plump und schwerfällig aussehen, ohne die schimmernden Geschütze und die stolzen Galionsfiguren größerer Kriegsschiffe, so war er doch Repräsentant des Königs. Er sah den Anker ins Wasser klatschen, sah das übliche Getümmel an den Taljen der Davits beim Ausschwenken der Jolle.
    Über das bewegte Wasser hinweg hörten sie das Stimmengewirr und malten sich die Szene an Bord aus. In diesem Schiffskörper von siebzig Fuß Länge drängte sich wahrscheinlich eine Besatzung von sechzig Seelen, obwohl man sich schlecht vorstellen konnte, wie sie es fertigbrachten, auf solch engem Raum zu schlafen, zu essen und zu arbeiten. Diesen Platz mußten sie noch teilen mit Ankertross, Wasser, Proviant, Pulver und Munition. Das ließ jedem nur ein paar Quadratzoll für seine eigene Bequemlichkeit.
    Die Jolle war zu Wasser gelassen worden, und Bolitho sah das Schimmern einer weißen Kniehose unter blauem Rock, als der Kommandant einstieg, um an Land zu fahren.
    Nachdem das Schiff an seinem Tau entsprechend Wind und Strömung eingeschwoit war, konnte Bolitho den Namen auf dem überhängenden Heck lesen: Avenge r – der Rächer. Der ermordete Zöllner hätte das zu schätzen gewußt, dachte er grimmig. Zuschauer hatten sich angesammelt, um den Ankömmling in Augenschein zu nehmen, aber es waren nicht sehr viele. Die Küstenbewohner blieben bei einem Kriegsschiff immer etwas argwöhnisch, auch wenn es nur klein war.
    Bolitho schritt nach vorn, als das Boot an der Treppe festmachte. Ein stämmiger Seemann kam auf ihn zu und grüßte.
    »Mr. Midshipman Bolitho, Sir?«
    Dancer grinste. »Selbst in Zivil wirst du erkannt, Dick!«
    Der Seemann fügte hinzu: »Mein Kommandant wünscht Sie zu sprechen, Sir.«
    Erstaunt gingen sie zur Anlegertreppe, während der Dreispitz und die Schultern des Kommandanten der Avenge r über den nassen Steinstufen erschienen.
    Bolitho starrte ihn verblüfft an. »Hugh!«
    Sein Bruder musterte ihn ungerührt. »Aye, Richard.« Dann nickte er Dancer kurz zu und befahl seinem Bootssteurer: »Fahren Sie zum Schiff zurück und sagen Sie Mr. Gloag, ich werde signalisieren, wenn ich das Boot brauche.«
    Bolitho betrachtete ihn verwirrt und mit gemischten Gefühlen. Hugh diente seiner Meinung nach auf einer Fregatte. Er hatte sich verändert, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Die Linien um seinen Mund waren schärfer geworden, seine Stimme hatte den strengen Ton des Befehlsgewohnten, aber der Rest war unverändert. Das schwarze Haar war wie sein eigenes und wie das auf einigen Porträts im Hause über dem Kragen adrett mit einer Schleife zusammengebunden. Hughs ruhige Augen wirkten angestrengt nach den langen Stunden der Seefahrt; er trug dieselbe überhebliche Selbstsicherheit zur Schau, deretwegen sie sich schon früher oft in die Haare gerat en waren.
    Sie fielen nebeneinander in Schritt, Hugh drängte sich an den Zuschauern vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Unterwegs fragte er: »Geht es Mutter gut?« Die Worte klangen jedoch unbeteiligt, als seien seine Gedanken nicht

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